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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fler
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Lichterfelde nach Steglitz gefahren. Und eines Tages beschloss ich, ins Hoheitsgebiet vorzudringen. Schon
    als ich die Treppe im Doppeldecker nach oben ging, bekam ich Herzrasen. Ich wurde von allen angestarrt. Die Coolen in der letzten Reihe
    wurden mit einem Mal still und konzentrierten sich voll auf mich – den Eindringling. Das war extrem unangenehm. Es war wie ein Spiel im
    Tierreich. Sie ließen mich nicht aus den A ugen, und es gab eine strenge Regel: Der Schwächere schaut irgendwann weg und hat verloren. Das
    checkte ich allerdings erst später – beim ersten Mal guckte ich weg. Ich wagte mich nicht gleich bis in die letzte Reihe, bekam die Sache
    allerdings auch nicht wieder aus dem Kopf. In den darauffolgenden Tagen checkte ich immer genau ab, wer hinten saß. Und wenn die Krassen
    da waren, traute ich mich nur in die vorletzte oder besser noch vorvorletzte Reihe. Ich tastete mich langsam an das Ziel heran. Erst als einmal
    gar niemand da war, wagte ich mich zum ersten Mal nach ganz hinten. Wow, das war ein Ereignis! Es fühlte sich an wie Geburtstag und
    Silvester zusammen. Ich war irgendwie stolz, als ich da saß. Und aufgeregt. In der letzten Reihe waren die Fensterscheiben total zerkratzt.
    A lles war voller Tags. Kein Wunder: Die Sitze hatten eine Kunstlederrückseite, auf deren glatter Oberfläche die Stifte geil gleiten konnten.
    Klinisch rein war hier jedenfalls nix. Begeistert schaute ich mir all die Tags genau an. Ich las die Namen der Typen, die vor mir hier ihre
    Spuren hinterlassen hatten, und wurde von einer gewissen Ehrfurcht gepackt. Die letzte Reihe konnte der Fahrer in seinem Spiegel nicht
    sehen, und das war das große Glück der Zeichner. A ls ich das begriff, wollte ich auch sofort meine Spur hinterlassen. A ber »Patrick« konnte
    ich ja nicht wirklich da auf den Sitz schreiben. Das wäre ziemlich uncool gewesen. Ich brauchte einen richtigen Sprühernamen. Die Zeit
    drängte, und das Erste, was mir in den Sinn kam, war die MTV-Show Dial. A lso knallte ich einfach, ohne weiter darüber nachzudenken, den
    Namen »Dial« auf die Rückseite des Sitzes. Und obwohl ich nur einen beschissenen Filzstift hatte, sah das Ergebnis extrem geil aus! Ich fühlte
    mich wie im Himmel. Bis mich plötzlich ein krasser Typ unsanft aus meiner Ekstase riss: »Steh auf, das ist mein Platz!«, fauchte er mich an.
    A ls Grundschuljunge hatte ich hier nichts verloren. Er hatte ältere Rechte, das war mir in dem Moment klar, als ich in seine böse flackernden
    A ugen blickte. A lso ergriff ich die Flucht. Ohne Widerrede.
    A ber ich wurde immer gelassener, je öfter ich mich in die letzte Reihe traute. Ein paar Wochen später verscheuchte ICH schon Leute von
    MEINEM Platz, auf dem fett »Dial« stand. Wenn es sein musste, gab’s auch mal eine Schelle. Das war hier ganz normales Tagesgeschäft. Nicht
    der Rede wert. Hier waren alle davon besessen, die coolsten Tags an den besten Stellen des Busses zu hinterlassen. Damit man nicht erwischt
    wurde, gab es einen besonderen Trick: Man durfte erst kurz vor dem A ussteigen seine Spur hinterlassen. Und dann, zwei Sekunden bevor der
    Fahrer die Tür schloss, um weiterzufahren, musste man auf den roten Stopp-Knopf drücken, der sie noch einen Moment lang aufhielt, und
    dann im letzten Moment rausjumpen. So konnte einen der Busfahrer ja gar nicht kriegen. Genial! Es war ein richtiger Sport. Und ich wurde
    immer besser darin.
    Wer allerdings ein richtiger Busgangster sein wollte, der brauchte unbedingt auch die entsprechende Waffe: den Bushammer. Der war Kult und
    hing hinten am A usgang, damit man im Notfall die Fenster einschlagen und flüchten konnte. A ber wenn man cool sein wollte, dann benutzte
    man den Hammer, um anderen damit eins überzuziehen. Ich musste ihn haben! A lso griff ich eines Tages zu, damit ich in Stresssituationen
    mit meinen Konkurrenten oder dem Busfahrer auch für alles gewappnet wäre. Der Hammer kam allerdings nie zum Einsatz. Und Stress gab es
    nur, als meine Mutter das Ding irgendwann in meinem Rucksack fand. »Wieso zur Hölle hast du einen Bushammer geklaut?«, fragte sie mich
    völlig verständnislos. Mann, war die sauer. A ber das war mir scheißegal. Ich war einfach nur stolz auf meine geile Jagdtrophäe.
    Edding-Gangsta

    Tags machen süchtig. Deshalb hatte ich jetzt nur noch eines im Kopf: Ich wollte überall meinen Namen hinterlassen. Dafür brauchte ich aber
    einen fetten Edding 800. Mit meinen Opfer-Filzstiften konnte ich nichts

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