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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fler
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aufgerissen hatte. Er war extra damit beauftragt worden,
    mich jeden Morgen zum Unterricht zu fahren – die Heimleitung wollte unbedingt sichergehen, dass ich auch wirklich dort ankam. »Ich hab
    keinen Bock, lass mich in Ruhe«, motzte ich den Zivi an und zog mir die Decke über den Kopf. »Los jetzt!« Er ließ nicht locker und schubste
    mich aus dem Bett: »Du stehst jetzt auf. Ich fahr dich zur Schule.« »Nein, Mann. Verpiss dich. Ich geh da nicht hin.« A ber er packte mich
    einfach, zog mir einen Pullover über und schob mich ins Bad. »Zehn Minuten!« Ich gab mich geschlagen, putzte mir die Zähne und machte
    mich fertig.
    Mit einem klapprigen VW-Bus brachte mich der Zivi schließlich in die Horrorschule. Die Fahrt dauerte eineinhalb Stunden. In der Klasse saßen
    nur fünf Leute, aber was für welche: Ich blickte in die Gesichter von absolut erstklassigen Vollidioten. Das ging gar nicht! »So schlimm kann es
    nun wirklich nicht um mich stehen, dass ich das hier ertragen muss«, murmelte ich in mich hinein, als mich der Lehrer diesen Vollhonks
    vorstellte. Schon nach zwei Unterrichtsstunden flüchtete ich mit der S2 und fuhr durch Berlin. Ich bestaunte die A rbeiten der anderen Sprüher,
    fühlte mich wieder zu Hause und war mir sicher: »Ich geh nie mehr zur Schule.«
    Einige Monate später hatten die Heimleitung und sämtliche Direktoren dann von Patrick Losensky dermaßen die Schnauze voll, dass sie mir
    aus lauter Verzweiflung den Hauptschulabschluss schenkten.
    Maler und Lackierer

    Ganz wollte mich das Heim allerdings doch nicht aufgeben: Sie verlangten, dass ich wenigstens ein Praktikum machte. Im Haus hatten sie eine
    Küche sowie eine Schlosser-, Tischler- und Malerwerkstatt. Ich konnte mir aussuchen, wohin ich gehen wollte, und entschied mich für
    Letztere. So kam ich wenigstens gratis an Streichfarbe! Gelegentlich musste ich meine Wände ja auch vorgrundieren, um später die großen
    Bilder draufsprühen zu können. A ußerdem lagen Malen und Sprühen ja ziemlich nah beieinander. Dass diese Entscheidung eine der
    wichtigsten in meinem Leben sein würde, war mir zu diesem Zeitpunkt natürlich völlig unklar. A ber eines merkte ich sofort: Das Praktikum
    machte mir viel mehr Spaß als die Schule. Die Kollegen waren cool, und mein Chef, Meister A mrouche, war streng – aber gut! Er hämmerte
    seinen A zubis Disziplin ein, hatte dabei aber immer ein offenes Ohr für alle. Ich mochte ihn, und ich hatte Respekt vor ihm, denn wenn er
    schrie, hörte das gleich ganz Berlin, so laut war er. Er war der erste Mensch auf der Welt, bei dem ich die Fresse hielt. Es war wie ein Wunder.
    Gleich am ersten Tag schickte mich der Chef auf eine Baustelle. Wir fuhren in die Bonzengegend nach Wannsee, wo Heimkinder wie ich den
    Reichen die Holzzäune strichen. »Beschaffungsprogramm für billige A rbeitskräfte« könnte man das auch nennen. Ein Lehrling fiel mir vor Ort
    gleich auf. Er saß im Schneidersitz auf der Bordsteinkante, hatte einen Bart und längere, pechschwarze Locken. Er trug A didas-Sneaker, und
    ich nahm sofort an, dass er genauso drauf war wie ich. Ein Hip-Hopper! »Hey, ich bin Patrick«, stellte ich mich vor. Er guckte kurz hoch. »Yo,
    ich bin A nis.« Dann blickte er wieder runter und drückte auf den Tasten seines Minidisc-Players rum, mit dem er gerade Rap auf voller
    Lautstärke hörte. A nis steckte den ersten Stöpsel in sein Ohr und hielt den zweiten fragend in der Hand. »Ich glaube, du sollst mir erklären,
    was ich hier machen soll«, sagte ich. »A ch so«, seufzte er. Er stand langsam auf, gab mir die Hand und zeigte mir, was ich zu tun hatte.
    Von diesem Zeitpunkt an standen wir jeden Morgen gemeinsam auf einer Baustelle. Ich erst mal als Praktikant – er als Lehrling im zweiten
    Jahr. Er war ein guter Junge. Wir verstanden uns von Tag zu Tag besser. Irgendwann erzählte er mir, dass er vom Richter wegen
    Drogendealerei dazu verknackt worden war, diese A usbildung zu machen. »Ich hatte die Wahl: Entweder gehe ich in den Knast, oder ich
    mache das hier.« Die Malerwerkstatt war eine A rt karitative Einrichtung. Jugendliche, die nirgendwo anders eine Chance auf eine A usbildung
    bekamen, wurden hier aufgenommen. A ls mir Meister A mrouche ein paar Wochen später eine Lehre anbot, sagte ich sofort zu. Woanders
    hätte mich sowieso kein Schwein genommen. Ich war jetzt 17, und die A usbildung war – neben meiner Karriere als Sprüher – der erste
    Hoffnungsschimmer in meinem Leben. Ein

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