Im Bus ganz hinten
Züge nachts fuhren und wann die Wachmänner ihre Runde gingen. In meinem Kopf hatte ich den perfekten
Plan. A lles musste optimal vorbereitet sein: Deshalb legte ich mir am A bend vor der entscheidenden Nacht schon meine Klamotten zurecht.
Und meine schwarze Hasskappe – also die Maske, mit der ich während der A ktion unerkannt bleiben
wollte. Dann schlief ich eine Runde. Mein Wecker klingelte aber bereits um zwei Uhr nachts: Rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrring! Mein Herz pumpte wie
verrückt, als ich von dem schrillen Geräusch aufgeweckt wurde. Schnell streifte ich mir die Sachen über, packte die Dosen und lief los.
Draußen war es total finster. Kein Mensch war mehr auf der Straße. A uch die S-Bahn hatte schon Betriebsschluss, was für mich natürlich
perfekt war. So konnte ich mindestens eine halbe Stunde ungestört sprühen. Ich zog die Maske über mein Gesicht, holte mir die Leiter und
stieg dann auf die Gleise. Sofort begann ich mit der blauen Farbe die A ußenränder zu malen. Sprühnebel stieg auf, zu hören war nur das
Zischen der Dosen. Dann packte ich die Chromfarbe aus und malte alles aus. Bis dahin lief die Sache perfekt, aber als ich gerade mit Rosa
anfangen wollte, sah ich im A ugenwinkel drei Gestalten. »Mist, welche Bastarde wagen es, mich zu stören?«, fluchte ich lautlos. Ich
beobachtete, wie die Typen geduckt über die Brücke liefen. A n ihren Silhouetten erkannte ich gleich, dass es auch Sprüher sein mussten. Sie
trugen Kapuzenpullis und dicke Turnschuhe. Wenige Sekunden später standen sie neben mir auf dem Laufsteg am Zug und starrten mich
beeindruckt an. Sie sagten keinen Ton. Ich war so wütend! Das hier war mein Moment, die Idioten sollten bitte sofort wieder abziehen. Von
anderen Sprüherkumpels hatte ich mir bereits die aggressive A rt abgeguckt, und so zog ich aus meiner Hosentasche ein Klappmesser, dessen
Klinge – durch eine Laterne angestrahlt – gefährlich blinkte. »Was erlaubt ihr euch?!«, zischte ich sie an. Doch meine Worte wurden von einem
extrem lauten Geräusch übertönt. Genau in diesem Moment rauschte wie aus dem Nichts ein Güterzug an uns vorbei, exakt einen Meter von
meiner Nasenspitze entfernt. Wir zuckten erschrocken zusammen, bewegten uns aber keinen Millimeter. Ich blickte direkt in die A ugen des
Lokführers. »Scheiße, jetzt hat er mich gesehen«, fluchte ich. »Der ruft jetzt wahrscheinlich die Bullen! Und das alles nur, weil ihr Pisser mich
abgelenkt habt.« Ich war stinksauer, riss meine Maske herunter und warf den Jungs einen Todesblick zu. »Verpisst euch! Sonst gibt’s gleich
richtig Ä rger!« Sie wussten, dass sie nichts mehr auf dem Gelände verloren hatten. Und ich war noch nett! A ndere Sprüher hätten ihnen gleich
das Messer in den Bauch gerammt. Ä ngstlich starrten sie mich noch einen Moment lang an und verschwanden dann in die Nacht.
Was sollte ich jetzt tun? Weitermachen oder lieber abhauen? Die Polizei könnte in wenigen Minuten hier sein, dachte ich. Ich zögerte. A ber
dann entschied ich mich dafür, schnell noch die restlichen Linien mit meiner rosa Farbe zu ziehen. Und wenige Minuten später war es fertig:
mein erstes Whole-Car. Krass! Ich war so stolz, dass ich nicht mehr aufhören konnte zu grinsen. In riesigen Buchstaben stand nun FLER auf
dem Waggon. Schnell zog ich meine Kamera aus der Tasche und fotografierte das Kunstwerk. Mein Kunstwerk. Ich wusste: Schon morgen
früh würde jeder meinen Namen kennen, denn dieser Zug fuhr durch die ganze Stadt. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich hatte es
geschafft: endlich Fame!
Ich schmeiß die Schule – Sprüher 4 Life!
Endlich hatte ich meine Bestimmung gefunden: Ich wollte nichts anderes mehr machen, als zu sprühen! Die Schule war mir jetzt komplett
egal. Ich schwänzte ständig den Unterricht. Viel lieber zog ich mit meinen Kumpels durchs Viertel, um Graffitis zu hinterlassen. Und das
meistens bis tief in die Nacht. Da war für Hausaufgaben und Lernen einfach keine Zeit mehr. Sorry! Die Dosen zum Sprayen bekam ich
inzwischen von meinem reichen Kumpel Zwek. Wir hatten zwar kaum noch Kontakt, aber was das Sprühen betraf, waren wir noch immer auf
einer Wellenlänge. Da half er mir. Zum Glück! Selbst hätte ich mir die Farben niemals leisten können – ich hatte ja keine Kohle.
Zweks Eltern durften aber auf keinen Fall erfahren, was er auf den Straßen Berlins so trieb. Sie dachten, er wäre der bravste Junge der Welt,
und deshalb mussten wir das
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