Im Bus ganz hinten
blickte ich zu Moussa und wich einen Schritt zurück. Er streckte, ohne zu zögern,
seine Hände nach vorn und drückte einen der Typen zur Seite. Den ließ das kalt. Er wehrte sich nicht einmal gegen Moussa. Die Blicke der
A ngreifer waren allesamt nur auf mich gerichtet. »Gleich bist du tot!«, riefen sie immer wieder. Spaiche war offenbar in Schockstarre verfallen.
Er stand wie angewurzelt daneben und machte gar nichts. Und was sollte ich jetzt tun? Ich hatte keine Zeit, lange zu überlegen, und deshalb
rannte ich einfach weg. Zum Sterben fühlte ich mich eindeutig noch zu jung. Ich stürmte auf den Haupteingang zu, riss die Tür auf und lief in
die Nacht hinaus. Moussa folgte mir sofort und drückte dann mit seiner ganzen Kraft die Tür von außen zu. So konnten sie mir nicht
hinterherjagen. Sicher fühlte ich mich trotzdem nicht. Im Gegenteil: Panik machte sich in mir breit. A uf der Suche nach einem Versteck
sprintete ich die Straße entlang und konnte mir dabei nicht sicher sein, ob mir hier draußen nicht noch mehr Leute auflauern würden. Hektisch
guckte ich in jede Ecke und Gasse. A ber da war niemand. Ich war nass geschwitzt. Ich lief. Immer schneller. A ls mein Handy klingelte, ging
ich sofort ran. Es war Moussa. »Die Luft ist rein. Sie sind abgehauen. Du kannst wiederkommen.« Ich atmete tief durch und ging zurück ins
MTV-Gebäude. A ber irgendwie traute ich dem Frieden nicht. War ich hier wirklich sicher? Mein Herzschlag raste weiter. Irgendjemand wollte
Fler sterben sehen. »Bushido«, platzte es aus mir heraus. Plötzlich hatte ich den Verdacht, dass er dieses A ttentat angezettelt haben musste.
Über einen Kumpel besorgte ich mir seine neue Handynummer und rief ihn sofort an. »Wieso hast du das gemacht«?, brüllte ich ins Telefon.
»Wer ist da?«, fragte Bushido. Seine Stimme klang tiefer und ernster als sonst. »Hier ist Fler. Du weißt genau, wovon ich rede. Wieso hetzt du
mir deine Leute auf den Hals?« Bushido gab natürlich nicht zu, dass er hinter der Messerattacke steckte. Er sagte nur: »Wenn ich will, dann
kriege ich dich. Da wird dir auch dein Bodyguard nicht helfen können.« A ls er diesen Satz sagte, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.
Markus A dam, der Chef von MTV, war mittlerweile auch dazugestoßen. Er blickte uns komisch an. Für ihn schien es eindeutig, dass ICH der
Typ war, der sich nicht benehmen konnte und der hier wieder mal für Ä rger sorgte. Der MTV-Boss erkannte den Ernst der Lage nicht, ich
hatte aber nicht mehr die Kraft, ihm die Zusammenhänge genauer zu erklären. In meinem Kopf drehte sich alles. »Komm, ich bring dich hier
weg«, schlug Moussa vor. Ich nickte, und er fuhr mich in meine Wohnung. A ber auch dort fühlte ich mich nicht mehr sicher.
Ich hatte die Schnauze voll von Berlin, und darum packte ich schnell ein paar Sachen und fuhr dann mit meinem Bodyguard in den Ruhrpott –
nach Hamm. Er wohnte dort. Seine Bude schien mir das perfekte Versteck zu sein. Wer immer hinter mir her war, Bushido oder der Kaiser von
China, hier würde er mich jedenfalls nicht suchen. Ich verschanzte mich tagelang in Moussas Wohnung, ohne auch nur einmal das Haus zu
verlassen.
Von dem Überfall wussten natürlich alle. Sämtliche Zeitungen hatten darüber berichtet, es waren sogar Bilder von der MTV-
Überwachungskamera im Umlauf. Die Polizei ermittelte. Ich gab ein paar Telefoninterviews zu dem Thema. Dabei tat ich so, als würde ich das
Ganze auf die leichte Schulter nehmen. Keiner sollte mir anmerken, wie beschissen es mir wirklich ging. Nach einer Woche brachte Moussa
mich zurück nach Berlin. Ich hatte schließlich einige Termine, um mein neues A lbum Fremd im eigenen Land zu promoten. A ls ich zu A ggro
ins Büro kam, dachte ich, ich höre nicht richtig: »Du bist doch selbst schuld an der Messerattacke«, hieß es da. »Du hättest halt nicht so
durchdrehen sollen in der Livesendung!« Wie bitte? Meine eigenen Leute standen in so einer Situation nicht hinter mir? Ich war sprachlos und
tief enttäuscht. Von diesem Tag an stellte A ggro zwei Sicherheitsmänner vor ihrem Büro ab, die ich auch noch bezahlen sollte. Sie hatten
A ngst, der Kaiser von China könnte auch hierherkommen, um nach mir zu suchen und ihren schönen Laden zu demolieren.
Mein Kopf brauchte eine Pause. Ich hatte die Schnauze voll von dem ganzen Business. Von Rap, Ruhm und Reichtum. Ich wollte nur noch
allein sein, legte mich in meinem Wohnzimmer auf die Couch
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