Im Bus ganz hinten
– dass dadurch ihre Glaubwürdigkeit futsch war, interessierte sie einfach nicht.
Mich schon. Ich hatte das Gefühl, dass sich keiner mehr so richtig verantwortlich für meine Karriere fühlte. Ich war verzweifelt. Sido war der
Einzige, der mich in dieser Zeit verstand. Er saß ja schließlich im selben Boot. Wir trafen uns oft in seiner Wohnung, chillten auf seiner Couch
und unterhielten uns. Wenn er mir Tipps gab, nahm ich mir die immer zu Herzen. Schließlich hatte ich echten Respekt vor ihm und feierte
jedes seiner A lben. Er merkte schnell, dass mich die A ggro-Situation sehr belastete. »Glaubst du, die Chefs lassen uns hängen?«, fragte ich
ihn. Er schaute mich durch seine kleine, rahmenlose Brille an und antwortete. »Tja, Fler, du musst selber gucken, wo du bleibst. Du solltest
lieber anfangen, deinen A rsch zu retten. Kümmer dich um dich selbst, wenn es die anderen nicht tun.« Sido wurde ernst und ergänzte: »Ich
glaube, A ggro Berlin gibt’s nicht mehr lange.« Ich war ziemlich geschockt. Ein Ende dieses Labels hatte ich mir nie vorstellen können. A ber
jetzt, wo Sido die Sache aussprach, sah ich mich tatsächlich bald auf der Straße stehen. Ich hatte Schiss, dass mein cooles, neues Rap-Leben
mit einem Schlag vorbei sein könnte und ich dann wieder A rbeitslosengeld beantragen musste. »Das dürfen die Idioten uns echt nicht antun«,
sagte ich und blickte auf das fette »A ggro Berlin«-Tattoo auf meinem A rm. Ich war derjenige, der die Fahne des Labels immer mit großem
Stolz hochgehalten hatte. Für diese Plattenfirma hatte ich sogar meinen besten Freund Bushido aufgegeben. Und jetzt sollte alles den Bach
runtergehen?
8. Absturz
Messerattacke bei MTV
Die Sendung »Total Request Live«, kurz »TRL«, hatte meinen Clip »Deutscha Bad Boy« ins Programm aufgenommen, und die Zuschauer
gingen anscheinend so sehr drauf ab, dass er sofort auf Platz 1 der Voting-Charts landete. Deshalb bekam ich Post von MTV: eine Einladung
als Stargast in die Sendung. Endlich mal wieder eine gute Nachricht! Schon wenige Tage später war ich in den Fernsehstudios in der Stralauer
A llee. Live auf Sendung. Der Moderator Patrice versuchte eine coole Show zu machen, hatte aber die Vorgabe der Redaktion, ein wenig
anzuecken. Deshalb spielte er in meiner A nwesenheit ein Bushido-Video. »A lles Gute kommt von unten« hieß der Song. Darin rappte auch
Bushidos Homie Kay One – und beleidigte mich mit der Zeile »Ich zeig den A ggro-Missgeburten, wie man reimt«. Perfekter Zündstoff. Kaum
war der Einspieler zu Ende, drehte ich durch. Ich beleidigte Bushido und riss wütend sein Tourplakat, das eigentlich als Studio-Deko diente,
von der Wand. Dann guckte ich mit einem breiten Grinsen in die laufende Kamera. Der wahre Grund, warum ich so sauer reagierte, waren
eigentlich weder Bushido noch Kay. Es war eher mein eigener Frust – auf A ggro Berlin, auf meinen stagnierenden Erfolg und irgendwie auch
auf mich selbst. Nichts lief gerade so, wie ich mir das vorstellte, weshalb mich seit einigen Tagen schon jede Kleinigkeit auf die Palme brachte.
Und wenn dann noch Bushido ins Spiel kam, war es bei mir sowieso schnell vorbei.
Für die Sendung war mein A usraster natürlich gut. Ich muss extrem unterhaltsam gewesen sein an diesem Tag. Die Quote war super! Nach
der »TRL«-A ufzeichnung, musste ich noch in ein weiteres Studio, um ein Interview für Markus Kavkas »MTV News« zu geben. A ls ich auch
damit fertig war, ging ich ins Foyer, wo sich gerade mein Chef Spaiche mit den Fernsehleuten unterhielt. Mein Bodyguard Moussa stand die
ganze Zeit neben mir. Draußen war es längst dunkel geworden, und inzwischen hatte ich mich auch wieder etwas beruhigt. Ich stellte mich
gedanklich schon auf einen gemütlichen DVD-A bend bei mir zu Hause ein. Ein paar »King of Queens«-DVD-Boxen warteten nur darauf, von
mir geguckt zu werden. A lso verabschiedete ich mich vom Redakteur der Show, und während wir uns die Hand gaben, sah ich im
A ugenwinkel, wie ein anderer MTV-Mitarbeiter das Gebäude durch den Hinterausgang verlassen wollte. In dem Moment, als er die Tür nach
draußen öffnete, rammten ihn drei schwarz maskierte Männer. Sie schubsten ihn zur Seite und stürmten ins Foyer. Mein Puls schoss sofort
hoch – die Typen hielten Messer in ihren Händen und rannten direkt auf mich zu. »ICH BRING DICH UM!!!!!!«, schrie einer von ihnen, als sie
nur noch circa drei Meter von mir entfernt waren. Panisch
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