Im Bus ganz hinten
wenig
verschätzt hatte, entwickelte sich eine ziemlich coole Freundschaft. Wir unterhielten uns oft über den Erfolg und über das
Durchhaltevermögen, das man braucht, um nach oben zu kommen. Uns verband der Wunsch, etwas Großes im Leben zu erreichen. Und ich
konnte viel von Benjamin lernen: Er war mit A bstand der disziplinierteste Kerl, den ich je kennengelernt hatte – wohingegen ich in der
Vergangenheit ja oftmals eher impulsiv gehandelt hatte. Im Umgang mit anderen Menschen war Benjamin um einiges talentierter als ich.
A ußerdem wurde mir durch ihn klar, dass man, um erfolgreich zu sein, ein gewisses A ussehen haben muss. A lso steigerte ich mich voll in
den Sport hinein und ging von nun an viermal die Woche zum Training. Benjamin konnte einfach sehr gut motivieren. Selbst faule Hunde wie
mich! Ich begann plötzlich sogar auf meine Ernährung zu achten. A lkohol und Fast Food standen jetzt auf meiner Shit-Liste, und so schaffte
ich es tatsächlich, in neun Monaten 15 Kilo abzunehmen. Ganz ehrlich: Ich sah plötzlich – zumindest annähernd – gut aus.
Gewichtstechnisch lief es also super – karrieretechnisch war ich dagegen ziemlich unzufrieden. Nach meinem zweiten A lbum Trendsetter war
ich enttäuscht von den Leuten bei A ggro. Ich hatte das Gefühl, sie immer zum A rbeiten zwingen zu müssen. Das nervte total. A ußerdem
wurde der Streit mit Bushido immer krasser. Der Track »FLERräter« mit Eko hatte einen regelrechten Diss-Hagel ausgelöst. Das war kein Beef
mehr zwischen Freunden, sondern ein Krieg, der über die Öffentlichkeit ausgetragen wurde.
Persönlich hatte ich ihn schon seit Jahren nicht mehr gesehen, aber die öffentliche Person Bushido hasste ich mittlerweile richtig. Es war
frustrierend, dass er ein paar starke Freunde hinter sich hatte. Das erlaubte ihm, in der Öffentlichkeit zu sagen, was er wollte. Während ich
immer allein dastand. Der Einzige, dem ich mich zu der Zeit wirklich anvertrauen konnte, war Benjamin. Er stand mir auch als Berater zur
Seite, als ich anfing, mein drittes A lbum Fremd im eigenen Land aufzunehmen. Dank seiner Hilfe konnte ich auf dem Cover der ersten Single
»Deutscha Bad Boy« sogar oberkörperfrei posieren. Jetzt war ich nicht mehr die »fette Kartoffel«, wie Eko mich damals genannt hatte.
Der Anfang vom Ende
Langsam begann die Fassade von A ggro Berlin zu bröckeln. Jahrelang hatte ich geglaubt, dass A ggro das Hip-Hop-Label Nummer eins in
Deutschland war und obendrein eine Familie, in der wir alle zusammenhielten. A ber mit den Jahren – und meinem Eindruck nach auch mit
der Kohle, die die Bosse an uns verdienten – änderte sich alles. A nscheinend chillten die Chefs jetzt lieber, anstatt noch weiter für ihre Träume
zu kämpfen. Wieso auch? Sie hatten ja alles erreicht, was sie wollten. Und dass ganz Deutschland ihnen den A rsch küsste und die gesamte
Branche sich bei den A ggro-Chefs einschleimte, war auch nicht gerade gut für den Charakter. Die coolen, loyalen Mitarbeiter wurden einfach
rausgeekelt. So zum Beispiel Kaete, die Frau, die immer dafür gesorgt hatte, dass wir fett in den Medien vertreten waren. Erst waren die
A ggro-Bosse dick mit ihr befreundet gewesen, dann ließen sie sie einfach fallen. Sie kackten einfach auf alles und jeden.
Mit dieser Einstellung ging es natürlich ziemlich schnell bergab. Die drei Chefs waren nicht mehr in der Lage, mit der A ußenwelt zu
kommunizieren – genauso wenig wie mit uns Künstlern. Halil war ständig in der Türkei, um irgendwelche Sachen zu regeln, die nichts mit
A ggro Berlin zu tun hatten. Specter war sowieso nie zu erreichen, und Spaiche ließ den Oberboss raushängen, ohne dabei noch erkennbar zu
arbeiten. So verscherzten es sich die Eierköpfe langsam, aber sicher mit allen. Und wir Künstler hatten darunter zu leiden: Die BRA VO schrieb
nichts mehr über uns. MTV hatte keinen Bock mehr auf unsere Videos.
Das Schlimmste von allem war, dass die Bosse sich allmählich auf die großen Plattenfirmen einließen – obwohl der Erfolg von A ggro Berlin
doch eigentlich darauf gründete, dass wir ein Indie-Label waren. Es ging einfach nur noch um die Kohle. Die A ggro-Leute unterzeichneten
dann bei Universal, wonach die A ufgabe des Labels nur noch darin bestehen sollte, brav Künstler und A lben zu liefern. Um den Rest
kümmerte sich das Major-Label. A lles wurde immer unpersönlicher. Die A ggro-Bosse kassierten einen Haufen Geld und fühlten sich immer
geiler
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