Im Bus ganz hinten
wütend.
»Quatsch! Du lässt sie in Ruhe. Hau ab!«, versuchte er mich abzuwimmeln. »Sie wird sterben. Wenn du deine Hurentochter nicht erziehen
kannst, dann bist du selbst schuld.« Ihr Vater machte große A ugen und bekam es mit der A ngst zu tun. »Ich rufe die Polizei«, sagte er und
griff nach seinem Handy. Er begann, die Nummer der Bullen zu wählen.
In diesem Moment kam ich wieder zu mir. Gefängnis war jetzt wirklich das Letzte, was ich gebrauchen konnte. Und den Vater totschlagen
wollte ich natürlich auch nicht. Ich musste jetzt klarkommen und ruhig werden. »Wissen Sie was?«, sagte ich zum Vater, während ich ihm das
Telefon aus der Hand schlug. »Was kümmert mich Ihre Scheißtochter? Sie wird ihre gerechte Strafe schon vom Schicksal bekommen.« Und
damit sprang ich in meinen Wagen und fuhr auf Nimmerwiedersehen vom Hof.
Marleen habe ich von da an nur noch hin und wieder übers Radio gehört. Wenn sie neben ihrer Kollegin Jenny sitzt und mit ihrer gekünstelten
Stimme eine Sendung moderiert, muss ich immer ein bisschen lachen. Ich hab sie beide gefickt, diese Schlampen.
Ich bin raus, Bitches!
Nachdem Südberlin Maskulin nicht so ganz nach meinen Vorstellungen gelaufen war, stürzte ich mich sogleich in die A rbeiten für mein
nächstes A lbum FLER, um den Frust zu vergessen. Die neue Platte sollte bei dem Major-Label Universal erscheinen, mit dem sich A ggro ja
zusammengeschlossen hatte. Während der Studioaufnahmen hatte ich viel mit Neffi Temur zu tun. Bei Universal war er der Chef der Hip-Hop-
A bteilung und verantwortlich für den Deal mit A ggro. Mit ihm lief alles ganz entspannt ab, weil ich das meiste selbst entscheiden konnte. Er
war auch der Einzige, der ehrlich zu mir war und mir weiterhelfen wollte. Ganz ohne Gegenleistung. Er verschaffte mir viele Kontakte und
beriet mich. Sogar als ich ihm sagte: »Ey, Neffi, ich brauch ein geiles A uto. Ich bin Rapper«, half er mir gern weiter. Den Führerschein hatte
ich endlich gemacht, allerdings fehlte mir das richtige Fortbewegungsmittel. Für Neffi war das kein Problem, er besorgte mir ein richtig fettes
A ngeberteil: einen Mercedes S-Klasse. Es war ein Mietwagen, den ich eigentlich nur zwei Wochen lang fahren durfte, aber ich hatte mich ruck,
zuck in die Karre verknallt, sodass ich sie einfach nicht zurückgab. A uch nach vier Wochen nicht. Universal hatte deshalb einen Haufen
Schulden bei Sixt. Irgendwann rief Neffi mich an: »Ey, bist du eigentlich wahnsinnig, bring sofort den Wagen zurück.« Er war ziemlich stinkig,
aber ich ließ mich nicht stressen. Ich dachte an die Power-Regeln von Robert Greene und blieb selbstbewusst. Neffi war sowieso auf meiner
Seite – der Zorn auf A ggro verband uns. Mittlerweile hatte nämlich auch er gecheckt, dass Halil, Specter und Spaiche total unprofessionell
arbeiteten. Bis bei denen Entscheidungen getroffen wurden, verging immer viel zu viel Zeit. Ich hatte das Gefühl, dass die A ggro-Bosse nur
noch chillten und sich auf ihren Lorbeeren ausruhten. Spaiche war total unmotiviert, Specter machte schon lange keine guten Videos mehr,
und Halil war ohnehin nie da.
Ich musste also weg von dem Label, so viel stand fest. Da ich aber ganz genau wusste, dass es keinen Sinn hatte, mit den Chefs über eine
vorzeitige Vertragsentlassung zu reden, beschloss ich, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen und einfach öffentlich Schluss zu machen. In
einem Interview mit dem Hip-Hop-Magazin Mixery Raw Deluxe ließ ich die Bombe platzen: »Ich bin raus bei A ggro Berlin!« Ich erklärte den
Leuten, dass ich schon länger meine Probleme mit dem Label gehabt hatte und dass ich mein neues A lbum FLER nannte, um zu zeigen, dass
es jetzt endlich nur noch um mich ging. Der Online-Clip, den wir im Konferenzraum bei Universal Music in der Stralauer A llee aufgenommen
hatten, wurde von sehr vielen Leuten angeklickt. Die Szene schien tatsächlich geschockt. Keiner hatte ja gewusst, was hinter den Kulissen des
Labels wirklich abging. Meine Fans konnten den Schritt erstaunlicherweise ziemlich gut nachvollziehen – worüber ich froh war. A ber ich hätte
auch sonst keine andere Wahl gehabt.
Meine Bosse waren natürlich stocksauer. Sie riefen pausenlos bei mir an und wollten die Sache in einem Meeting klären. Darauf hatte ich aber
keinen Bock. Wäre ich zu ihnen ins Büro gefahren, hätten sie mich wieder vollgequatscht und behandelt wie einen kleinen Jungen – und davon
hatte ich endgültig genug. Ich
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