Im Bus ganz hinten
sich loyaler
verhalten als ein Freund, weil er sich ja nicht mehr beweisen muss.
Das fand ich krass. Sagte mir das Buch etwa, dass ich mich wieder mit Bushido versöhnen sollte? Das schien mir im Moment etwas zu viel
verlangt. Trotzdem öffneten mir diese Power-Regeln die A ugen. Die Lektüre härtete mich irgendwie ab. Mit jedem Kapitel wurde ich weniger
naiv. Ich verstand jetzt, wieso manche Leute so extrem handelten. A b sofort wollte ich mich nicht mehr manipulieren lassen. Ich legte mich
aufs Bett und starrte an die Decke. Ich musste endlich ein cooler Businesstyp werden, um wieder an ordentlich Kohle zu kommen. A lso
überlegte ich: Was kann ich schaffen, das die Leute unbedingt täglich brauchen und das sie nicht einfach gratis aus dem Netz herunterladen
können – so wie meine Musik? Ich hatte keinen blassen Schimmer, also setzte ich mich wieder auf und blickte mich im Zimmer um. A uf dem
Nachttisch lag die Bibel. Ich schlug sie auf und blätterte zu meiner Lieblingsstelle: dem Psalm 23 – »der Herr ist mein Hirte«. Und plötzlich
bekam ich eine A rt Eingebung von oben: Klar! Ich mache ein eigene Klamottenmarke, und ich nenne sie Psalm 23. Das war die Idee!
Schließlich hatte ich seit Monaten beobachtet, wie mein Kumpel Chris die Marke Ed Hardy in Deutschland vertrieb und damit haufenweise
Kohle machte. Das wollte ich auch schaffen. Fler geht jetzt unter die Modedesigner, sah ich schon die Schlagzeile vor meinem inneren A uge.
Ich fand die Idee bombe und hatte endlich wieder Hoffnung!
Gold-Digger! Marleen – ich bring dich um!
Ich musste weg von diesem Bauernhof, bevor ich den Lagerkoller kriegte. Das war wenige Tage später mein einziger Gedanke, und deshalb
warf ich all meine Sachen in eine Reisetasche und verabschiedete mich von der Dorfidylle. Ich fuhr zurück in meine Wohnung nach
Prenzlberg. Mit Marleen blieb ich weiterhin in Kontakt, wir hatten uns nach dem Streit ausgesprochen und wieder versöhnt. Und unsere
Beziehung lief zumindest lauwarm weiter. Wir telefonierten viel, und sie kam auch öfter nach Berlin. Wenig später dann bekam sie einen
Praktikumsplatz bei einem Berliner Radiosender, und das war genau ihr Ding. In diese Glamourwelt hatte sie schon lange eintauchen wollen:
»Mittendrin statt nur dabei« war jetzt ihre Devise. Ich freute mich für sie. Wenigstens kam sie mal raus aus ihrer Dorfseifenblase. Sie machte
auf mich einen ziemlich entspannten und selbstständigen Eindruck, und deshalb begann ich allmählich wieder, ihr zu vertrauen. A ls sie mir
irgendwann am Telefon verkündete, dass sie spontan mit ihren Eltern in den Urlaub nach Ibiza fliegen würde, dachte ich mir nichts dabei. Ich
wünschte ihr viel Spaß und konzentrierte mich statt aufs Ficken noch ein bisschen mehr auf mein Business. Das war jetzt ohnehin wichtiger!
A ls sie wieder zurück war, zeigte sie mir Fotos vom spanischen Strand und erzählte, wie langweilig es mit ihren Eltern gewesen war und wie
sehr sie mich vermisst hatte.
Doch der Frieden hielt nicht lange. Ich bekam einen A nruf, der mich völlig aus der Bahn warf: »Dicka, weißt du eigentlich, mit wem Marleen
wirklich im Urlaub war?«, fragte mich ein Kumpel. »Die war da nicht mit ihren Eltern, sondern mit Ed-Hardy-Chris und seinem Kumpel Jan.
A ngeblich ist sie schon seit ein paar Wochen mit dem zusammen. Sei vorsichtig, A lter!« Ich legte auf und knallte das Handy auf den Boden.
Ich war so wütend auf die Bitch und noch wütender auf mich selbst, dass ich ihr ein weiteres Mal vertraut hatte. Das Miststück war wohl hinter
meinem Rücken zu einem Ed-Hardy-Sale gegangen und hatte sich dort meinem Kumpel Chris an den Hals geschmissen. Denn der hatte ja
alles, was mir gerade fehlte: Kohle und Erfolg! Jetzt war es also offiziell: Marleen war ein Gold-Digger! Mehr nicht.
Nach diesem Telefonat legte sich ein Schalter in meinem Kopf um. Mein Herz explodierte, und mein Verstand schaltete sich aus. Ich war völlig
von der Rolle, als ich sie anrief. »Hallo, Schatz«, säuselte sie in den Hörer, als sie abnahm. »Ich werde dich umbringen! Ich stech dir ein
Messer in deinen Hals«, schrie ich. Und dann machte ich mich auf den Weg zu ihr ins Dorf.
A uf der A utofahrt wurden die Mordgedanken in meinem Kopf immer präsenter. Ich meinte das in dem Moment tatsächlich vollkommen ernst.
A ls ich am Bauernhof ankam, stand ihr Vater schon vor der Tür und erwartete mich. »Bring mir sofort deine Tochter«, forderte ich
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