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Im Café der moeglichen Traeume

Im Café der moeglichen Traeume

Titel: Im Café der moeglichen Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paola Calvetti
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Außerirdischer?«
    Â»Gomit, gomit …«
    Â»Was sagst du? Gomit?«
    Â»Gomit …«
    Â»Leider kenne ich mich bei den Monstern der jüngeren Generation nicht aus, tut mir leid.«
    Zu meiner Zeit gab es die Schlümpfe, Candy Candy , Big Bubbles , My little Pony: Freundschaft ist Magie , Mila Superstar – Zeichentrickfilme über die ärmsten Kinder der Welt, fast alle verwaist, adoptiert, misshandelt, ausgebeutet. Du hast Pokémon und wirst bald Bluetooth benutzen. Du sagst schlicht »Mantel«. Meine Großmutter sagte: »Knöpf dein Überkleid zu«. Oder: »Hol mir bitte die Brille von der Kredenz.« Oder: »Pass auf, dass kein Malheur geschieht.« Oder: »Wir müssen uns sputen.« Du wirst erwachsen, ohne je einen Plattenspieler, ein Fax, eine Telefonzelle, eine Filmrolle, eine Straßenkarte oder einen Zeichentrickfilm auf VHS gesehen zu haben. Du wirst nie eine Ansichtskarte mit einer Briefmarke bekommen und auch keinen Lebensmittelladen mit Perlenvorhang mehr erleben.
    Wie du siehst, mein Kind, dich erwartet ein Leben voller Entbehrungen.
    Unser Gespräch wird immer komplizierter, und ich traue mich schon gar nicht mehr zu fragen: »Was wird dir denn der Weihnachtsmann Schönes bringen?« Wenn er schon sprechen könnte, würde er vermutlich nachfragen: »Wer ist das?«
    Â»Er meint Gormita«, erklärt der Großvater, als würde er mit einer Minderbemittelten sprechen. Gleichzeitig steht er auf, bückt sich zu den Tüten hinab, rückt sie näher an seinen Tisch heran und bittet den Jungen, »die Dame nicht zu belästigen«.
    Bei dem Wort »Dame« zucke ich zusammen. He, Opa, ich bin eine wertvolle Ressource, eine momentan inaktive, aber zähe Arbeitskraft, ein Rädchen im klemmenden Getriebe der freien Marktwirtschaft. Tatsächlich aber dürfte ich mit meinen schmerzenden Armen und den kribbelnden Beinen eher an die Frau im Café von Van Gogh erinnern oder an diese hoffnungslos Depressiven, die bei Hopper in bläulichem Licht am Tresen stehen.
    Dame. Wenn schon, dann junge Frau.
    Und da sind sie wieder.
    Es reicht das unschuldige Geplapper eines Kindes, und schon schießen – gemeinsam mit der plötzlichen Gewissheit, dass ich nie einen neuen Job finde werde und auch niemanden Meinesgleichen männlichen Geschlechts, der von einem unbezwingbaren Kinderwunsch erfüllt ist – die Tränen wieder hervor. Ich bin noch viel zu verletzlich, um diesen Alkoven zu verlassen.
    Wie bei einer Partie Siebeneinhalb.
    Karte? Nein, für mich nicht.
    Manuel kehrt mit meinem »amerikanischen« Kaffee, einer kleinen Karaffe Wasser und vier duftenden Keksen auf einem Tellerchen zurück.
    Ich schaue auf und begreife, dass er gerne etwas wissen würde. Nun, ich könnte ihm erzählen, dass es nichts mit der Liebe oder der Familie zu tun hat, eher mit dem ganzen Rest, und wenn er dann noch einmal fragt, ob irgendetwas nicht in Ordnung ist, wird er seine Antwort bekommen.
    Â»Gibt es Ihrer Meinung nach irgendetwas, das in Ordnung ist, Manuel?«
    Â»Sehen Sie um uns herum irgendetwas, das Sie als in Ordnung bezeichnen würden?«
    Um einer neuen Sturzwelle zuvorzukommen, nicke ich einfach, fast wie eine Geisha, und beiße in einen Keks.
    Großvater und Enkel brechen auf.
    Stell dir vor, Kind: Eines Tages wird dir die vergilbte Erinnerung an diesen vorweihnachtlichen Nachmittag mit deinem Großvater und einer Dame, die wie ein trauriger Brunnen vor sich hin sprudelte, wieder in den Sinn kommen.
    Â»Signore, hallo, Signore … Ihre Quittung.«
    Das papierene Rechteck gleitet wie eine Heuschrecke mit durchsichtigen Flügeln auf meinen Karton. Der Alte läuft dem Kind hinterher, das wiederum hinter Manuel die Treppe hinunterläuft, und kann mich nicht hören. Was zählt, ist die Zeit des Herzens, würde ich ihm am liebsten zurufen. Dann stehe ich auf, um die Quittung aufzuheben und meine Beine ein wenig zu strecken, ohne meinen Vorzugsposten aufzugeben.
    Das ist keine Quittung.
    Ich fasse es nicht, dass die Kinder heutzutage nicht mehr an den Weihnachtsmann glauben.
    Ich denk an dich
    Und schreibe dir zwei Zeilen,
    Denn
    Allein wenn du deine Liebe
    In und auswendig kennst,
    Wirst du dich an mich erinnern
    Und mich immer lieben.
    Eine eigene Existenz haben wir uns verdient.
    Du bist es, Großmutter, nicht wahr?
    Ich hatte doch gesagt, dass sie sich an einem Tag wie

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