Im Café der moeglichen Traeume
lassen.
Das Flugzeug landete holpernd wie ein Auto, dem das Benzin ausgegangen war, und der Rollkoffer konnte problemlos in Empfang genommen werden. Die Woche in Rom war groÃartig, trotz der Enttäuschung, dass die Zenturionen nicht echt waren und auch noch Geld verlangten.
An jenem Morgen am Flughafen nach meiner Rückkehr aus London, als ich das Material für meine Abschlussarbeit in der Tasche hatte, tauchte der von meiner GroÃmutter ererbte, mittlerweile entschieden altmodische Koffer endlich auf dem Gepäckband auf, inmitten von geflickten Rucksäcken, in Zellophan eingewickelten Koffern und Reisesäcken mit den Buchstaben des Alphabets darauf. Als die Tür am Ausgang wie eine Falle aufschnappte, ging ich fest davon aus, meine Eltern dort anzutreffen. Mein üblicher traumtänzerischer Optimismus. Zu viele Babys hatten beschlossen, an diesem Tag auf die Welt zu kommen, und Papa war zu sehr mit den Herzen anderer beschäftigt, um an das meine zu denken.
In der Menge standen nur Fahrer, die Mr McKenzie und Miss Rajastan abholen sollten, ein paar junge Elternpaare, die ängstlich auf die Rückkehr ihrer Kinder warteten, und ein spindeldürrer Typ, der ein Schild hochhielt, auf das er mit grüner Wasserfarbe ein Herz gemalt hatte.
Wer mochte wohl die glückliche Adressatin dieser Liebeserklärung sein?
Ich schaute mich um, entdeckte aber kein Mädchen mit auffallend glücklichem Gesicht.
SchlieÃlich machte ich mich auf den Weg zum Bus. Der Himmel war von unbestimmter Färbung und wurde von einem Netz weiÃer Kondensstreifen in Stücke geschnitten.
Seither sind Jahre vergangen. Wer weiÃ, was aus dem Typen mit dem grünen Herzen geworden ist, denke ich, während sich die Bar Tabacchi plötzlich mit lärmender Kundschaft füllt.
Er
Er brauchte immer Grenzen. Ihm gefiel es, die Stadt um sich herum zu spüren, die schützenden Hauswände zu sehen, die Garteninseln, die erleuchteten Fenster der Gebäude. Der Flughafen war genau der richtige Kompromiss, eine eigenständige Stadt, in der man herumlaufen und seinen Gedanken nachhängen konnte, ohne das gefährliche Gefühl, allein auf der Welt zu sein. Wenn er nicht so schüchtern wäre, hätte er diesen Typen glatt angesprochen, der bei den internationalen Ankünften ein minzgrünes Herz schwenkte.
Ein Exhibitionist oder einfach nur einer, der nicht ganz richtig tickte?
In Flughäfen wimmelt es von Leuten, die nicht ganz richtig ticken, aber dieser Typ tat es wenigstens mit Humor. Vielleicht wartete er auf jemanden oder machte Werbung für ein neues Halsbonbon. »Probiert Green Heart, meine Damen und Herren, für einen frischen, zuverlässig kusssicheren Atem.«
Die Anzeigetafel zeigte zwanzig Minuten Verspätung an.
Er ging zur Fensterwand und setzte sich. Obwohl der Himmel wegen der Schwüle ganz milchig war, wurde er von einem Gitter weiÃer Kondensstreifen durchzogen, wattige Sternschnuppen aus Kohlendioxid, die den Frieden störten. Diego betrachtete die Landebahn, besänftigt vom gleichmäÃigen Schnarchen des Mannes, der auf dem Nachbarplatz saÃ. Wie lange war er schon hier, und wie lange würde er es auf diesem steifen Designerteil, das fälschlicherweise Sitz genannt wurde und ihn wie eine Zwangsjacke einschnürte, noch aushalten? Nur noch ein paar Stunden bis zur Verteidigung seiner Abschlussarbeit, und Diego war vollkommen fertig. Absolut am Ende. Erschöpft. Er zwang sich, an etwas anderes zu denken als an die Kinderrechtskonvention, der er die letzten sechs Monate gewidmet hatte. Das Niveau in seinem Jahrgang war sehr hoch, und sein Vater hoffte auf ein Prädikatsexamen, während es ihn selbst bereits einiges gekostet hatte, den Traum von der Physik zu opfern, Jura zu studieren und auf ein sicheres Pferd zu setzen. Enrico, der Wirtschaftswissenschaften studiert hatte, war der Meinung, dass er sich mit seiner Liebe zur Physik von den Gesetzen der Menschen ab- und dem Geheimnis des Universums zuwandte. Irgendetwas war er seinen Eltern aber schuldig gewesen, und indem er ihren Wünschen nachgekommen war, hatte er sich von einer Last befreit.
Diego langweilte sich und ging dazu über, sich selber Fragen zu beantworten: Wie viele Flüge würde dieser gläserne Canyon maximal bewältigen können? Wie viele Passagiere aus wie vielen Nationalitäten befanden sich zurzeit dort? Wie viele Flugzeuge könnten wohl
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