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Im Café der moeglichen Traeume

Im Café der moeglichen Traeume

Titel: Im Café der moeglichen Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paola Calvetti
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auswaschbaren Flüssigkeiten über den Leib zu schütten oder heulend unter den Tisch zu kriechen. Tatsächlich hat sich das Schicksal unseren Plänen widersetzt, als wir vier Anwärterinnen auf eine ähnliche Hochzeit uns allesamt auf das Brautsträußchen stürzten.
    Das Mädchen, das ihn uns wegschnappte, wurde mit einer gewissen Aggressivität ausgebremst: »He, Kind, du bist viel zu jung, du brauchst das noch nicht, stell dich woanders hin«, fuhr ich sie an. Prompt wurde der Wurf wiederholt, und Sarah war so aufgeregt, als wäre es die zweite Klappe einer Szene in einer romantischen Komödie.
    Nichts zu machen, das Sträußchen landete hinter einem Busch.
    Ein ganz schlechtes Zeichen.

Er
    Angeblich sind Hochzeiten die perfekte Gelegenheit, um seine Zwillingsseele zu finden. Das habe mit dem Nachahmungstrieb oder der unbewussten Identifikation mit den Protagonisten zu tun, heißt es. Bei Hochzeiten sind alle schöner und eleganter, und man kann sich vom Verantwortungsgefühl und der ernsten Selbstbeherrschung der Brautleute und von der trauten Eintracht der strahlenden Familienmitglieder, die alle von der Dauerhaftigkeit der Verbindung überzeugt sind, anstecken lassen. Wenn man sich bei einer Hochzeit betrinkt, ist man durch die Umstände gerechtfertigt, und niemand regt sich ernsthaft auf.
    Zu dieser Hochzeit war er Mathilde zuliebe mitgegangen, denn »die eigentliche Zeremonie wird nur ein paar Minuten dauern, und danach wird es eine ganz normale Party, der Typ ist ein ehemaliger Nachbar von mir, wir haben im Hof miteinander gespielt, vor ein paar Monaten habe ich ihn wiedergetroffen, und er hat mich zu seiner Hochzeit eingeladen, und Samstag haben wir ja sowieso noch nichts vor.«
    In Fragen der Liebe sind viele Dinge heikel, und die Hochzeit zweier junger Menschen kann, selbst wenn man nichts über sie weiß, besonders heikel sein und Entscheidungen beflügeln, die einem tags zuvor noch fernlagen.
    Während der Zeremonie hielt Diego sich abseits. Das Hochzeitszimmer war winzig, aber glücklicherweise gab es Gäste mit größerer Nähe zum Brautpaar, die entsprechend in der ersten Reihe saßen. Beim Mittagessen brachte man ihn und Mathilde am »gemischten« Tisch unter, wo die Leute saßen, die weder zur Braut noch zum Bräutigam engere Beziehungen und folglich auch keine allzu großen Verpflichtungen hatten. Ihre Gesellschaft bestand aus drei gelangweilten Jugendlichen und zwei Damen gehobenen Alters, Clara und Brigitte, was ihnen das Gefühl vermittelte, mit den bösen Stiefschwestern am Tisch zu sitzen.
    Stunden später, bevor die Hochzeitstorte angeschnitten wurde, ging Diego zum Rauchen hinaus in den Park. Die Bäume warfen die Blätter ab, der blaue Himmel war ausgebleicht, aber nur eine einzige Wolke schwebte, schwer von Wasserdampf, über den Bäumen, bis sie sich wie von Zauberhand und rechtzeitig zum Auftauchen des Brautpaars in Luft auflöste und einem kleinen Flugzeug Platz machte, das nach diversen Kunststücken eine Reihe von Buchstaben in den Himmel schrieb.
    Sätze aus weißem Dampf, die ausfransen und sich schließlich auflösen würden.
    Liebe mich, das genügt!
    Auf den Punkt und entschieden.
    Mathilde hatte sich zu ihm gesellt und schaute zu dem poetischen Doppeldecker hinauf. Das Brautpaar stand ein paar Meter weiter. Sie war unübersehbar schwanger, er streichelte ihren Bauch.
    Diego spürte Mathildes Finger an seinem Arm und dachte: »Die beiden haben vor nichts Angst. Sie rechnen nichts gegeneinander auf, und ihre Verbindung hat keine Risse. Wenn du an diesen Punkt des Absoluten gelangst, wenn du dich auf dich selbst verlassen kannst und auch auf die Frau an deiner Seite, wenn du nackt bist und nicht vögeln willst, sondern einfach nur sagen, lass uns die Hand reichen, für immer und ewig, dann ist man dem Absoluten einen Schritt näher. Das und nichts anderes.«
    Mathilde bat ihn um eine Zigarette – »wir stehen ja weit genug von der Braut entfernt« – und fügte hinzu: »Ein Flugzeug mit einem Vers, findest du das nicht wahnsinnig romantisch?«
    Â»Wahnsinnig romantisch«, sagte sie noch ein paarmal, aufgewühlt und kein bisschen neidisch.
    Auch er hätte gern etwas Bedeutsames gesagt, irgendetwas, um das Band zurückzuspulen, auf dem er zwei Jahre und drei Monate Träume aufgezeichnet hatte. Um jenen Moment wiederzufinden, in

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