Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
Vom Netzwerk:
ließ mich zusammenfahren. Es war ein hohes Gekicher, das eher zu einer
fünfzehnjährigen Tavernenschönheit gepaßt hätte als zu einem Mann, der mächtiger war als jeder König. »Entschuldigt mich«, sagte er und legte anmutig eine Hand an jene Stelle, wo sein Mund gewesen wäre, wenn er nicht den schwarzen Morion getragen hätte. Dann: »Nehmt Platz.«
Unwillkürlich riß ich die Augen auf. Jeder Satz erklang in einer deutlich anderen Stimme. Verbarg sich ein ganzes Komitee in diesem Helm? Tom-Tom schnappte nach Luft. Schweiger, der ganz Schweiger war, setzte sich wortlos hin. Ich folgte seinem Beispiel und versuchte, mit meinen neugierigen, verängstigten Blicken nicht allzu beleidigend zu wirken.
An diesem Tag war Tom-Tom nicht der besten Diplomaten einer. Er platzte los: »Der Syn- dikus macht es nicht mehr lange. Wir wollen eine Vereinbarung treffen…« Schweiger vergrub einen Zeh in seinem Oberschenkel. Ich murmelte: »Das ist unser tollkühner Prinz der Diebe? Unser Mann mit den eisernen Ner- ven?«
Der Abgesandte lachte leise. »Du bist der Arzt? Croaker? Vergib ihm. Er kennt mich.« Eiskalte Angst umschloß mich mit finsteren Schwingen. Schweiß benetzte meine Schläfen. Es hatte mit der Hitze nichts zu tun. Eine kühle Meeresbrise, für die in Beryll die Menschen gemordet hätten, wehte durch die offenen Fenster. »Es besteht kein Grund, sich vor mir zu fürchten. Man hat mich geschickt, damit ich ein Bündnis anbiete, das sowohl Beryll als auch meinem Volk zugute kommt. Ich bin immer noch der Überzeugung, daß eine Übereinkunft geschlossen werden kann – allerdings nicht mit dem gegenwärtigen Autokraten. Ihr seht euch einem Problem gegenüber, das die gleiche Lösung erfordert wie das meinige, aber eure Verpflichtung versetzt euch in eine ungünstige Lage.« »Er weiß alles. Reden ist sinnlos«, krächzte Tom-Tom. Er klopfte auf seine Trommel, aber der Fetisch half ihm nicht. Er erstickte beinahe. »Der Syndikus ist nicht unverwundbar«, stellte der Gesandte fest. »Selbst nicht, wenn ihr ihn bewacht.« Tom-Toms Zunge schien an seinem Gaumen festzukleben. Der Botschafter sah mich an. Ich zuckte die Achseln. »Nehmen wir einmal an, der Syndikus stirbt, derweil eure Kompanie die Bastion gegen die Meute verteidigt?« »Ideal«, sagte ich. »Aber das läßt die Frage nach danach bestehender Sicherheit offen.« »Ihr vertreibt die Meute, dann entdeckt ihr den Todesfall. Ihr seid nicht länger unter Vertrag, also verlaßt ihr Beryll.«
»Und wir gehen wohin? Und schütteln unsere Feinde wie ab? Die Stadtkohorten würden uns im Nacken sitzen.«
»Sagt eurem Hauptmann, daß bei Entdecken des Ablebens des Syndikus und falls ich ein schriftliches Gesuch erhalte, bei der Nachfolgefrage behilflich zu sein, meine Truppen euch an der Bastion ablösen werden. Ihr solltet Beryll verlassen und bei der Jammersäule kampie- ren.«
    Die Jammersäule ist eine Landzunge aus Kalkstein, die von zahllosen kleinen Höhlen durch-
zogen ist. Sie ragt einen Tagesmarsch östlich von Beryll ins Meer. Auf ihr steht ein Leucht- und Wachturm. Der Name kommt von den Stöhnlauten, die der Wind in den Höhlen hervor- ruft.
»Das ist eine verdammte Todesfalle. Diese Schweinepriester würden uns einfach belagern und sich ins Fäustchen lachen, bis wir uns gegenseitig aufgefressen haben.« »Eine einfache Sache, Boote einzuschleusen, die euch aufnehmen.« Bing-bing . Vier Zoll hinter meinen Augen begann eine Alarmglocke zu klingeln. Dieser
Hundesohn spielte mit uns. »Warum zur Hölle solltet Ihr das tun?« »Eure Kompanie wäre ohne Beschäftigung. Ich wäre gewillt, die Verpflichtung zu über- nehmen. Im Norden werden gute Soldaten gebraucht.« Bing-bing . Die alte Glocke schrillte immer weiter. Er wollte uns unter Vertrag nehmen? Wo-
für?
Irgend etwas sagte mir, daß jetzt nicht der Augenblick war, danach zu fragen. Ich wechselte den Tanzplatz. »Was ist mit der Forvalaka?« Immer dann die Hakenrichtung ändern, wenn sie es nicht erwarten.
»Das Ding aus der Gruft?« Die Stimme des Botschafters war die Stimme der Frau deiner Träume, die komm schon raunte. »Vielleicht habe ich auch dafür Arbeit.« »Ihr könnt es kontrollieren?«
»Sobald es seinen Zweck erfüllt hat.«
Ich dachte an den Blitzschlag, der einen Verschlußbann auf einer Plakette ausgelöscht hatte, die ein Jahrtausend lang allen Anfechtungen getrotzt hatte. Ich bin sicher, daß sich mein Ver- dacht nicht auf meinem Gesicht abzeichnete. Aber der Gesandte kicherte.

Weitere Kostenlose Bücher