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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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nicht wählerisch. Ich zerrte Candy hinein. Wir verriegelten und verrammelten die Tür. Mit geschlossenen Au- gen lehnte ich mich keuchend mit dem Rücken dagegen. Wahrscheinlich bildete ich es mir nur ein, aber ich dachte, daß ich etwas knurren hörte, als es vorbeischlich. »Und was jetzt?« fragte Candy. Sein Gesicht war grau. Seine Hände zitterten. Der Hauptmann kritzelte rasch einen Brief und reichte ihn weiter. »Jetzt machst du dich wie- der auf den Weg.«
    Jemand hämmerte gegen die Tür. »Was ist los?« fauchte der Hauptmann. Eine Stimme erklang gedämpft durch das dicke Holz. Ich sagte: »Es ist Einauge.« »Mach ihm auf.«
Ich machte auf. Einauge, Tom-Tom, Goblin, Schweiger und noch ein Dutzend drängten sich in das Zimmer. Der Raum wurde heiß und stickig. Tom-Tom sagte: »Der Menschenleopard ist in der Bastion, Hauptmann.« Er vergaß die Unterstreichung mit der Trommel. Sie hing wie erschlafft an seiner Seite.
    Ein weiterer Schrei aus dem Quartier des Syndikus. Meine Phantasie hatte mir doch einen
Streich gespielt.
»Was machen wir jetzt?« fragte Einauge. Er war ein runzeliger kleiner schwarzer Mann, nicht größer als sein Bruder und für gewöhnlich mit einem bizarren Sinn für Humor gesegnet. Er war ein Jahr älter als Tom-Tom, aber in ihrem Alter zählte niemand mehr nach. Wenn man den Annalen Glauben schenken konnte, waren beide über hundert Jahre alt. Er hatte Todes- angst. Tom-Tom befand sich am Rande der Hysterie. Goblin und Schweiger waren ebenfalls nicht ganz bei sich. »Es kann uns einen nach dem anderen erledigen.« »Kann man es töten?«
»Die sind fast unbesiegbar, Hauptmann.« »Kann man sie töten?« Die Stimme des Hauptmanns wurde hart. Er hatte ebenfalls Angst. »Ja«, räumte Einauge ein. Er schien einen Hauch weniger Angst zu haben als Tom-Tom. »Nichts ist völlig unverwundbar. Nicht einmal das Wesen auf dem schwarzen Schiff. Aber das hier ist stark, schlau und schnell. Waffen nützen da wenig. Zauberei ist besser, aber nicht einmal sie ist von großem Nutzen.« Ich hatte noch nie gehört, daß er irgendwelche Be- schränkungen zugab.
»Wir haben genug geredet«, knurrte der Hauptmann. »Jetzt schreiten wir zu Taten.« Unser Hauptmann war sonst schwer zu durchschauen, aber nun war er geradezu durchsichtig. Seine Wut und die Frustration über eine unmögliche Lage hatten sich auf die Forvalaka konzen- triert.
Tom-Tom und Einauge widersprachen heftig. »Ihr habt darüber nachgedacht, seit ihr entdeckt habt, daß dies Wesen losgelassen ist«, sagte der Hauptmann. »Ihr habt entschieden, was ihr tun würdet, wenn ihr es müßt. Also los.« Ein weiterer Schrei. »Der Papierturm muß mittlerweile das reinste Schlachthaus sein«, mur- melte ich. »Das Biest hetzt dort jeden zu Tode.« Einen Augenblick lang dachte ich, daß sogar Schweiger protestieren würde. Der Hauptmann nahm seine Waffen auf. »Match, sammel die Männer zusammen. Riegele alle Eingänge zum Papierturm ab. Elmo, such dir ein paar gute Hellebardiere und Armbrust- schützen zusammen. Die Bolzen sollen vergiftet werden.« Zwanzig Minuten rasten vorbei. Ich wußte nicht mehr, wie viele Schreie erklungen waren. Ich wußte bald gar nichts mehr, nur noch eine wachsende Furcht und die Frage, warum die Forvalaka in die Bastion eingedrungen war. Warum beharrte sie auf ihrer Hetzjagd? Dahinter steckte mehr als nur Hunger.
Dieser Gesandte hatte angedeutet, daß er für sie Verwendung hätte. Welche Verwendung? Diese hier? Was fiel uns ein, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der zu so etwas fähig war? Alle vier Zauberer beteiligten sich an dem Bann, der vor uns knisternd Schritt hielt. Die Luft selbst schlug blaue Funken. Hellebardiere folgten. Hinter ihnen kamen die Armbrustschützen. Und danach betrat ein weiteres Dutzend von uns die Unterkünfte des Syndikus.
    Große Enttäuschung. Das Vorzimmer zum Papierturm sah vollkommen normal aus. »Wir
müssen nach oben«, sagte Einauge.
Der Hauptmann sah in den Durchgang hinter uns. »Match, bring deine Männer rein.« Er wollte Zimmer für Zimmer vordringen und alle Ausgänge bis auf einen für den Rückzug ab- riegeln. Einauge und Tom-Tom waren da anderer Ansicht. Sie sagten, daß das Wesen noch gefährlicher sein würde, wenn man es in die Enge trieb. Drohendes Schweigen umhüllte uns. Seit etlichen Minuten hatte es keine Schreie mehr gegeben. Das erste Opfer fanden wir am Fuße der Treppe, die zu dem eigentlichen Turm hinaufführte. »Einer von uns«, knurrte ich. Der Syndikus

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