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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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in einem Zustand, der knapp an der Bewußtlosigkeit lag. Ich warf einen weiteren Blick auf Tom-Tom, als ich kurz Luft dazu hatte. Er war immer noch am Leben und umklammerte seine kleine Trommel. Verdammt! Diese Sturheit verdiente eine Belohnung. Aber was konnte ich tun? Dazu reichten meine Fähigkeiten einfach nicht aus. »Jau!« rief Match. »Hauptmann!« Ich warf einen Blick zu ihm. Er klopfte mit dem Schwert an eine Kiste.
Die Kiste war aus Stein. Eine Schatztruhe von der Art, wie Berylls reiche Leute sie bevor- zugten. Nach meiner Schätzung wog die hier etwa fünfhundert Pfund. Außen war sie mit ver- schnörkelten Meißelarbeiten bedeckt. Ein Großteil der Verzierungen wies Beschädigungen auf. Von Krallenschlägen?
Elmo brach das Schloß auf und stemmte den Deckel hoch. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf einen Mann, der zitternd mit den Armen über dem Kopf auf einem Haufen von Gold und Juwelen lag. Elmo und der Hauptmann wechselten finstere Blicke. Die Ankunft des Leutnants lenkte mich ab. Er hatte unten ausgehalten, bis er sich Sorgen machte, weil nichts passiert war. Die Forvalaka war nicht nach unten gegangen. »Durchsucht den Turm«, sagte der Hauptmann zu ihm. »Vielleicht ist das Biest nach oben gegangen.« Über uns befanden sich noch zwei Stockwerke. Als mein Blick später wieder auf die Kiste fiel, war sie verschlossen. Unser Arbeitgeber war nirgends zu sehen. Match saß darauf und reinigte sich die Fingernägel mit seinem Dolch. Ich sah zu dem Hauptmann und Elmo hinüber. Irgend etwas an ihnen kam mir ein wenig seltsam vor.
Sie hatten doch nicht etwa die Aufgabe der Forvalaka für sie erledigt, oder? Nein. Der Hauptmann konnte die Ideale der Kompanie nicht auf diese Weise verraten. Oder doch? Ich stellte keine Fragen.
Die Turmdurchsuchung förderte nichts zutage bis auf eine Blutspur zur Turmspitze, wo sich die Forvalaka ausgeruht und Kräfte gesammelt hatte. Sie war ziemlich schlimm verletzt wor- den, aber sie war über die Außenwand des Turmes hinabgeklettert und entkommen. Irgend jemand machte den Vorschlag, daß wir ihr nachspüren sollten. Darauf erwiderte der Hauptmann: »Wir räumen Beryll. Wir stehen nicht mehr unter Vertrag. Wir müssen hier raus, bevor die Stadt über uns herfällt.« Er schickte Match und Elmo los, damit sie die örtliche Garnison im Auge behielten. Der Rest evakuierte die Verwundeten aus dem Papierturm. Einige Minuten lang hielt sich niemand in meiner Nähe auf. Ich betrachtete die große stei- nerne Kiste. Die Versuchung wallte in mir auf, aber ich widerstand ihr. Ich wollte es nicht wissen.
Nach der ganzen Aufregung tauchte auch Candy wieder auf. Er berichtete uns, daß der Ge- sandte am Pier seine Truppen ausschiffte. Die Männer packten zusammen und verluden ihre Sachen, einige brummelten über die Erei-
    gnisse im Papierturm, andere maulten, daß sie gehen mußten. Sobald man nicht mehr unter-
wegs ist, schlägt man sofort Wurzeln. Man schafft sich Dinge an. Man findet eine Frau. Dann geschieht das Unvermeidliche, und man muß alles zurücklassen. In den Baracken kreiste eini- ges an Schmerz umher.
Als die Nordmänner kamen, war ich am Tor. Mit einigen anderen drehte ich am Rad, das das Fallgitter in die Höhe hob. Ich war nicht sonderlich stolz auf mich. Ohne meine Zu- stimmung wäre der Syndikus vielleicht nie verraten worden. Der Gesandte besetzte die Bastion. Die Kompanie begann mit der Evakuierung. Mittlerweile war es schon drei Stunden nach Mitternacht, und die Straßen waren leer. Nach zwei Dritteln des Weges zum Tor der Morgenröte befahl der Hauptmann Halt. Die Feldwebel versammelten alle, die noch kämpfen konnten. Der Rest fuhr mit den Wagen wei- ter.
Der Hauptmann führte uns auf der Allee des Alten Reiches in nördliche Richtung, auf der Berylls Herrscher sich und ihren Triumphen Denkmäler errichtet hatten. Viele der Monumen- te haben etwas Bizarres an sich und gedenken solcher Kleinigkeiten wie Lieblingspferden, Gladiatoren oder Liebhabern beiderlei Geschlechts. Schon bevor wir das Abschaumtor erreichten, hatte ich ein mulmiges Gefühl. Unbehagen wuchs zu Argwohn, und Argwohn wich grimmiger Gewißheit, als wir die Marsfelder er- reichten. In der Nähe des Abschaumtores befinden sich nur noch die Gabelbaracken. Der Hauptmann machte keine besondere Ankündigung. Als wir die Gabelkaserne erreichten, wußte jeder, was er zu tun hatte.
Die Stadtkohorten waren so dienstschlapp wie immer. Das Kasernentor stand offen, und der Wachposten schlief. Ohne

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