Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
Vom Netzwerk:
anzuknüpfen.
    In sein Zimmer zurückgekehrt, breitete er einen großen Bogen auf dem Tisch aus, setzte sich hin und schrieb oben in die Mitte: »Guillaume de Bleuville, 1207-1243.« Nun mußte er den fünfhundertjährigen Stammbaum der Bleuvilles nach seinen Büchern und Notizen anfertigen. Das würde eine imposante Menge Papier mit einwandfreien Geschichtsdaten füllen. Bestimmt könnte er diese Arbeit mindestens drei Tage hinziehen und dann mit allgemeinem Gefasel über die Blofelds ergänzen. Während dieser idiotischen Tätigkeit würde er mit allen
    Mitteln herauszubringen versuchen, was der neue Blofeld mit seinem neuen Spectre im Schilde führte!
    Eines stand fest: Seine Sachen waren durchsucht worden. Vor der Unterredung mit dem Grafen hatte er sich im Badezimmer, wohin das Fernsehauge nicht reichte, ein halbes Dutzend Haare ausgerissen und sie unauffällig zwischen Bücher, Papiere und in seinen Paß gelegt. Und jetzt waren sie verschwunden. Jemand hatte seine Bücher durchblättert. Er ging zur Kommode, anscheinend um ein Taschentuch zu holen. Ja - die von ihm mit wohlberechneter Sorgfalt eingeräumten Sachen waren kaum merkbar durcheinandergebracht! Ruhig machte er sich wieder an seine Arbeit und dankte dem Himmel, daß er nichts zu verbergen hatte. Er mußte peinlich darauf bedacht sein, weiterhin unverdächtig zu bleiben. Der Gedanke an eine Fahrt die Bobbahn hinunter gefiel ihm gar nicht!
    Er war bis 1350 gekommen. Dann lenkten ihn die Geräusche von der Veranda zu sehr ab. Er hatte ein ganz schönes Stück Arbeit geleistet, nun wollte er vorsichtig das Terrain sondieren, was ja für einen Neuankömmling durchaus normal war. Er hatte seine Zimmertür nur angelehnt, eilte den Korridor entlang, durch das Vestibül und betrat eine Werkstatt links vom Ausgang, die zugleich als Abstellraum für die Skier diente. Einer der Balkanesen schraubte gerade eine neue Bindung an einen Ski. Er schaute kurz auf und arbeitete dann weiter, während Bond neugierig die an die Wand gelehnten Skier betrachtete. Dann sah er mit geheucheltem Interesse dem Mann an der Werkbank zu. In Wirklichkeit hatte er einen Berg dünner Plastikstreifen entdeckt, die in den Bindungen als Sohlenschoner für die Stiefel dienen. Er stützte sich auf den rechten Ellbogen und sprach über die Präzisionsarbeit des Mannes, der nur knurrte. Bonds linke Hand schlüpfte unter dem aufgestützten Arm hindurch, nahm einen der Plastikstreifen und steckte ihn in den Ärmel. Nach einer weiteren belanglosen Bemerkung, auf die er auch keine Antwort bekam, ging er hinaus.
    (Sowie der Arbeiter hörte, daß Bond das Haus verlassen hatte, zählte er die Plastikstreifen zweimal nach. Dann eilte er zum Empfangschef und sagte etwas auf deutsch. Der Mann nickte, hob den Telefonhörer ab und wählte 0.) Während Bond den Pfad zur Seilbahnstation entlangschlenderte, zog er den Plastikstreifen aus dem Ärmel und schob ihn in die Hosentasche. Er war mit sich zufrieden. Er hatte sich das traditionelle Einbrecherwerkzeug zum öffnen von Sicherheitsschlössern verschafft.
    Er gesellte sich zu den Skifahrern, die am Start der Gloria-Abfahrt standen. Ein großes Schild mit dem G und der Krone verkündete: Gloria-Abfahrt! Darunter stand: Rot - freie Fahrt. Gelb - freie Fahrt. Schwarz - gesperrt. Das sollte wohl heißen, daß die rote und gelbe Bahn offen waren, die schwarze aber geschlossen, vermutlich wegen Lawinengefahr. Daneben hing eine metallene
    Reliefkarte der drei Abfahrten. Bond prägte sie sich gut ein, vor allem den Verlauf der roten, anscheinend die leichteste und beliebteste. Auf der Karte bezeichneten rote, gelbe und schwarze Fähnchen die Standorte der richtigen Flaggen.
    Bond folgte einem Pfeil mit der Aufschrift: Gloria-Express-Bobbahn. Sie begann auf der anderen Seite der Seilbahnstation bei einer kleinen Starthütte. Darunter befand sich ein Schuppen für die Bobschlitten und die Skeletons. Eine Kette mit einem Schild Abfahrten täglich von 9 bis 11 uhr sperrte die breite Öffnung der Bahn, die gleich dahinter nach links abbog. Auch hier zeigte eine Reliefkarte den Verlauf an. Nach englischer Sporttradition waren die wichtigsten Kurven und Gefalle mit Namen wie »Todessprung«, »Freude der Hölle« und »Knochenschüttler« bezeichnet. Das letzte Stück hieß »Paradiesallee«. Bond rief sich die Szene vom Morgen ins Gedächtnis und glaubte, den entsetzlichen Schrei wieder zu hören. Ja, dieser Tod zeigte die Handschrift des alten Blofeld! »Sir Hilary!

Weitere Kostenlose Bücher