Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
Vom Netzwerk:
schlimmste aller Vergehen - für Ungehorsam! Spectre war also wieder da! Aber was war ihr Ziel?
    Zehn Minuten vor elf holte Irma Bunt ihn ab. Er nahm einen Armvoll Bücher und Papiere und folgte ihr um das Klubgebäude herum auf einem engen, ausgetretenen Pfad, an dessen Anfang ein Schild stand: Privat. Zugang verboten.
    Bond sah nun das ganze Gebäude, dessen Umrisse er gestern abend kaum hatte erkennen können. Ein mächtiger, einstöckiger Bau aus Quadersteinen mit flachem Zementdach, auf dem ein kleiner Funkmast emporragte.
    Die Tür gab das übliche Zischen von sich, und der Korridor glich dem im Klubhaus, nur daß hier an beiden Seiten Türen waren und an den Wänden keine Bilder hingen. Es herrschte Totenstille.
    Auf seine Frage antwortete Irma Bunt vage: »Laboratorien. Und der Vortragssaal. Und die Privaträume des Grafen. Er lebt für sein Werk, inmitten seiner Arbeit, Sir Hilary.«
    Am Ende des Ganges klopfte sie an eine Tür.
    Bond war sehr erregt, als er über die Schwelle trat und die Tür hinter sich ins Schloß fallen hörte. Er wußte, was er höchstwahrscheinlich nicht zu Gesicht bekommen würde: den Original-Blofeld vom vorigen Jahr, etwa einhundertdreißig Kilo schwer, groß, blasse Hautfarbe, kurzgeschnittenes schwarzes Haar, schwarze Augen, bei denen das Weiße vorherrschte, häßlicher dünner Mund, lange, schmale Hände und Füße.
    Doch Monsieur le Comte de Bleuville, der sich von einem Liegestuhl auf der kleinen Privatveranda erhob und aus der grellen Sonne in das Halbdunkel seines Arbeitszimmers trat, die Hände zur Begrüßung ausgestreckt, war bestimmt nicht einmal ein entfernter Verwandter des Mannes, dessen Bilder er in den Akten des Secret Service gesehen hatte!
    Bonds Herz sank. Der Graf war groß, zugegeben, und seine Hände und nackten Füße waren lang und schmal. Aber damit endete die Ähnlichkeit auch schon. Er hatte langes, fast dandyhaft gepflegtes silberweißes Haar. Die Ohren, die eng anliegen sollten, standen leicht ab, und er hatte keine Ohrläppchen. Er war nur mit einer schwarzen Badehose bekleidet und wog höchstens fünfundsiebzig Kilo. Der Mund war voll und freundlich, mit einem angenehmen, allerdings starren Lächeln. Die Stirn war hoch und faltig, während sie auf den Bildern in den Akten niedrig war. Und anstelle einer kurzen, fleischigen Nase hatte er nun eine Adlernase, deren rechter Flügel allerdings wie durch eine tertiäre Syphilis zerfressen war. Die Augen? Sie müßten die gleichen sein, aber der Graf trug zum Schutz gegen die gefährlichen ultravioletten Strahlen dunkelgrüne Haftgläser.
    Bond lud seine Bücher auf einem leeren Tisch ab und ergriff die warme, trockene Hand.
    »Mein lieber Sir Hilary, das ist wirklich eine Freude.« Blofelds Stimme sollte tief und fast monoton sein. Diese hier war hell und lebendig.
    Wütend dachte Bond: Verdammt noch mal, das muß doch Blofeld sein! »Es tut mir leid, daß ich nicht früher kommen konnte, aber wir haben momentan sehr viel Arbeit.«
    »Fräulein Bunt hat es mir gesagt. Die neuen afrikanischen Staaten stellen sicher schwierige Probleme. Wollen wir hier im Zimmer bleiben oder auf die Veranda gehen? Ich bin nämlich ein Sonnenanbeter.«
    »Ich kann ja die Bücher hier lassen und sie holen, wenn ich etwas nachschlagen muß. Ich habe den Fall ziemlich genau im Kopf. Und«, Bond lächelte verschmitzt, »es wäre nett, mit einem Sonnenbrand in den Londoner Nebel zurückzukehren.« Bond hatte sich in London mit Kleidungsstücken ausgestattet, die er für angebracht hielt. Er hatte nicht die modernen Elastic-Hosen gewählt, sondern bequemere, altmodischere und eine alte schwarze Windjacke, wie er sie beim Golf trug. Dazu auffallende neue Skischuhe mit Doppelschaft. »Ich ziehe wohl besser meine Jacke aus«, sagte er und folgte seinem Gastgeber auf die Veranda.
    Der Graf legte sich wieder auf seinen gepolsterten Aluminium-Liegestuhl, Bond zog einen leichten Sessel aus dem gleichen Material heran und setzte sich mit dem Gesicht zur Sonne, aber so, daß er den Grafen beobachten konnte.
    »Und jetzt können Sie mir vielleicht erklären, warum eigentlich Ihr persönlicher Besuch nötig ist.« Er wandte sich mit seinem starren Lächeln zu Bond. »Nicht
    daß Sie mir unwillkommen wären, ganz im Gegenteil, Sir Hilary.«
    Bond hatte mit dieser Frage gerechnet und darauf zwei Antworten parat: die erste für den Fall, daß der Graf Ohrläppchen hatte, die zweite für den negativen. In ernstem, gemessenem Ton begann er mit

Weitere Kostenlose Bücher