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Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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Skier. Bond holte tief Atem, stieß sich mit den Stöcken ab und raste auf die nächste Flagge zu, weg von der Seilbahn.
    Irgend etwas beschäftigte ihn im Unterbewußtsein. Etwas Unangenehmes. Natürlich - die letzte Flagge! Sie war schwarz gewesen! Er war auf der schwarzen, wegen Lawinengefahr gesperrten Piste! Jetzt war es zu spät. Er mußte alles auf eine Karte setzen, obwohl der Neuschnee und die Detonationen der Granaten die Gefahr noch vergrößert hatten. Bei der nächsten schwarzen Flagge hielt er wieder an, um sich über die weitere Strecke klarzuwerden. Jedenfalls mußte er dort hinunter, wo er den Wald als dunkle Linie erkennen konnte. Aber nicht in Schußfahrt!
    Jetzt schossen die Schweinehunde noch drei Leuchtkugeln ab, darauf mehrere Feuerwerkskörper. Das war für die Leute im Tal gedacht, die vielleicht über die Explosion beunruhigt waren. Man feierte eben auf dem Berg! Plötzlich fiel Bond ein, daß ja Heiliger Abend war . . .
    Und dann hörte er über sich, von weit her, den gefürchtetsten Laut in den Alpen - das dumpfe, unheimliche Grollen! Eine Lawine!
    Der Boden unter ihm zitterte, und das bedrohliche Geräusch näherte sich. Nun saß er wahrhaftig in der Falle! Welchen Ausweg gab es noch? Auf gut Glück einfach nach unten rasen! Bond ging in die Hocke, schwang sich herum und stürzte sich in den weißen Abgrund.
    Gleichgewicht halten! Der Fahrtwind wurde stärker. Das Dröhnen hinter ihm kam näher. Der ganze verdammte Berg war in Bewegung geraten! Was nützte es, wenn er den Wald vor den gigantischen Schneemassen erreichte? Die Lawine würde mindestens die ersten hundert Meter niederwalzen. Irgendwo mußte doch die Schneise für die schwarze Piste sein! Wenn er sie nicht sofort fand, war er ein toter Mann.
    Der Wald schien auf ihn zuzurasen. Wo war die Öffnung in dieser schwarzen Wand? Dort - Gott sei Dank! Mehr nach links! Bond versuchte, das Tempo zu drosseln. Wie weit war das Grollen noch entfernt? Der Boden zitterte stärker. Wahrscheinlich würde ein Teil der Lawine durch die Schneise kommen. Er kurvte nach links. Er hörte das Bersten der ersten Bäume. Er raste die steile Schneise hinunter. Die weiße Woge war ihm dicht auf den Fersen. Wie hoch war sie? Fünf Meter? Zwanzig? Bond kam aus der Schneise heraus und riß einen Scharfen rechten Kristiania. Das war seine letzte Hoffnung.
    Mitten im Schwung blieb er an einer Wurzel hängen und flog durch die Luft. Er schlug auf den Boden auf und blieb betäubt liegen. Jetzt war er erledigt! Der Boden unter ihm bebte. Heulen und Dröhnen erfüllten die Luft. Ein Schneesturm fegte über ihn weg. Und dann war die Lawine an ihm vorbeigerast, das Grollen wurde dumpfer. Bond wischte sich den Schnee aus den Augen und richtete sich mühsam auf. Die beiden Bindungen hatten sich gelöst. Seine Schneebrille war Verschwunden. Nur wenige Schritte vor ihm ergoß sich ein etwa fünf Meter hoher Schneestrom aus dem Wald ins Tal.
    Wenn Bond je einen Schluck Schnaps gebraucht hatte, dann jetzt! Er kippte den Inhalt der kleinen Flasche hinunter und warf sie in hohem Bogen weg. Er fühlte die köstliche Wärme des Enzians im Magen und wollte den letzten Teil des Abhangs im Schuß nehmen, quer über die Wiesen nach rechts, weg von der Lawine. Verdammt! Die Wiesen waren unten abgezäunt. Er mußte also die normale Ausfahrt neben der Talstation der Seilbahn wählen. Die Kabine war nirgends zu sehen, aber er konnte das Summen der Kabel hören. Fuhr sie wieder zur Bergstation hinauf? Nahm man an, daß ihn die Lawine mitgerissen hatte? Vor der erleuchteten Talstation stand eine große schwarze Limousine. Das war der einzige Weg zur Landstraße, zu seinem Ziel! Bond stieß sich ab.
    Plötzlich bellte eine schwere Pistole auf, die Kugel schlug dicht neben ihm in den Schnee. Bond schwang nach rechts, von wo der Schuß gefallen war. Wieder krachte die Pistole. Ein Mann auf Skiern war hinter ihm her. Natürlich! Er hatte die rote Piste genommen. War ihm auch jemand auf der schwarzen gefolgt? Bond atmete tief ein und versuchte, seine Schußfahrt noch zu beschleunigen, wobei er tief in die Hocke ging und wedelte, um dem Mann kein Ziel zu bieten. Es kam nun nur darauf an, wer die Ausfahrt zuerst erreichte.
    Bond konnte sie jetzt übersehen. Zuerst die breite Öffnung im Zaun, dahinter der Parkplatz vor der Talstation und dann der niedrige Damm der Bahnlinie nach Pontresina. Jenseits des Bahndammes lag die Landstraße nach Samaden. Wieder schlug eine Kugel neben ihm ein. Die

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