Im Dienst ihrer Majestat
ergriff. Plötzlich schoß vom anderen Ende der Eisbahn ein Mädchen mit kurzem Rock und grellrotem, pelzbesetztem Anorak auf ihn zu. Kleine Eisstücke spritzten hoch, als sie mit einem Ruck vor ihm stehenblieb. Dieses Gesicht kannte er doch - die strahlenden blauen Augen, das Lächeln! Wer, zum Teufel, war das?
Das Mädchen reihte sich neben ihm ein, nahm seine freie Hand. »James!« Es war ein jubelndes Flüstern. »James! Ich bin es! Tracy! Was ist mit dir los? Wo kommst du her?«
»Tracy!« wiederholte Bond apathisch. »Tracy! Bleib bei mir! Ich bin übel dran! Ich erzähl dir’s später!«
Die Musik setzte ein.
17
Bond wußte nicht, wie. es ihm gelang, sich auf den Beinen zu halten. Aber schließlich war alles vorbei, und unter allgemeinem Jubel löste sich die Menge auf.
Tracy hakte ihn unter. Er riß sich zusammen und sagte heiser: »Wir müssen in der Menge untertauchen, Tracy. Wir müssen weg von hier. Man ist hinter mir her. Hast du deinen Wagen da?«
»Ja, Liebling. Alles wird wieder gut. Halt dich nur an mir fest. Wartet draußen jemand auf dich?«
»Kann sein. Paß auf einen schwarzen Mercedes auf. Vielleicht gibt’s eine Schießerei. Bleib lieber nicht in meiner Nähe. Ich schaffe es schon allein. Wo steht dein Wagen?«
»Unten in der Straße rechts. Mach keinen Unsinn, ich habe eine Idee. Zieh meinen Anorak an.« Sie zerrte den Reißverschluß auf. »Er wird dir gerade passen.«
»Dann frierst du doch.«
»Tu, was ich sage. Ich habe einen Pullover an und warme Unterwäsche . . . Jetzt den anderen Arm . . . So ist’s recht.« Sie zog den Reißverschluß zu. »Süß siehst du aus, James.«
Der Pelzbesatz des Anoraks duftete nach Parfüm. Es erinnerte ihn an Royale. Das Bewußtsein, eine Verbündete zu haben, nicht mehr allein auf sich angewiesen zu sein, belebte Bond. Er umklammerte ihre Hand und folgte ihr in der Menge, die dem Ausgang zuströmte. Jetzt kam ein kritischer Moment. Blofeld hatte inzwischen Zeit genug gehabt, seine SPECTRE-Kerle herunterzuschicken. Man hatte Bond vom Zug aus gesehen und wußte, daß er nach Samaden gelaufen war. Der Bahnhof stand sicher schon unter Bewachung. Sie vermuteten bestimmt, daß er versuchen würde, in einer Menschenmenge unterzutauchen. Vielleicht würde sich der betrunkene Mann an der Kasse an ihn erinnern. Doch er war wenigstens wieder einigermaßen bei Kräften, vor allem dank Tracy. Er konnte es noch einmal mit ihnen aufnehmen. Er schob das Armband mit der schweren Rolex-Uhr über die Knöchel der rechten Hand.
Sie näherten sich dem Ausgang. Er spähte durch die Schlitze seiner Maske. Zwei der Kerle standen neben dem Kassierer und beobachteten die Herauskommenden scharf, während auf der anderen Straßenseite der schwarze Mercedes mit angelassenem Motor wartete. Nur ein Bluff konnte ihn retten. Er umarmte Tracy und flüsterte ihr zu: »Küß mich, bis wir an der Kasse vorbei sind. Sie sind dort, aber wir werden’s schon schaffen!«
Sie schlang beide Arme um ihn und küßte ihn leidenschaftlich. Inmitten der
lachenden, singenden Menge gelangten sie hinaus. Immer noch eng umschlungen, gingen sie die Straße hinunter. Dort stand der kleine weiße Wagen!
Plötzlich hupte der Mann am Steuer des Mercedes heftig; er hatte Bond wohl am Gang oder an den unmodernen Skihosen erkannt.
»Rasch, Liebling!« drängte Bond.
Tracy warf sich förmlich hinter das Steuer, drückte auf den Anlasser, und der Wagen fuhr schon an, während Bond einstieg. Er blickte zurück. Durch das Rückfenster sah er die zwei Männer auf der Straße stehen. Sie würden sich hüten, vor so vielen Zeugen zu schießen. Sie rannten zum Mercedes, der aber zum Glück in entgegengesetzter Richtung geparkt war. Und schon hatte Tracy die S-Kurve im Dorf genommen, und sie waren auf der Hauptstraße, die Bond vor einer halben Stunde entlanggetaumelt war.
Es würde mindestens fünf Minuten dauern, bis der Mercedes in dem Gewühl gewendet hatte. Tracy fuhr wie der Teufel, aber es war viel Verkehr - klingelnde Schlitten mit fröhlichen Heimkehrern, dazwischen ab und zu ein Auto mit rasselnden Schneeketten. Bond sagte: »Du bist ein Engel, Tracy, aber bitte sei vorsichtig. Wir wollen doch nicht im Graben landen.« Sie warf ihm einen Seitenblick zu und lachte vergnügt: »Das klingt, als ob dir besser ist. Jetzt kannst du doch die alberne Maske abnehmen und meinen Anorak ausziehen. Die Heizung läuft gleich auf vollen Touren. Ich möchte dich gern so sehen, wie ich dich im Gedächtnis
Weitere Kostenlose Bücher