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Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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bitten darf«, sagte er höflich. »Eine kleine Flasche Schnaps. Ich schlafe hier oben so schlecht, vielleicht würde ein Schlummertrunk helfen. Zu Hause nehme ich allerdings Whisky, aber hier ist mir ein richtiger Schnaps lieber.«
    Sie musterte ihn eisig, sagte aber kurz zu dem Kellner: »In Ordnung.« Der Mann nahm Bonds Bestellung entgegen, klappte die Hacken zusammen und verschwand. Gehörte er zu denen, die Campbell im Befragungsraum bearbeiteten? Bond knirschte leise mit den Zähnen. Sollte ihm heute nacht einer von ihnen über den Weg laufen, hätte er nichts zu lachen. Er spürte Fräulein Bunts inquisitorischen Blick, kippte den Wodka auf einen Zug und bestellte noch einen. Er war nun in aggressiver Stimmung und fragte: »Wie geht es eigentlich dem armen Mann, der heute morgen mit der Seilbahn kam? Er sah ja furchtbar aus. Hoffentlich hat er sich erholt.«
    »Er macht Fortschritte.«
    »Wer war das?« erkundigte sich Ruby neugierig.
    »Ein Eindringling. Aber das ist kein Gesprächsthema!«
    »Warum nicht?« meinte Bond unschuldig. »Schließlich gibt es hier oben nicht viel Abwechslung.«
    Sie erwiderte nichts. Bond widmete sich seinem Essen, das er hinauszögerte, bis Fräulein Bunt das Zeichen zum Aufbruch gab. Jetzt war er, abgesehen von den aufräumenden Kellnern, allein im Restaurant. Er stand auf und schlenderte zur Tür. Draußen hingen die Mäntel und Fausthandschuhe der Mädchen ordentlich nebeneinander. Der Gang war leer, die Empfangshalle ebenfalls. Er steckte das größte Paar Handschuhe in seine Windjacke. Die Tür zur Werkstatt stand offen. Der schweigsame Mann war an der Werkbank beschäftigt. Bond trat ein und begann eine einseitige Unterhaltung über das Wetter. Dabei wanderte er umher, die Hände in den Taschen, und betrachtete die Skier an den Wänden. Fast lauter Damenskier - die Bindungen würden zu klein für ihn sein. Doch neben der Tür lehnten die Skier der Lehrer. Das Paar dort mit dem roten V auf den gebogenen Spitzen schien das beste zu sein. Er prägte sich den Standort ein.

15
    Jetzt handelte es sich nur noch darum, die Stunden abzusitzen. Wann würden sie Campbell fertiggemacht haben? Schnelle, harte Folter ist bei einem Mann vom Fach selten wirksam. Der Profi kann das »Spiel« stundenlang hinausziehen, indem er unbedeutende Geständnisse macht und lange, weitschweifige Geschichten erzählt, die erst nachgeprüft werden müssen.
    Blofeld hatte zweifellos seine Leute in Zürich und konnte die Angaben per Funk kontrollieren lassen. Doch das erforderte Zeit. Und wenn dann bewiesen war, daß Campbell gelogen hatte, mußten sie von vorn anfangen. Für Bond hing alles davon ab, ob er Campbell durch sein Verhalten klargemacht hatte, daß er in einer streng geheimen, wichtigen Sache hier war. Würde Campbell sich eine plausible Lüge ausdenken können, die Bond deckte? Hatte er Gift bei sich? Bond schob den Gedanken energisch beiseite. Um ein Haar hätte er sich gewünscht, daß es so wäre!
    Auf jeden Fall mußte er damit rechnen, daß es für ihn nur noch eine Frage von Stunden war. Allerdings konnten sie erst kommen, wenn die Mädchen in ihren Zimmern waren, sonst Würde es zuviel Gerede geben. Nein - sie würden ihn nachts holen und am nächsten Tag erzählen, er sei mit der ersten Kabine ins Tal gefahren. Unterdessen hätten sie seine Leiche längst in einer Gletscherspalte verschwinden lassen.
    Er mußte jetzt alles genau planen. Es hatte aufgehört zu schneien. Man sah den blauen Himmel durch Wolkenfetzen. Auf der Gloria-Abfahrt würde herrlicher Pulverschnee liegen, mindestens dreißig Zentimeter.
    Es gibt hundert Arten von Geheimtinten, aber nur eine stand Bond zur Verfügung, die älteste der Welt: sein eigener Urin. Er ging ins Bad (was mußte das Fernsehauge von seinem Verdauungssystem halten?) und schrieb auf eine leere Seite seines Passes die Namen der Mädchen und die Gegend, aus der sie stammten. Man sah nichts. Ober eine Flamme gehalten, würde die Schrift braun und deutlich zum Vorschein kommen. Er steckte den Paß in die Hüfttasche.
    Das Abendessen verlief ebenso scheußlich wie das Mittagessen. Er bemühte sich, soviel Whisky und Nahrung wie möglich zu sich zu nehmen, machte höflich Konversation und gab vor, die eisige Atmosphäre nicht zu bemerken. Dann drückte er seinen Fuß noch einmal zärtlich an Rubys, entschuldigte sich mit Arbeit und verließ den Saal.
    Er setzte sich an den Schreibtisch und bosselte weiter an dem Stammbaum der Bleuvilles. 21.30 . . .

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