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Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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21.45 . . . 22 Uhr! Er stand auf, reckte sich, ging ins Bad und tat, als bereite er sich für die Nacht vor. Dann schlich er nackt zurück, legte sich ins Bett und löschte das Licht. Er atmete ruhig und begann nach zehn Minuten leise zu schnarchen. Nach weiteren zehn Minuten schlüpfte er wieder heraus und zog mit unendlicher Vorsicht die Skikleidung an. Er schob die Schneebrille auf die Stirn, band ein rotes Taschentuch vor Mund und Nase, steckte Schnapsflasche und Paß ein und nahm die Uhr mit dem schweren Metallband wie einen Schlagring in die rechte Hand.
    Nun war er bereit. Behutsam öffnete er mit dem Plastikstreifen die Tür und spähte auf den Gang. Aus der Empfangshalle drang ein Lichtschimmer; der Wächter saß dort, über eine Zeitung gebeugt. Mit schnellen Schritten schlich
    Bond heran und versetzte ihm einen wuchtigen Schlag in den Nacken. Der Kopf des Mannes schlug hart auf die Tischplatte, wurde zurückgeschleudert und drehte sich Bond zu. Bond landete einen rechten Schwinger in seinem Gesicht. Der Körper rutschte vom Stuhl auf den Teppich. Bond beugte sich über ihn . . . Keine Herztöne mehr! Er richtete sich auf. Es war der Mann, den er am Morgen des Unfalls allein von der Bobbahn hatte zurückkommen sehen. Ausgleichende Gerechtigkeit!
    Das Telefon läutete. Bond nahm den Hörer ab und fragte durch das Taschentuch: »Ja?«
    »Alles in Ordnung?«
    »Ja.«
    »Wir holen den Engländer in zehn Minuten. Kapiert?«
    »Ja.«
    Schweiß stand auf Bonds Stirn. Was für ein Glück, daß er geantwortet hatte! In zehn Minuten! Auf dem Pult lag ein Schlüsselbund. Er eilte damit zur Haustür. Erst der vierte Schlüssel paßte. Dann holte er die ausgesuchten Skier. Die Stöcke standen daneben. Er trug beides hinaus, schloß die Haustür von außen ab und warf den Schlüsselbund in den Schnee.
    Kostbare Minuten gingen verloren, während Bond die Bindungen befestigte. Schließlich richtete er sich auf und streifte die Fausthandschuhe über die klammen Finger. Er nahm die Stöcke auf und stieß sich ab. Es ging ganz gut! Er zog die Schneebrille über die Augen und versuchte, mehr Fahrt zu bekommen, was in dem tiefen Pulverschnee mißlang. Er schnellte sich mit den Stöcken vorwärts, so rasch er konnte. Was für eine Spur mußte er hinterlassen - wie eine Straßenbahnschiene! Sobald sie die Haustür geöffnet hätten, wären sie ihm auf den Fersen. Endlich erreichte er den Start der Gloria-Abfahrt. In Schußfahrt raste er den ersten Steilhang hinunter. Schwung nach links! Da drüben waren die drei Flaggen. Ihre Farben konnte er im Mondschein nicht ausmachen.
    Von der Karte her erinnerte er sich, daß die rote Piste im Zick-Zack-Kurs genau unter den Kabeln der Seilbahn verlief. Er würde sein Glück versuchen.
    Während er die Schneebrille zurechtrückte, hörte er vom Gipfel einen lauten Knall. Eine Leuchtkugel schwebte langsam herunter, dann eine zweite und immer mehr. Der Hang war taghell! Gleichzeitig begannen die Kabel der Seilbahn über ihm zu summen! Sie schickten die Kabine hinter ihm her! Als nächstes würden sie ihm einen Mann mit einem Revolver nachhetzen!
    Er nahm den zweiten Abhang vorsichtiger als den ersten. Wie schnell fuhr diese verdammte Kabine? Zwanzig, dreißig Kilometer? Er hörte, wie sie den ersten Mast passierte. Seine Knie schmerzten. War das links eine rote Flagge? Das Magnesiumlicht hing nun genau über ihm.
    Rechts eine laute Detonation . . . eine Schneefontäne schoß hoch. Links ein weiterer Einschlag . . . Sie hatten einen Granatwerfer in der Kabine! War der nächste Schuß sein Ende? Im gleichen Augenblick explodierte eine Granate direkt vor ihm und schleuderte ihn zu Boden.
    Taumelnd kam Bond wieder auf die Beine. Er keuchte und spuckte Schnee. Eine Bindung war aufgegangen. Mit zitternden Fingern befestigte er sie wieder. Der nächste Einschlag! Daneben! Er mußte aus der Schußlinie kommen! Links war doch eine Flagge gewesen?
    16
    Keuchend fuhr er weiter. Da war die Flagge. Er hielt an und sah zurück. Die Kabine bewegte sich nicht mehr. Sie hatte Telefonverbindung mit der Berg-und Talstation, aber warum war sie stehengeblieben? Warum schössen sie nicht mehr? Die Antwort folgte sofort. Hoch über ihm, vom ersten Steilhang der Abfahrt, blitzte Mündungsfeuer auf, und kleine Schneefontänen spritzten um ihn hoch. Sie waren hinter ihm her! Sein Sturz hatte ihn kostbare Minuten gekostet. Wieviel Vorsprung hatte er noch? Im besten Fall zehn Minuten. Eine Kugel streifte einen seiner

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