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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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beobachtete einen Mann, der auf die Kutsche zukam. In seiner dunklen Kleidung wirkte er wie ein Buchhalter, und er hatte einen leichten Bauchansatz. Er sah nicht nach links und nicht nach rechts, sondern hielt den Blick auf das Pflaster gerichtet, als sei er ausgelaugt von den Härten des Lebens und seines Berufs. In Bordeaux und Paris hatte sie schon viele Männer wie ihn gesehen. Als er ganz nah an ihr vorbeiging, entdeckte sie graue Haare in seinen buschigen Augenbrauen, und seine Mundwinkel waren verdrießlich herabgezogen. Sie schätzte ihn auf Mitte vierzig, doch irgendwas an ihm weckte ihre Neugier, und sie blickte ihm hinterher.
    Etwas an ihm stimmte nicht. Verwirrt runzelte sie die Stirn. Irgendetwas …
    Plötzlich gab es einen Tumult, als ein bellender Hund eine Katze direkt vor dem Pferd des hinter ihnen fahrenden Fuhrwerks über die Straße jagte. Das Pferd scheute, und der Büroangestellte sprang erschrocken zur Seite. Als er schließlich weiterging, hatte sich seine Körperhaltung verändert. Mélusine starrte ihm ungläubig nach. Als er in den Innenhof eines Wirtshauses einbog, war sie sich sicher.
    „Jean-Baptiste!“ Sie fingerte ungeschickt am Türriegel herum und wäre beinahe aus der Kutsche gefallen, so wild entschlossen war sie, ihn nicht wieder aus den Augen zu verlieren.

16. KAPITEL
    „Jetzt, wo du hier bist, können wir …“ La Motte wurde durch den Butler unterbrochen, der mit einer Nachricht in sein Arbeitszimmer trat. Er nahm sie entgegen, erbrach das Siegel und wartete, bis der Bedienstete sich zurückgezogen hatte, ehe er zu lesen begann. „Verdammt!“, rief er. „Heute Morgen ist schon wieder Geld vom Erpresserkonto abgehoben worden. Robson war nicht schnell genug, den Mann zu identifizieren und zu verfolgen.“
    „Zumindest bestätigt das unseren Verdacht, dass er dich als Einkommensquelle benutzt“, stellte Pierce fest. Seit ihm klar geworden war, dass Séraphin nicht der Erpresser war, hatte ihn die Angst umgetrieben, dass bei seiner Rückkehr nach England der Beweis für La Mottes Beteiligung an Schmuggelgeschäften bereits in die Hände seiner Feinde geraten war. Mit einem allein von Geldgier angetriebenen Menschen konnte man sehr viel leichter umgehen als mit jemandem, der den Beweis für La Mottes ungesetzliche Aktivitäten nutzen wollte, um ihn zu vernichten.
    „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal froh sein würde, von einem Erpresser ausgenommen zu werden, aber du hast recht“, stimmte La Motte zu. „Die erste Abhebung erfolgte zwei Wochen nach Eingang des Originalbriefs, diese hier sechs Wochen später. Er hatte monatliche Zahlungen verlangt, daher ging ich davon aus, die Abhebungen würden nach dem gleichen Muster erfolgen.
    „Entweder er versucht, Spuren zu verwischen, oder er musste seine Pläne ändern“, meinte Pierce. „Vielleicht ist er krank geworden. Der Beschreibung nach, die du von ihm hast, ist er ein langsam ergrauender Mann mittleren Alters.“
    „Er soll gesund bleiben, bis wir das Beweisstück wieder in Händen haben“, entgegnete La Motte. „Danach kann er von mir aus zum Teufel gehen – aber was ist das?“
    Pierce hörte gedämpfte Stimmen aus der Halle. Die eine glaubte er wiederzuerkennen, und dann vernahm er eine andere, auf die er besonders ansprach. Er sprang auf und war schon auf dem halben Weg zur Tür, als ihm einfiel, dass er wohl das Opfer frommen Wunschdenkens war. Er hatte nur gedacht, Mélusines Stimme zu hören, weil er sie hören wollte . Sie konnte unmöglich in London sein. Er kam sich ein wenig töricht vor, aber da er fast an der Tür war, ging er weiter und öffnete sie.
    Mélusine umfasste Saint-Andrés Arm und redete drängend auf ihn ein. „Sie müssen ihm sagen, er soll Pierce ausrichten …“
    Sie wusste nicht, dass der Butler brauchbares Französisch sprach, aber das war nicht Pierces erster Gedanke. Das Erste, was er empfand, war eine ungläubige Freude, sie zu sehen. Das Zweite war, dass er es vorgezogen hätte, wenn sie sich nicht ganz so eng an Saint-André geklammert hätte.
    „Was möchtest du mir sagen?“, fragte er.
    Beim Klang seiner Stimme fuhr sie augenblicklich herum. Ein Leuchten huschte über ihr Gesicht, als sie ihn in der Tür stehen sah. Sofort ließ sie Saint-André los und eilte auf ihn zu. „Ich habe ihn erkannt!“, rief sie atemlos. „Daniel behält ihn jetzt im Auge.“
    „Wen denn?“ Er nahm sie in die Arme.
    „Jean-Baptiste, meinen früheren Diener.“
    „ Wie bitte

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