Im Dienste Der Koenigin
beiden jungen Mädchen eine Weile heimlich miteinander, und wer sie beobachtet hätte, dem wäre nicht entgangen, wie nach anfänglichem heftigem Kopfschütteln Céleste allmählich zugänglicher wurde, bis sie endlich durch ein Nicken ihr zögerndes Einverständnis mit Maries Vorschlag signalisierte. Einer aber hatte es genau beobachtet:
Abbé Florentin, der auch mitbekam, dass gleich darauf das Kind das Hochzeitsfest, das noch bis zum Morgen mit Musik und Tanz gefeiert wurde, verließ. Er schlich Céleste hinterher und sah sie im Schlafgemach des Hochzeitspaares verschwinden.
Und abermals an diesem Tag schickte der kleine Geistliche ein Stoßgebet gen Himmel …
Niemand vermisste die Kleine - am allerwenigsten der sich immer verliebter gebärdende Ehemann, Charles d’Albert, der nicht gerade wenig Alkohol konsumiert hatte, um seine Verlegenheit und sein Unbehagen zu bekämpfen.
Er war froh, als die neugierige Hochzeitsgesellschaft, die nach altem Brauch das jungvermählte Paar bis ins Schlafzimmer geleitete, verschwunden war. Endlich konnte er sich nackt ins Bett fallen lassen, wo bereits seine Braut in ihrem Spitzennachthemd der Dinge harrte, die da - vielleicht - sich ereignen würden.
Seiner jungen Gemahlin jedoch wurde beinahe übel, als der letzte der Gäste das Gemach verlassen hatte. Unausweichlich rückte der Augenblick näher, vor dem sie sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen hätte.
»Warum nur bin ich nicht standhaft geblieben und habe mich gegen diesen Gatten gewehrt?«, fragte sie sich bereits zum hundertsten Mal. »Sogar das Leben hinter Klostermauern wäre besser als das, was mir jetzt blüht!«
Sie konnte ja nicht wissen, mit welchen Bedenken sich ihr Mann bereits seit Stunden herumschlug.
»Gütiger Himmel«, überlegte der schon den ganzen Abend, »werde ich überhaupt in der Lage sein, meine Pflicht als Ehemann zu erfüllen? Marie ist noch Jungfrau, hat mir der Abbé versichert. Werde ich, der ich seit Jahren meine Entspannung und Befriedigung nur bei Männern gefunden habe, es überhaupt schaffen, sie zu meiner Frau zu machen?« Es war ihm alles andere als wohl zumute und nur sehr zögerlich wandte er sich seinem jungen Weibe zu.
Marie, die instinktiv die Hemmungen ihres Gatten spürte, wollte ihm das Ganze erleichtern, denn sie empfand ihn auf
einmal gar nicht mehr als so bedrohlich und auch nicht als widerwärtig.
»Ich werde mein Möglichstes tun und ihm - und mir - die Pflichten der Hochzeitsnacht erleichtern«, nahm sie sich in einem Anfall von Tapferkeit vor, als sie sein Zaudern bemerkte.
Sie drehte sich auf die Seite, um ihn voll ansehen zu können, und Charles d’Albert, dem beinahe schlecht wurde vor Angst, als Ehemann zu versagen, rang sich zu folgendem Satz durch:
»Madame, wenn Ihr Euch nicht wohlfühlen solltet, oder wenn Euch die Feierlichkeiten zu sehr ermüdet haben, können wir den Vollzug unserer Ehe auch gerne verschieben, bis zu einem Zeitpunkt, zu dem es Euch genehmer ist.«
Herr im Himmel! Hier tat es sich auf, das bequeme Schlupfloch, durch das sie der peinlichen Angelegenheit entrinnen konnte. Blitzschnell überlegte Marie. Um Gottes Willen, jetzt nur keine falsche Entscheidung treffen!
Zum Glück war ihr Verstand wieder äußerst wach - die Wirkung des genossenen Alkohols war längst verflogen - und sie erkannte, dass die Konsequenzen einer nicht sofort vollzogenen Ehe unter Umständen verheerend wären.
Auch der König hatte seine Ehe, die seit über zwei Jahren bestand, dem Vernehmen nach immer noch nicht »konsumiert«. Dies war eine kuriose Tatsache, die der Königin ihr Dasein am Hof sehr erschwerte und sie überdies kinderlos bleiben ließ. Ein Umstand, der es dem König aber jederzeit erlaubte, sie zu verstoßen, um eine andere Gemahlin zu heiraten.
Und wie Marie wusste, pflegten verstoßene Frauen von regierenden Herrschern und anderen hohen Herren im Allgemeinen auf Nimmerwiedersehen in einem Kloster zu verschwinden.
Wer konnte schon wissen, was ihrem Gemahl möglicherweise einfiele? Darüber hinaus war ihr die Gepflogenheit
nicht unbekannt - Stiefmutter Gabrielle war hier zum Glück sehr offen gewesen -, dass die Gesellschaft verheirateten Frauen, die bereits ein Kind zur Welt gebracht hatten, ein viel freizügigeres Leben gestattete als noch jungfräulichen, deren Tugend mit Argusaugen bewacht wurde.
Die Lebensweise ihres Gatten ließ sie damit rechnen, die meiste Zeit ohne ihn verbringen zu müssen. Wie schrecklich wäre es da,
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