Im Dienste Der Koenigin
Louvre einzuziehen.
Marie erlebte mit gemischten Gefühlen mit, wie die Witwe Heinrichs IV. im Triumph an den Hof zurückkehrte, in ihrem Schlepptau ihr früherer Staatssekretär und Liebhaber, der schöne und intrigante Bischof von Luçon, der Herzog de Richelieu - wie er sich jetzt nennen durfte.
Charles d’Albert hatte des Öfteren mit Blick auf den großen, schlanken, dunkelhaarigen Mann im wehenden violetten Bischofsmantel prophezeit, dieser habe als Favorit der Königinmutter noch eine steile Karriere am Hof vor sich. Nun, man würde ja sehen …
Auch seiner ungeliebten und vernachlässigten Gemahlin Anna wandte sich der König wieder zu.
»Es sieht so aus, als wolle Seine Majestät einen völlig neuen Anfang machen«, meinte Marie, als die Schwester ihr in ihrem Boudoir das herrliche blonde Haar - das, über die Schultern fallend, ihr mittlerweile bis zum Gesäß reichte - mit kräftigen, gleichmäßigen Strichen bürstete. Beide waren noch im Negligé.
»Dem König geht es nur um einen Sohn, an seiner Gemahlin liegt ihm nicht das Geringste«, widersprach Céleste sofort.
»Da könntest du recht haben. Der Stamm der Bourbonen darf um Himmels willen nicht aussterben! Und zwar soll der Samen durch Seine Majestät selbst weitergegeben werden, nicht durch seinen jüngeren Bruder Gaston, den viele für einen Schwachsinnigen halten«, bemerkte die Herzogin und verzog ihr schönes Gesicht zu einer Grimasse.
Marie wurde - mittlerweile war es Sommer geworden - zu ihrem größten Missbehagen seit April dieses Jahres - drei Monate nach der Geburt ihrer Tochter Anne Marie - ab und an wieder ins Schlafgemach des Königs eingeladen, wo der Monarch sich ihrer jeweils mehrmals »bediente«.
Da sie jedoch nicht mehr so reagierte, wie Ludwig es von ihr gewohnt war, durfte sie danach meist das königliche Schlafzimmer verlassen.
Er bestand im Allgemeinen nicht mehr darauf, sie die ganze Nacht über bei sich zu behalten, da er zu spüren schien, dass sie mit ihren Gedanken ganz woanders war. Nachdem sich Marie mit der unglücklichen Königin herzlich angefreundet hatte, waren ihr die »Huldigungen« Ludwigs ausgesprochen zuwider.
Zum Glück verstand die Freundin, dass Marie sich nicht einfach weigern konnte. Sie wusste schließlich, dass der König sehr ungnädig reagierte, wenn man ihm einen Wunsch abschlug.
»Was dieser Monarch von Freundschaft hält, konnte ich ja hautnah miterleben«, fauchte Marie, als Céleste das heikle Thema anschnitt. »Es scheint beinahe so zu sein, als hätte Charles d’Albert nie existiert.«
Sooft der König sie in der Folgezeit bestieg, dachte Marie an die zahlreichen Zuwiderhandlungen, derer sie sich neuerdings »schuldig machte« - womit sie jedoch das Leben Annas zu erleichtern half. Das begann damit, dass sie Briefe an die Königin weitergab, ohne diese zuerst der demütigenden Zensur durch Maria de Medici zu überantworten, und endete bisweilen damit, dass die jungen Frauen - jede von ihnen unglücklich, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen - sich bogen vor Lachen, weil Marie es so trefflich verstand, die abscheuliche Königinmutter nachzuäffen.
Hin und wieder war es sogar Seine Majestät, welche Maries umwerfender Spottlust zum Opfer fiel … Aber das blieb eine Ausnahme, denn die Habsburgerin war trotz allem eine sehr loyale Gattin. Immerhin war ihre Ehe vor Gott geschlossen worden - das zu glauben, war sie als fromme Katholikin verpflichtet. Außerdem war es eine Sünde, den eigenen Mann zu verspotten …
Wenn es irgendwie möglich war, lenkte Marie den Zorn des Königs von seiner Gemahlin ab, indem sie ihm beispielsweise während ihres Beisammenseins ganz vorsichtig Gerüchte darüber ins Ohr flüsterte, welche Infamien Richelieu, der Günstling seiner Mutter, sich gegen die Sympathisanten Ludwigs wieder hatte einfallen lassen …
Es war am Hof kein Geheimnis, dass Richelieu seinerseits versuchte - auf Wunsch Marias von Medici -, den König gegen seine Gemahlin aufzuhetzen.
Marie de Luynes war indes selig, dass sie und Anna so enge Vertraute geworden waren. Freundschaft an diesem Herrscherhof - wo jeder gegen jeden intrigierte - war etwas sehr Seltenes und Kostbares.
Außer ihrer Schwester hatte Marie zuvor nie eine »echte« Freundin gehabt. Alle Edeldamen ihres Alters waren in erster Linie neidische Konkurrentinnen …
KAPITEL 18
BALD DARAUF VERMOCHTE Anna ihrem Mann von einer erneuten Empfängnis Mitteilung zu machen. Der Monarch überschüttete sie
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