Im Dienste Der Koenigin
wissend, dass Anna darüber längst im Bilde war -, nahm sie die Königin für sich ein.
»Ich habe mir fest vorgenommen, die sündige Beziehung zum König zu beenden, Madame. Ich habe bisher nur nicht gewusst, wie ich das bewerkstelligen kann, ohne mir Seine
Majestät zum Feind zu machen oder meinem Gemahl zu schaden«, gestand sie.
Nun aber, da sie »Mutterfreuden« entgegensehe, sei es ihr ein Leichtes, den Monarchen abzuweisen.
Noch ahnten die beiden jungen Frauen nicht, dass sie von nun an für den Rest ihres Lebens einander verbunden sein würden durch eine Freundschaft mit ebenso vielen Höhen wie Tiefen. Für den Augenblick lagen sie sich gerührt in den Armen und eine jede erkannte in der anderen die so lange vermisste Seelenverwandte.
Wie es sich zeigte, wurde Marie der gute Vorsatz, ihre Liebesbeziehung zum König zu beenden, durch Ludwig selbst erleichtert, da sich dieser wieder ganz auf de Luynes konzentrierte und nicht mehr nach dessen Frau schicken ließ.
Charles d’Albert, dem die plötzliche Vertrautheit zwischen Marie und Anna nicht entging, machte sich allerdings seinen eigenen Reim darauf.
»Ich weiß, warum Ihr Euch bei der Königin einschmeichelt, Madame«, sagte er eines Abends spöttisch zu ihr. »Gewiss habt Ihr bemerkt, dass mein Stern am Hof im Sinken begriffen ist - trotz der zur Schau getragenen Zuneigung des Königs. Der gesamte Hochadel arbeitet seit geraumer Zeit an meinem Sturz - bin ich in seinen Augen doch nur ein mieser, kleiner Emporkömmling, dessen Qualitäten vornehmlich im Boudoir zum Tragen kommen.
Falle ich, liegt auch Ihr möglicherweise am Boden, Madame. Dem trachtet Ihr nun vorzubeugen, indem Ihr Euch der Königin andient. Passt nur auf, dass Ihr dabei nicht aufs falsche Pferd setzt, Madame.«
Das klang nicht nur verbittert, sondern schon boshaft. Marie war verärgert und unterließ es fortan, mit dem Konnetabel
über ihre Freundschaft mit der Königin zu sprechen. Marie selbst wusste ja, dass es nicht Berechnung gewesen war, die sie die Nähe Annas hatte suchen lassen.
Missgestimmt und übellaunig erlebte Marie die Monate ihrer ersten Schwangerschaft, obwohl es ihr körperlich ausgezeichnet ging. Keines der sonst üblichen Wehwehchen plagte sie - außer, dass sie immer unförmiger wurde. Ihr Gemahl behandelte sie wie ein rohes Ei und verkniff sich in der Folgezeit alle spöttischen Bemerkungen; er trug sie sozusagen auf Händen und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab.
Nicht einmal ihre zahlreichen Launen störten den werdenden Vater, der sich vor Stolz kaum zu fassen wusste.
Als das Kind im Sommer des Jahres 1620 das Licht der Welt erblickte, ging die Geburt vollkommen unspektakulär vonstatten.
»Man könnte denken, dass das Gebären deine Lieblingsbeschäftigung ist«, kicherte Céleste und reichte ihrer Schwester den Säugling, nachdem die vom Herzog fürsorglich ausgesuchte Amme ihn gestillt hatte. Es kam nicht in Frage, dass eine höhergestellte Dame ihrem Kind die Brust gab - aus Sorge um die Figur.
»Hör mir bloß damit auf«, knurrte Marie und rollte mit den Augen, als ihr Söhnchen, Louis Charles, etwas Milch auf ihr weißes Seidennachthemd spuckte. »Mein Bedarf am Kinderkriegen ist ein für alle Male gedeckt.«
Ihrer Schwester fiel auf, dass Marie den winzigen Knaben recht ungeschickt im Arm hielt - so, als hätte sie Angst, ihm wehzutun. Eigentlich passte das nicht so ganz zu ihrer lautstarken Behauptung, für das Kind nicht viel übrig zu haben.
Céleste nahm ihr dies auch nicht so recht ab. Hatte doch ausgerechnet Marie am väterlichen Hof in Lothringen sich
stets sehr fürsorglich der zahlreichen jüngeren Geschwister angenommen. Céleste selbst konnte schließlich ein Lied davon singen …
Bereits vor der Niederkunft war festgelegt worden, den Kleinen zu Pflegeeltern aufs Land zu geben, wo er in »guter Luft« aufwachsen sollte. Marie nahm sich vor, ihren Sohn so oft wie möglich zu besuchen, um sich von seinem Wohlergehen zu überzeugen. Ihrem Mann nahm sie die Beschwerden der Schwangerschaft noch längere Zeit übel und es dauerte fast drei Monate, ehe sie erneut gestattete, dass Charles d’Albert sich ihr näherte …
KAPITEL 17
SEINE AHNUNG HATTE Charles d’Albert de Luynes nicht getrogen. Die Zuneigung des Herrschers zu ihm erkaltete allmählich im Laufe der Jahre 1620 und 1621, ebenso wie Ludwigs physisches Begehren sich verflüchtigte.
Die seit Jahren neidischen Höflinge stürzten sich auf den »ausgemusterten«
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