Im Dienste Der Koenigin
haben schien, revidierte der launische Monarch kurze Zeit nach seiner Rückkehr nach Paris
sein Verdikt und holte Marie de Luynes wieder zurück an den Hof.
Marie wusste, dass dies nicht geschah, weil der König seiner Gemahlin einen Gefallen tun wollte, sondern weil er bemerkte, dass mit Maries Verbannung eine auffallende Leere am Hof entstanden war. Wie hatte Céleste es so treffend ausgedrückt?
»Ludwig liebt es, sich mit schönen und geistreichen Hofdamen zu schmücken. Er brüstet sich damit vor den ausländischen Diplomaten. Außerdem glaubt er, dadurch die Gerüchte über sein sexuelles Interesse an Männern zum Verstummen zu bringen.«
In Kürze war Marie wieder voll rehabilitiert - die alleinige Schuld der Fehlgeburt beliebte der König jetzt bei seiner Gemahlin Anna zu sehen.
Das Leben der unglücklichen Königin verschlimmerte sich dadurch dramatisch: Ludwig strafte sie fortan durch konsequente Nichtbeachtung.
»Es ist so, als existiere Ihre Majestät überhaupt nicht mehr. Selbst, wenn sich Anna im selben Raum wie der König aufhält, richtet er kein einziges Wort an sie.« Céleste hatte Marie selten so aufgebracht erlebt. »Hat Ludwig ihr wirklich einmal etwas Wichtiges mitzuteilen, wird ihr dies neuerdings von Bediensteten ausgerichtet.
Und weißt du, Céleste, was das Allerschlimmste dabei ist? Anna wehrt sich mit keinem Wort. Klaglos nimmt sie alle Strafmaßnahmen hin - mögen diese noch so absurd und unverschämt sein! Sie kommt sich selbst schuldig vor an der Fehlgeburt, daher leidet sie schweigend und voller Demut.«
Anna wurde nun Tag und Nacht gnadenlos überwacht. Jeder Brief, den sie an ihren Bruder Philipp, den König von Spanien,
sandte, wurde zensiert und der Kontakt zum spanischen Botschafter auf einmal pro Woche begrenzt.
Zu Recht fühlte sie sich von allen verlassen - außer von Marie.
Diese plagte indes das schlechte Gewissen - hatte sie selbst doch als eine ihrer ersten Aktionen am Hof alle spanischen Freunde der Königin entlassen. Marie bemühte sich zwar nach Kräften, den guten Ruf der »verdammten Habsburgerin« (wie ihr hasserfüllter Ehemann sie zu nennen pflegte) zu schützen, aber gegen die geballte Macht von Maria de Medici und ihrer Clique, samt Richelieu, dem machtgierigen Bischof von Luçon, kam sie nicht an.
Vielmehr brachte sie ihre eigene Position damit in Gefahr: Eines Tages überreichte ihr ihre Zofe Sophie ein anonymes Schreiben, in dem ein »wohlmeinender Freund« sie davor warnte, sich bezüglich der Königin zu weit aus dem Fenster zu lehnen: Sie könnte damit den Unwillen Seiner Majestät, des Königs, auf sich ziehen …
Bald darauf sollte sich auf Wunsch des Königs ein neuer Mann um Marie kümmern: Monsieur Claude de Lorraine, Herzog de Chevreuse, der »beste« Beziehungen zum König pflegte, wurde Maries zweiter Ehemann.
Er war nur mittelgroß, neigte bereits mit Mitte dreißig zur Fülle und sein Gesichtsausdruck verhieß Gutmütigkeit, aber keine allzu große Intelligenz. Marie heiratete ihn auf Ludwigs Geheiß Mitte des Sommers 1622, bereits ein knappes halbes Jahr nach dem Tod ihres ersten Gemahls.
Marie war sich von Anfang an sicher, ihn nie lieben zu können, war aber so klug, sich ihre Abneigung nicht anmerken zu lassen, um den König nicht unnötig gegen sich aufzubringen.
»Was würde mir trotziger Widerstand schon nützen?«,
fragte sie kühl und gefasst ihre Schwester, als diese im ersten Zorn ihr riet, sich nicht einfach wie ein Dienstbote verschachern zu lassen. »Wenn ich den König allzu sehr verärgere, zwingt er mich womöglich, Paris und den Louvre zu verlassen. Und wohin sollte ich dann gehen? Etwa wieder nach Hause? Ich würde in Lothringen oder in der Bretagne beim anderen Teil unserer Familie sterben vor Langeweile.«
Marie zog also mit Céleste, ihrem Hausrat sowie ihren Dienstboten - zu denen unter anderem ihre Zofe Sophie, der Hofmeister Lambert und der Abbé Florentin gehörten - in das nicht weniger prunkvolle Palais de Chevreuse.
Claude de Lorraine - obwohl überwiegend dem eigenen Geschlecht zugeneigt - hatte sich wie sein Vorgänger de Luynes rettungslos in seine Frau verliebt. Vom ersten Tage an war er der schönen Marie wie ein Schoßhündchen ergeben und ertrug klaglos ihre Launen und Kapriolen.
Céleste war mittlerweile fünfzehn Jahre alt und eine sehr genaue Beobachterin aller Vorgänge daheim und am Hof. Gerade weil sie ein Leben im Schatten ihrer bezaubernden Schwester Marie führte, beachtete
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