Im Dreieck des Drachen
Schwerkraft, desto mehr wiegt etwas.«
»Gut, das kapiere ich.«
»Na ja, das Gegenteil trifft auch zu. Je weniger Schwerkraft, desto weniger wiegt etwas.«
Allmählich begriff Jack. »Also verändert der Kristall nicht die Masse eines Dings, sondern die Wirkung, die die Schwerkraft darauf ausübt.«
»Genau. Sodass der magnetische Basalt weniger wiegt.«
»Aber wie?«
Charlie rollte Jack ein Basaltstück zu. Er fing es auf. »Weißt du überhaupt, was Schwerkraft ist?«
»Natürlich, das ist … na ja, das ist … na gut, du Klugscheißer, was ist Schwerkraft?«
»Der allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins zufolge handelt es sich bei Schwerkraft lediglich um eine Welle.«
»Wie bei einer Radiostation?«
»So ähnlich. Die Frequenz der irdischen Schwerkraft ist auf 10 12 Hertz bestimmt worden, irgendwo zwischen Kurzwelle und Infrarot. Wenn man einen Körper dazu bringen kann, bei dieser Frequenz zu schwingen, verliert er sein Gewicht.«
»Und der Kristall bringt das fertig?«
»Ja. Er strahlt Energie ab. Er magnetisiert das Eisen innerhalb des Basalts, was die Kristallstruktur zum Schwingen bringt. Wenn er mit einer Frequenz schwingt, die der Schwerkraft entspricht, verliert der Stein sein Gewicht.«
»Und das hast du alles über Nacht herausbekommen?«
»Eigentlich habe ich das in der ersten Stunde des Experimentierens mit dem Kristall herausgefunden. Das war der einfache Teil. Aber die Energie zu verstehen, die der Kristall abstrahlt – das war der schwierige Teil.« Charlie grinste ihn erschöpft an.
»Du hast sie verstanden?«
»Ich habe meine Theorie.«
»Oh, rück schon raus damit! Sag’s mir!«
»Es ist dunkle Energie.«
Jack seufzte, in Erwartung einer weiteren Lektion. »Und was ist dunkle Energie?«
»Das ist eine Kraft, die ein Kosmologe namens Michael Turner in einem Artikel in den Physical Review Letters beschrieben hat.« Charlie nickte zu einem der Blätter hinüber, die an die Wand geheftet waren. »Nach dem Urknall hat sich das Universum in alle Richtungen ausgebreitet. Und das tut es nach wie vor. Aber nach den neuesten Untersuchungen der Bewegung ferner Galaxien sowie der Helligkeit von Supernovas ist es inzwischen allgemein anerkannte Tatsache, dass die Expansionsgeschwindigkeit zunimmt.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Das Universum dehnt sich immer rascher aus. Zur Erklärung dieses Phänomens muss eine neue Kraft postuliert werden – ›dunkle Energie‹. Eine seltsame Kraft, die das Universum durch rückstoßende Schwerkraft weiter expandieren lässt.«
»Und du meinst, diese Energie, die der Kristall abstrahlt, ist vielleicht dunkle Energie?«
»Ist eine Theorie. Ich arbeite noch an einem Beweis. Aber es ist eine Theorie, die möglicherweise auch die Substanz des Kristalls erklären könnte. Dunkle Energie ist an ein weiteres theoretisches Stück Physik gebunden – an dunkle Materie .«
Jack verdrehte die Augen.
Charlie kicherte. »Was siehst du, wenn du zum nächtlichen Sternenhimmel aufschaust?«
»Sterne?«
»Genau, Mann ! Das nennen die Astronomen leuchtende Materie. Material, das wir sehen können. Material, das den Himmel erhellt. Aber von dem beobachtbaren Material gibt es nicht genügend, um die Bewegung der Galaxien oder die gegenwärtige Expansionsrate des Universums erklären zu können. Den Berechnungen der Physiker zufolge muss es für jedes Gramm leuchtender Materie neun Gramm geben, die wir nicht sehen können. Unsichtbare Materie.«
»Dunkle Materie.«
»Genau.« Charlie nickte, und sein Blick flackerte zu dem Kristall hinüber. »Wie wir wissen, ist vieles von der fehlenden Materie einfach bloß ganz normaler Stoff: schwarze Löcher, dunkle Planeten, braune Zwerge und anderes, das unsere Teleskope einfach nicht entdecken konnten. Aber da neunzig Prozent der Materie des Universums nach wie vor fehlt, haben die meisten Physiker den Verdacht, dass die wahre Quelle der dunklen Materie etwas völlig Unerwartetes sein wird.«
»Wie unser Kristall, der dunkle Energie abstrahlt?«
»Warum nicht? Der Kristall funktioniert wie ein perfekter Superleiter. Er absorbiert Energie so vollständig, dass er mit den meisten Untersuchungsmethoden zur Überprüfung seiner Anwesenheit gar nicht zu entdecken wäre.«
»Also haben die Astronomen die ganze Zeit über in die falsche Richtung geschaut. Statt im nächtlichen Himmel hätten sie unter den eigenen Füßen nachsehen sollen.«
Der Geologe zuckte die Schultern.
Schließlich verstand Jack, worauf
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