Im Dreieck des Drachen
anzurufen und alles einzugestehen. Das Schicksal der Welt hing davon ab, dass jemand handelte … irgendjemand. Aber sie wusste genau, dass ihre Chance, jemand Zuständigen zu überzeugen, mehr als dürftig war. Die DVD mit den Daten von der Fathom war zusammen mit dem Leichnam von Dr. Cortez verschwunden. Und wer würde einer Frau Glauben schenken, die gerade ein hoch dekoriertes Mitglied des amerikanischen Militärs enthauptet hatte?
Karen kratzte sich den Kopf, während ihr Herz heftig schlug. Es musste einen Ausweg geben.
Wie sie so auf und nieder schritt, erschütterte ein kleines Beben den Boden. Sie blieb stehen. Die Vibrationen liefen ihr die Beine hinauf, und sie hielt den Atem an. Ein Tiefseebeben war genau das, was sie jetzt unbedingt brauchte. Sie ging zu einem der Bullaugen. Als sie hinausspähte, erstarb das Geklapper. Ein verblassender Lichtschein lenkte ihren Blick auf sich. Er kam von dem Obelisken.
Mit zusammengekniffenen Augen musterte Karen die Säule. Merkwürdig.
Plötzlich strahlte die Säule wieder hell auf, und wieder zitterte der Boden. Sie stützte sich mit den Händen an der Wand ab. In dem kurzen Moment, als das Licht aufflammte, sah sie da draußen etwas Metallisches glitzern.
Da war was!
Das Beben hörte auf, und das Licht verblasste.
Sie strengte die Augen an – konnte jedoch nichts weiter erkennen.
»Was war das?«, murmelte sie in sich hinein.
Während sie so dastand, die Arme eng um sich gelegt, überlegte Karen, wie sie es herausfinden könnte.
10.18 Uhr
Nautilus
Mit klappernden Zähnen und geschwächt von der verbrauchten Luft bemühte sich Jack, mithilfe der Greifarme einen weiteren Felsbrocken aus dem Schlamm zu graben. Von den ersten vier Steinen hatten zwei die Säule getroffen. Nicht schlecht.
Als das Tauchboot zuvor leblos auf dem Meeresgrund gelegen hatte, war ihm Charlies Lektion über die Empfindlichkeit der Säule gegenüber Energie eingefallen, sogar gegenüber kinetischer Energie – sollte heißen, wenn etwas darauf einschlug. Er hatte gerade noch genügend Strom in den Batterien, um mit einem der Greifarme Steine auf die Säule zu schleudern. Der Boden bebte, die Säule flammte auf. Doch war überhaupt jemand da, der sein Notsignal sehen konnte? War die Basis bereits evakuiert worden? Wie sollte er das herausfinden?
Er bemühte sich verzweifelt, einen weiteren Stein auszugraben. Alles verschwamm ihm vor den Augen. Die Kälte und das Kohlendioxid forderten bereits ihren Tribut. Während er noch darum kämpfte, nicht das Bewusstsein zu verlieren, erstarrte der Greifarm mitten in der Aufwärtsbewegung. Jack zerrte an den Hebeln. Kein Strom mehr.
Er machte einen letzten Versuch mit dem Funkgerät. Das allerletzte bisschen Energie reichte für einen letzten Funkspruch. »Hört mich irgendwer? Charlie … irgendwer …«
Stöhnend brach er in seinem kalten Sitz zusammen. Keine Antwort. Er bebte und zitterte am ganzen Körper. Wartete. Das Wasser der Tiefsee hatte alle Wärme aus dem Tauchboot gesogen. Erneut wurde ihm schwarz vor Augen. Immer wieder verlor er kurz das Bewusstsein. Er kämpfte dagegen an, doch der Ozean war stärker.
Während sein Bewusstsein ein letztes Mal kurz aufflackerte, entdeckte er das große Ungeheuer, das sich zu ihm herabbeugte … Dann verschlang ihn die Dunkelheit.
10.21 Uhr
Basis Neptune
Karen saß vor dem Schaltpult auf Ebene eins und lenkte mithilfe des Joysticks den ROV -Roboter mit Namen Huey. Er sollte mit seinen Armen Jacks Tauchboot anheben. Auf dem Monitor vor sich beobachtete sie aus der Entfernung, wie die Griffe ausfuhren, sich in die Titanröhre des Tauchboots verhakten und sich daran festklammerten.
Zufrieden steuerte sie Huey zurück zur Basis. Einen Moment lang schien das Tauchboot Widerstand leisten zu wollen, dann folgte es langsam. Karen wischte sich Schweiß aus den Augen. »Du schaffst es, Huey!«
Der Roboter, etwa so groß wie ein VW -Käfer, setzte den Rückzug fort und zog das Tauchboot mit sich. Karen schwenkte das rückwärtige Kameraauge herum, um sich zu vergewissern, dass keine Hindernisse im Weg lagen. Gleichzeitig achtete sie darauf, Jack und sein Tauchboot nicht zu verlieren.
Durch die Acrylkuppel sah sie, wie Jack während der Abschleppaktion hin und her geworfen wurde. Sein Kopf rollte lose auf den Schultern herum, und die Arme hingen schlaff herab. Bewusstlos? Tot? Das konnte sie unmöglich wissen, aber sie wollte auf keinen Fall aufgeben.
Sie arbeitete zügig, dabei schoss ihr Blick
Weitere Kostenlose Bücher