Im Dreieck des Drachen
Notfall zur Verfügung zu stellen.
Na gut, er kannte also seine Pflichten. Deswegen mussten sie ihm aber noch lange nicht gefallen. Er spuckte seine Zigarre in den Aschenbecher und drückte das brennende Ende aus. Das hier war sein Schiff.
Vor zwölf Jahren hatte Jack die Deep Fathom auf einer Auktion erstanden. Die Mittel hatten aus dem Vergleich mit General Dynamits nach dem Shuttle-Unfall gestammt. Die achtzig Fuß lange Fathom war 1973 als Forschungsschiff für das Woods-Hole-Institut gebaut worden. Er hatte sich allerdings gezwungen gesehen, zusätzlich einen hohen Kredit aufzunehmen, um das veraltete Forschungsfahrzeug in ein modernes Bergungsschiff zu verwandeln. Dazu gehörte unter anderem ein hydraulischer Lastkran mit verstärktem Rahmen, der fünf Tonnen anheben konnte. Darüber hinaus musste die Maschine generalüberholt werden. Außerdem hatte er das Navigationssystem auf den neuesten Stand der Technik gebracht und das Schiff so ausgestattet, dass die Fathom wochenlang auf sich selbst gestellt operieren konnte. Er hatte Naiad-Stabilisatoren, einen Bauer-Tauchkompressor und Village-Marine-Wasseraufbereiter einbauen lassen.
Das hatte ihn seine gesamten Ersparnisse gekostet, aber schließlich war die Fathom seine Heimat, seine Welt geworden. Über die Jahre hinweg hatte er ein Team aus Wissenschaftlern und Schatzjägern um sich versammelt, die nach und nach zu seiner neuen Familie geworden waren.
Jetzt, nach zwölf Jahren, wurde er in die Welt zurückgerufen, die er hinter sich gelassen hatte.
Die Tür zum Ruderhaus öffnete sich quietschend, und sofort herrschte Durchzug. »Jack, was tust du denn noch hier?« Das war Lisa, die Ärztin von der University of California, L. A. Sie sah ihn finster an, als sie eintrat. In Shorts und Bikini-Oberteil wirkte sie nicht gerade wie eine erfahrene medizinische Forscherin. Ihre Gliedmaßen waren tief gebräunt, und ihr langes blondes Haar war in den langen Monaten unter der Sonne ausgebleicht. Sie schien eher an einen Strand zu gehören, wo sie am Arm eines muskelbepackten Surfers hing. Aber Jack wusste es besser. Eine fähigere Ärztin gab es auf den Weltmeeren nicht.
Lisa hielt die Tür einem weiteren Mannschaftsmitglied auf. Ein schlaksiger Deutscher Schäferhund sprang in den Raum und lief gleich an Jacks Seite, um sich am Ohr kraulen zu lassen. Der Hund war während eines Sturms im südchinesischen Meer an Bord der Fathom geboren worden. Untergewichtig und kränklich war der Welpe gewesen, und die Mutter hatte ihn nicht angenommen. Jack hatte ihn zu sich genommen und aufgepäppelt, bis er schließlich wieder gesund geworden war. Das war vor fast neun Jahren gewesen.
»Elvis hat sich Sorgen um dich gemacht«, meinte Lisa. Sie schlenderte zum Sessel neben ihm und schob Jacks Füße herab.
Jack tätschelte dem großen Hund die Flanke und deutete in die Ecke. »Marsch ins Bett!«, befahl er. Der alte Hund trottete hinüber und ließ sich mit einem langen Seufzer in das dicke Kissen fallen.
»Apropos Bett«, sagte Lisa. »Du hättest doch bei Sonnenaufgang abgelöst werden sollen, oder etwa nicht? Solltest du dich nicht noch ein bisschen hinlegen?«
»Konnte nicht schlafen. Also dachte ich, ich könnte mich ebenso gut nützlich machen.«
Lisa schob den Ascher beiseite, um Platz für den Becher zu schaffen, den sie mitgebracht hatte. Sie warf einen Blick auf die Navigationsanlage. Nach fünf Jahren, in denen sie immer wieder an Bord der Fathom mitgefahren war, war sie selbst eine ziemlich routinierte Steuerfrau geworden. »Wie es aussieht, haben wir unseren Treffpunkt in weniger als drei Stunden erreicht.« Sie sah Jack ins Gesicht. »Vielleicht solltest du doch versuchen, noch was zu schlafen. Wir haben einen langen Tag vor uns.«
»Ich muss aber …«
»… dringend schlafen«, beendete sie mit einem Stirnrunzeln und schob ihm den Becher zu. »Kräutertee. Versuch mal! Er wird dir dabei helfen, dich zu entspannen.«
Er beugte sich über den dampfenden Becher und schnüffelte. Der Arzneigeruch war nach der Zigarre ziemlich heftig. »Ich verzichte lieber.«
Lisa schob den Becher näher heran. »Trink! Anordnung der Ärztin!«
Jack verdrehte die Augen, setzte ihn an und nahm ein paar Schlucke, um sie zufriedenzustellen. Es schmeckte so, wie es roch. »Könnte ein bisschen Zucker vertragen«, bemerkte er.
»Zucker? Um meine Heilkräuter zu vergiften?« Lisa tat entrüstet und tippte an den Aschenbecher. »Du hast sowieso genügend schlechte
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