Im Dreieck des Drachen
gleiten. Nun hatte er einen vollen Kreis umschlossen. »Lisa, kannst du mich zu den Boxen lotsen?«
»D… du befindest dich genau drüber.« Lisas Stimme zitterte. Sie war immer noch erschüttert. »Schnapp sie dir, und verschwinde dann wie der Teufel!«
Er ließ das Boot hinab. »Werd ich!« Er warf einen Blick auf seinen Kompass. Die Nadel zeigte nach wie vor auf die merkwürdige Säule, die aus dem Herzen des Trümmerfelds ragte – ein gigantischer Grabstein, der den Ruheplatz der Toten markierte.
Er begann seine Suche in den Trümmern mit einem stillen Gebet für die Männer und Frauen an Bord von Air Force One, insbesondere für einen Mann: Ruhen Sie in Frieden, Mr President!
7
URALTE FUSSABDRÜCKE
26. Juli, 13.20 Uhr
Vor der Küste von Yonaguni, Präfektur Okinawa
»MIYUKI!«, SCHRIE KAREN. Ein zweiter Schuss ertönte auf der anderen Seite des kurzen Tunnels, diesmal gedämpft. Aber wer schoss da? Sie kniete sich hin. Der Weg nach draußen war versperrt. Jemand kroch auf sie zu.
Sie hob die winzige Taschenlampe.
Aus dem Tunnel sah ihr Miyukis panikerfülltes Gesicht entgegen. »Zieh mich zu dir rein!«, zischte sie. »Jemand schießt auf uns.« Sie streckte die Arme aus.
Karen ließ die Taschenlampe fallen, packte ihre Freundin an den Handgelenken, grub die Füße in den Boden und zerrte Miyuki ins Herz des Pyramidentempels.
Heftig nach Luft schnappend und mit wildem Blick wälzte sich Miyuki von Karen herunter und setzte sich auf. Dann griff sie nach unten und befreite ihre Knöchel von der Einkaufstasche mit der Ausrüstung und Karens Zehn-Millimeter-Automatik, die noch in ihrem Holster steckte. »Ich wollte nichts zurücklassen«, meinte sie und reichte Karen die Pistole.
Karen öffnete die Schnallen und schüttelte das Holster von ihrer Waffe herab. Als sie den kalten Stahl in der Handfläche fühlte, verspürte sie frische Zuversicht. »Was war denn los?«
»Männer … drei. Sie müssen unser Boot entdeckt haben und hergekommen sein, um nachzusehen, was wir hier gefunden haben.«
»Plünderer?«
Miyuki nickte.
»Also bist du hier reingekrochen?«
»Was hätte ich denn sonst tun sollen?«
»Haben sie dich dabei beobachtet?«
»Weiß ich nicht.«
Da drangen auch schon raue Stimmen zu ihnen herein. Ihre Angreifer erstiegen die Pyramide. Karen blieb nicht genügend Zeit, um zurückzukriechen und einen Hinterhalt zu legen. Sie sah sich in der engen Kammer nach einem zweiten Ausgang um. Offenbar saßen sie in der Falle. Zur Verteidigung hatten sie lediglich die acht verbliebenen Patronen in ihrer Pistole.
Miyuki wich von der Tunnelöffnung zurück. »Was tun wir jetzt?« Sie ging zu dem schlangengeschmückten Altar hinüber und hockte sich daneben.
Das Kratzen von Stiefeln auf Stein kam näher, und die Stimmen wurden lauter. Die Plünderer sprachen kein Japanisch. Es klang eher wie der Dialekt eines Insulaners aus dem südlichen Pazifik. Karen bemühte sich, etwas mitzubekommen, aber sie verstand die Sprache nicht.
Zwei Beine tauchten am Tunneleingang auf.
Angespannt schaltete Karen ihre Taschenlampe aus und tauchte die Kammer in Dunkelheit. Sie hob die Pistole mit beiden Händen. Sonnenlicht strömte durch den Tunnel herein. Das Ziel war deutlich erkennbar. Drei Männer, acht Kugeln. Wenn sie gut zielte, hätten sie beide vielleicht eine Chance. Aber ihre Hände zitterten. Sie war eine ausgezeichnete Schützin, hatte jedoch nie zuvor auf einen Menschen gefeuert.
Auf eine Hand gestützt kniete der Mann am Ausgang nieder. Karen fiel eine blasse Tätowierung auf, die dem Mann den dunklen Arm hinaufkroch: eine gewundene Schlange. Er drehte sich um und brüllte einem seiner Gefährten einen Befehl zu. Als er den Unterarm verdrehte, erkannte Karen die Federn auf dem Kopf der Schlange. Die roten Augen erwiderten ihren Blick.
Sie unterdrückte ein Keuchen. Die Tätowierung sah genauso aus wie die Schnitzerei auf dem Altar! Das Gesicht des Mannes tauchte auf. In der einen Hand hielt er eine Taschenlampe, in der anderen Karens bestickte Jacke. Er schrie ihnen etwas zu. Obgleich sie die Sprache nicht verstand, wusste sie, dass er ihnen befahl, sich zu zeigen.
Karen wich zur Seite, als ein Lichtstrahl in ihr Versteck fiel, und drückte sich die Waffe an die Brust. Sie würde nur schießen, wenn sie dazu gezwungen wäre. Vielleicht würden die Männer da draußen glauben, dass sie und Miyuki geflohen seien.
Der Lichtstrahl verschwand, und die Finsternis nahm wieder Besitz von der Kammer. Karen
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