Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Polizeibedarf kaufen kann ...«
Er griff wieder in den Karton, und ich sah, wie sich seine Miene veränderte, wie sich die Narbe an seiner Augenbraue zusammenzog, wie er den Mund zu einem schmalen, schiefen Strich verkniff. Der Gegenstand, den er in der Hand hielt, sah auf den ersten Blick aus wie eine eiserne Kaffeekanne – rund, gedrungen und mit einer Art Henkel.
»Die Rechnung hat unten dran geklebt, Dave. Er hat sie gestern gekauft. Patsy Dap mit einer Lötlampe? Versetz dich mal in dem seinen Kopf ...«
Durch das Küchenfenster konnte ich sehen, wie Bootsie und Alafair das Geschirr abspülten, miteinander redeten, wie sich die Vorhänge neben ihren Gesichtern im Luftzug des Deckenventilators bauschten.
Clete kratzte sich mit vier Fingern die Wange, wie ein Zootier in seinem Käfig, und schaute mich abwartend an.
30
Die Vormittagssonne drang diesig durch die Eichen, in deren Schatten etliche Wohnwagen und Hütten standen. Hier, im Osten der Stadt, wohnte Patsy Dapolito. Helen und ich parkten hinter einem Blechschuppen, der schon in der Hitze knisterte, und beobachteten Patsy, der auf einem Stück nackter Erde neben einer Garage Basketball spielte. Seine weißen Beine und die Knöchel waren mit Narben übersät und staubbedeckt, die Trainingshose klebte klatschnaß wie eine Badehose um seine Genitalien, das T-Shirt lag an seinem strammen Oberkörper wie ein eingeweichtes Kleenex.
Er zirkelte den Ball ein letztes Mal auf den Ring und dribbelte dann –
bing, bing, bing
– damit auf seine Hütte zu. Ich stieg aus dem Pickup, trat rasch hinter ihn und stieß ihn durch die Tür. Als er sich umdrehte, den Mund aufriß wie ein in die Ecke gedrängtes Raubtier, hatte ich meine 45 er mitten auf sein Gesicht gerichtet.
»Oh, Sie mal wieder«, sagte er.
Ich schubste ihn auf einen Holzstuhl. Sein T-Shirt fühlte sich feucht und klamm an.
Der Fußboden war mit allerlei Film-, Kampfsport- und UFO-Zeitschriften, Hamburger-Kartons, leeren Kentucky-Fried-Chicken-Verpackungen und zahllosen Bier- und Limonadendosen übersät. Helen kam mit Cletes Pappkarton durch die Tür. Sie sah sich im Zimmer um.
»Meiner Meinung nach muß hier ein Trog eingelassen werden«, sagte sie.
»Krieg ich jetzt etwa Stunk, damit ich aus euerm Kuhkaff abhaue?« sagte er.
Helen nahm den Basketball, ließ ihn zweimal auf dem Linoleumboden auftippen –
bing, bing
–, warf ihn dann mit beiden Händen auf seine Stirn und fing den abprallenden Ball auf. Er riß den Kopf zurück, als ob ein Draht hinter seinen Augen gerissen wäre. Dann schaute er sie mit einem verqueren Grinsen an, die Mundwinkel nach unten gezogen, so daß die Zähne kaum zu sehen waren.
»Bei Ihnen ist eingebrochen worden, Patsy. Ich bringe Ihre Sachen zurück«, sagte ich. Ich steckte meine 45er wieder in mein Gürtelhalfter, holte die Tec-9, die Handschellen und die Lötlampe aus dem Pappkarton und legte sie auf seinen Frühstückstisch. Er betastete die halbmondförmigen Narben und Schründe in seinem Gesicht, musterte mich, als ob ich ein seltsamer Schatten auf einer surrealen Landschaft wäre, die nur er sah.
»Der Auftrag, den Sie von Johnny bekommen haben, ist geplatzt, Patsy«, sagte ich. »Jemand ist bereit, Sie auffliegen zu lassen.«
»Das war bestimmt der Fettarsch, der hier eingebrochen is. Er hat sich das Bier und den Kartoffelsalat aus meinem Eisschrank genommen«, sagte Patsy. Mitten auf seiner Stirn war ein roter Fleck, wie ein kleiner Apfel.
»Haben Sie vor, mich zu erledigen?« fragte ich.
Er zupfte an den Schwielen seiner Hand, blickte zu mir auf, stieß die Luft zwischen den Zähnen aus und grinste mich an.
Helen warf ihm ein weiteres Mal den Ball an den Kopf.
»He«, sagte er, fuchtelte in der Luft herum und verzog das Gesicht. »Lassen Sie das!«
Ich griff in den Pappkarton und holte einen braunen Aktenordner heraus, der fast zehn Zentimeter dick war. Ich rückte mir einen Stuhl zurecht, setzte mich hin und schlug den Ordner auf dem Oberschenkel auf.
»Sie sind fünf Jahre in Camp J gewesen, haben zweimal im Hochsicherheitsbereich gesessen – Sie sind also kein Anfänger, und weil wir Sie nicht beleidigen wollen, werden wir Sie auch nicht so behandeln. Ich spreche hier von den Folgen, wenn man einem Polizisten etwas zuleide tut«, sagte ich.
Er rümpfte die Nase, schaute auf einen Punkt etwa zehn Zentimeter vor seinen Augen. Sein Kopf erinnerte mich an eine gestopfte Socke.
»Aber in Ihrer Akte steht ziemlich grusliges Zeug, Patsy«, sagte
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