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Im Dunkeln sind alle Wölfe grau

Im Dunkeln sind alle Wölfe grau

Titel: Im Dunkeln sind alle Wölfe grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Elise Blom und Sekretärin Alvhilde Pedersen, die das Unglück beide unverletzt überstanden, vor dem abgebrannten Gebäude im Fjøsangervei. Das Foto begleiteten Interviews, unter anderem mit den beiden Frauen auf dem Bild, in denen sich alle darin einig waren, daß die Explosion vollkommen unerwartet und, so Fräulein Pedersen, ›wie ein Schock‹ kam. Der Fabrikbesitzer, Direktor Hagbart Hellebust, war in Oslo, als sich die Explosion ereignete, und über Telefon hatte er nichts weiter zum Ausdruck bringen können als seine tiefe Erschütterung über das Unglück und sein allergrößtes Mitgefühl für die Toten und ihre Familien. Aus dem Artikel ging auch hervor, daß viele der Angestellten in der Zeit, bevor die Feuerwehr ankam, die reinsten Heldentaten vollbracht hatten, und daß die Zahl der Toten ohne ihren Einsatz wahrscheinlich noch größer gewesen wäre. Der Feuerwehrchef erklärte, daß es zum derzeitigen Zeitpunkt unmöglich sei, etwas über die Ursache der Explosion zu sagen.
    Ich blätterte weiter durch den Stapel. Mehrere Ausschnitte aus anderen Zeitungen berichteten ohne große Abweichungen von dem Geschehen. Die Kopien von den technischen Untersuchungen waren so umfassend und mit Fachausdrücken gespickt, daß es unmöglich war, bei kurzem Hinsehen einen genauen Eindruck des Inhalts zu bekommen.
    Ich sah zu Hjalmar Nymark auf, der mich mit der Miene eines Menschen betrachtete, der eine einmalige Sammlung alter Fotografien vorführt. Ich fragte: »Wurde die Ursache des Brandes gefunden?«
    Er nickte. »Es war ein Riß in einem der Produktionstanks. Das herausströmende Gas war höchst explosiv und es genügte schon ein Funke von der elektrischen Anlage, um eine Explosion auszulösen. Das war, fand man heraus, was geschehen war.«
    »Na gut. Aber?«
    Er sah mich an, als überlegte er, ob er sich mir anvertrauen könne.
Ich fuhr fort: »Ja, denn ich gehe davon aus, daß da ein, aber ist, wo du schließlich all dies Material gesammelt hast?«
Er nickte. »Es ist schon merkwürdig, Veum. Ich habe 1945 bei der Kriminalabteilung angefangen, und die Verbrechen, bei denen ich mitermittelt habe, kann ich nicht zahlen. Alles, vom alltäglichen Einbruch bis zu Mord, Vergewaltigung, Kindesmißhandlung.« Sein Gesicht war jetzt bitter. »Was für Schicksale ich gesehen habe! Ein Polizistenleben – das ist ein Leben auf der Schattenseite. Wenn man mindestens die Hälfte des Tages – Überstunden mitgerechnet – damit verbringt, im Elend der Leute herumzuwühlen, dann wird man nach und nach ziemlich abgestumpft. Frauen, die dreißig Jahre lang wirklich jeden Tag windelweich geprügelt wurden, drei-vier Monate alte Babys, die durch die Gegend geschmissen werden, widerliche Frauenzimmer, die jahrelang ihre sanftmütigen Ehemänner betrogen haben, bis der Sanftmut eines Tages plötzlich aufgebraucht ist und sie sich mit einem Messer in der Herzgegend auf dem Boden wiederfinden. Oder versoffene Penner, die aus einem Brauereiwagen eine Halbliterflasche Bier stehlen und achtzig Kilo schwere Huren, die einen gutgläubigen Strohwitwer um den Wochenlohn erleichtert haben. Das ganze Register, Veum. Vergewaltigte sechzehnjährige Mädchen, die sich durch die Nacht geheult haben und vielleicht nie mehr einen Mann mit Lust ansehen werden, ein vierzehnjähriger Autodieb, der ein Auto irgendwo in Fana an einen Telegrafenmast gesetzt hat und in dem Wrack festgeklemmt sitzt, mit einem Unterkörper, den er nie wieder wird bewegen können. All das. Aber von all den Fällen, mit denen ich gearbeitet habe, haben wenige so großen Eindruck auf mich gemacht, wie der Brand bei Pfau.«
»Aber warum?«
»Weil – weil ich weiß, daß ich der Sache nie auf den Grund gekommen bin. Und nichts irritiert einen Polizisten mehr als das, – zu fühlen, daß ein Fall ungelöst ist.«
»Aber …«
»Und weil«, unterbrach er mich, »weil das Muster des ganzen Spiels hier so deutlich war. Der arme Säufer mit der Halbliter flasche kriegte ein halbes Jahr in Jæren 4 . Hagbart Hellebust ging frei aus.«
»Der Fabrikbesitzer?«
»Genau.«
»Aber der war doch in Oslo, als sich die Explosion ereignete.«
»Richtig. Aber wenn jemand verantwortlich war, dann er!«
»Woher weißt du das?«
Er sah mich müde an. »Wenn ich das wüßte, dann hätte ich nicht diesen Pappkarton da im Haus und Hagbart Hellebust wäre nicht, wo er jetzt ist. Das war ja das Teuflische. Es gab keine
    4 Jæren: Strafanstalt in Südwestnorwegen
    Beweise.«
»Und wo ist Hagbart

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