Im eigenen Schatten
sollte«, setzte Einstein nach. »Besser, wir scheiden im Guten.«
Ein Therapeut führte Galimberti zur Meerwasserdusche.
»Er hat’s verstanden«, sagte Einstein zufrieden.
»Ich hoffe es. Sobald wir im Hotel sind, buchen wir die Flüge. Die zweite Maschine nach München morgen und am Abend weg für immer, basta.«
Kein Windhauch, dafür stickige Hitze, die den Asphalt vor dem Hangar am Flughafen aufgeheizt hatte. Schwarze Wolken bauten sich nun auch von Süden und Westen auf, zusammen mit den Gewitterboten, die im Norden am Himmel standen, schienen sie den Golf von Triest einzukreisen, dessen azurblauer Himmel bis jetzt nur von einem hauchdünnen Wolkenschleier bedeckt wurde.
Proteo Laurenti zeigte dem Uniformierten vor der schmalen Seitentür seinen Dienstausweis und musste sich einen Augenblick an das Neonlicht im Hangar gewöhnen. Überall waren Inseln aus Tischen mit Computern aufgebaut. Niemand kümmerte sich um ihn. Inspektor Gilo Battinelli, der über seinen Kopf hinweg aus seiner Abteilung zur Sonderkommission delegiert worden war, konnte er auch nicht ausmachen. Er ging zu einer Tafel aneinandergerückter Biertische, an dem zwei Polizistinnen Papierstapel sortierten. Weiter hinten ragte das Dach eines Gefangenentransporters über eine lange Stellwand. Als niemand ihm Beachtung schenkte, ging er um das abgetrennte Abteil herum, trat aber nicht ein.
Deutlich vernahm der Commissario die vertraute Stimme von Mimmo Oberdan, der sich in weinerlichem Ton darüber beklagte, dass man in diesem Polizeistaat nicht einmal mehr einen Wochenendtrip unternehmen durfte, ohne sich verdächtig zu machen. Durch einen Spalt beobachtete Laurenti, wie der Kerl ausschweifend von den Diensten der Rumänin in der österreichischen Kleinstadt faselte und kaltschnäuzig behauptete, dass auch italienische Polizisten zu deren Kunden zählten, als könnte er damit die Sympathie seiner Zuhörer erheischen. Laurenti kannte die Tricks des Erzengels: Er zögerte mit diesem unaufhaltsamen Geschwafel nur seine Aussage hinaus, bis er glaubte, verhandeln zu können. Das konnte Stunden oder Tage dauern. Doch Malannino und Pennacchi waren keine Anfänger. Ihre Fragen prasselten auf ihn ein wie Maschinengewehrsalven, keine Ungenauigkeit seiner Auskünfte entging ihnen, bei Widersprüchen hakten sie sofort nach. Dabei blieben ihre Stimmen von ruhiger Überlegenheit. Nur die Schnelligkeit ihrer Einwände reichte, um Mimmo ins Schwitzen zu bringen. Er saß auf einem unbequemen Holzschemel, und ganz allmählich fiel seine anfangs noch aufrechte Körperhaltung zusammen, seine Wampe ruhte fast auf den Knien.
»Wer sind Sie?«, fragte eine Stimme hinter ihm, und Laurenti wandte sich um. Angela Matičetov blickte ihn herausfordernd an.
»Einer aus der Warteliste, Inspektorin. Lange her, dass wir uns zuletzt gesehen haben. Mindestens acht Jahre, als Sie bei uns im Archiv gestöbert haben.«
»Entschuldigung, Commissario, jetzt erinnere ich mich.«
»Und, packt der Kerl aus?« Laurenti machte eine Kopfbewegung zum Erzengel hinüber.
»Sie haben erst vor kurzem mit dem Verhör begonnen. Warten Sie, ich sage dem Ermittlungsrichter, dass Sie hier sind. Er hat sie schon vor einer Stunde erwartet.« Ohne auf Laurentis Antwort zu warten ging sie durch den schmalen Einlass zwischen den Stellwänden und flüsterte Malannino etwas ins Ohr. Der gab Pennacchi mit einem Wink zu verstehen, dass er allein weitermachen sollte.
»Kommen Sie, Laurenti.« Der massige Mann führte den Commissario zu einem entlegenen Biertisch. »Sie kennen den Kerl ja gut genug, wie ich gehört habe. Aber darum geht es mir nicht, mich interessiert dieser Spechtenhauser. Sprengstoff also? Dem Ermordeten gehörte auch die Mehrheit an dem Unternehmen, an das die Goldlieferung adressiert war. Wie hieß es gleich …?«
»Aurum d.o.o. in Vodnjan, Kroatien«, half Laurenti.
»Sie sind also auf dem Laufenden. Es sieht ganz so aus, als arbeiteten wir an der gleichen Sache. Wie ist Ihr Ermittlungsstand?«
»Was den weiteren Verdächtigenkreis angeht, warten wir noch auf die Ergebnisse der Kriminaltechniker. Die Bombe war von simpler Bauart. Sprengstoff kann heutzutage jedes Kind besorgen. Die Frage, wer die Reisepläne Spechtenhausers kannte, verweist bisher lediglich auf seine erste Frau, doch sie hat ein Alibi und auch kein erkennbares Motiv. Die Liste seiner Telefonate sollten wir morgen erhalten.«
»Sie stochern im Nebel, kurz gesagt.«
Der arrogante Tonfall Malanninos
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