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Im eigenen Schatten

Im eigenen Schatten

Titel: Im eigenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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kleines Gegengewicht zu Lauras Freundinnen, die ihn wie Aasgeier beäugten und nur auf seinen ersten Fauxpas warteten.
    »Hat eigentlich jemand die Sirene seines Dienstwagens vernommen?«, stichelte Galvano, während Laurenti artig seine Wangenküsschen plazierte.
    »Ach, es ist doch erst halb zehn«, spottete eine mit Botox unterspritzte falsche Blondine, die mit den anderen, schonungslos jung gebliebenen Damen den Sommer über den Strand belagern würde. Meisterwerke der Stuckateurszunft, Giftspinnen.
    »Wenn du dich abtrocknest und die Jacke ablegst, kann ich endlich das Essen auftragen.«
    Sein Sohn Marco rettete ihn davor, bereits jetzt von der mordlustigen Gesellschaft zerfleischt zu werden. Laurenti schaute auf den Stapel Kataloge in seiner Hand, der oberste war aufgeweicht wie er selbst.
    »Für dich, Liebling«, sagte er, nahm Laura in den Arm, küsste sie innig und drückte ihr das Paket in die Hand.
    Merkwürdige Stille herrschte auf einmal um sie herum.
    »Was ist das?«, fragte seine Frau, ihre wassergrünen Augen leuchteten.
    Die Blicke von Lauras Freundinnen loderten wie Strohfeuer.
    »Mein Geschenk für dich, mein Schatz. Am besten wäre es, du schaust es dir an, wenn diese Gesellschaft abgezogen ist.«
    »Wie du meinst, mein Lieber.« Laura legte den Stapel zu den anderen Geschenken, die alle fein in glänzende Papiere verpackt und von Bändern mit schönen Schleifen verziert waren. »Übrigens haben Xenia und Zeno abgesagt. Sie erstickt in Arbeit.«
    Seine Schwiegermutter nahm sein nasses Jackett, strich es demonstrativ glatt und hängte es auf einen Bügel an der Garderobe. Wie immer war sie unzufrieden, wenn sie nicht die gebührende Aufmerksamkeit bekam. Lauras Freundinnen schenkten ihr nicht die geringste Beachtung, der alte Galvano stand unter der Bewachung Raissas. Marco lehnte, außer der Unterstützung durch seine Schwester Livia, jegliche Hilfe ab. Immer wieder tippelte die Greisin um die gedeckte Tafel herum, rückte das Besteck zurecht und ging dann zur Küche, vor der sie sogleich wieder abdrehte, sobald Marco und Livia sie erblickten.
    »Und hast du die Goldräuber schon gefangen?«, fragte eine Freundin Lauras, an deren Unterarmen unzählige Goldreifen über der ganzjährig tief gebräunten Haut klimperten.
    »Damit müssen sich andere rumschlagen. Ich bin in geheimer Mission unterwegs«, log Laurenti.
    »Ach ja? Erzähl.« Flavia war klein und rund, ihr Blick lebhaft. Laura behauptete, dass sie trotz ihrer Figur bisher jeden herumgekriegt hätte, auf den sie es abgesehen hatte. Sie war geschieden und lebte vom Unterhalt ihres Mannes, einem Immobilienmakler.
    »Eine hochprofessionelle Bande betreibt einen organisierten Schmuggel mit Gewürztraminer aus Südtirol.«
    »Mit was?« Flavia hob die Augenbrauen und rückte ihr Dekolleté zurecht. Ihre Armreifen klimperten blechern.
    »Eine Weißweinsorte«, flüsterte Laurenti. »Aber sag’s niemand weiter. Das Zeug wird containerweise über den Hafen Triest in den Iran verschoben, und das Geld dafür landet auf einem schwarzen Konto in Dubai.«
    »Damit kann man Geld verdienen? Ich dachte, die Türken dürfen keinen Alkohol trinken.«
    »Glaub ihm bloß nichts, Flavia«, mischte sich Galvano ein. »Laurenti ist der schlechteste Polizist der Welt, noch nie hat er einen Fall allein aufgeklärt.«
    »Wo ist eigentlich der Hund?« Proteo schaute sich um. Einerseits war er froh, dass der Alte ihn aus den Fängen von Lauras Freundin gerettet hatte, doch Raissa drängte sich dazwischen.
    »Wir werden ihm leider eine Spritze geben müssen.« Sie strahlte Galvano an und hakte sich bei ihm unter. Ihr Akzent rasselte wie eine Panzerkolonne auf dem Roten Platz zum hundertsten Dienstjahr von Präsident Putin. »Das Vieh ist alt, und er ist schließlich nicht mehr allein. Endlich können wir viele Reisen unternehmen, anstatt diese Töle in der Stadt auszuführen und die Hundekacke von der Straße aufzusammeln.«
    »Quatsch. Der Hund wird noch lange leben«, protestierte der alte Gerichtsmediziner. »Aber mit seiner Arthrose schafft er die Treppe zu euch nicht mehr.«
    »Reisen kann man nie genug«, pflichtete Flavia bei und gewann Raissas Aufmerksamkeit. Die beiden Frauen träumten von Kreuzfahrten im Mittelmeer und in der Karibik.
    »Das Regionalfernsehen hat berichtet, dass du Mimmo heute früh eingebuchtet hast«, sagte der alte Gerichtsmediziner. »Hat er mit dem Mord an Spechtenhauser zu tun?«
    »Woher weißt du, dass der Südtiroler umgebracht

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