Im fernen Tal der Hoffnung
Flur in die Küche führte, und schloss sie fest. Es war heià im Zimmer, viel zu heiÃ. Ihr war ein wenig übel, und sie merkte, dass sie Kopfschmerzen bekam. Claire öffnete das Fenster an der Südwand und zog die Vorhänge zurück, um ein wenig Luft ins Zimmer zu lassen. Sie hörte leises Schluchzen und streckte trotz der Hitze und der zahlreichen Fliegen den Kopf aus dem Fenster, um nachzuschauen, wer da so jämmerlich weinte.
Margaret hockte am Kühlhaus. Der schwarze Rock ihrer Dienstmädchentracht war nass, wahrscheinlich von verschütteter Limonade. Claire wollte gerade wieder das Fenster schlieÃen, als zu ihrer Ãberraschung Luke zu dem Mädchen trat.
» Ist alles in Ordnung?« Er hockte sich neben sie. » Mrs Stackland wird sich schon fragen, wo du bleibst.« Als er die Köchin erwähnte, wischte sich das Mädchen über die Augen. » So ist es schon besser.« Er reichte ihr die Hand. Sie blickte ihn an, als ob er ihr etwas Verbotenes anbieten würde. » Komm.« Er ergriff ihre Hand und half ihr auf.
Margaret zögerte. Ihre weichen Lippen öffneten sich leicht. Sie starrte Luke an, der gerade das offene Fenster bemerkt hatte und jetzt zu Claire schaute. Das Mädchen blickte von Luke zu Claire und ging still davon.
Luke tippte sich an den breitkrempigen Hut, ohne Claire aus den Augen zu lassen.
Leise schloss Claire das Fenster. Sie nahm eine Karaffe mit süÃem Madeira aus dem chinesischen Lackkabinett und schenkte sich ein Glas ein. Mit drei Schlucken leerte sie den Inhalt. Dann stellte sie das Glas auf einen mit Leder bezogenen Tisch, ohne darauf zu achten, dass es einen dunklen Rand hinterlieÃ.
Es war Mitternacht. Claire wusch den Waschlappen in der blauweiÃen Keramikschüssel aus, wrang ihn aus und wischte sich ein letztes Mal über den Nacken. Dann hängte sie den Waschlappen an das hölzerne Gestell und zog sich das Nachthemd über den Kopf. Der Stoff klebte an ihrer feuchten Haut. Das Bett knarrte.
» Ich komme erst gegen Abend wieder. Mrs Stackland soll ein Festmahl zum Neujahrsabend vorbereiten.«
Der Geruch nach Tabak, Brandy und Hamishs Männlichkeit lag in der Luft, nachdem er gegangen war. Claire konnte sich nicht erinnern, wann er sie zum letzten Mal so leidenschaftlich geliebt hatte. Es war schon spät, und morgen würde sie müde und voller blauer Flecken sein. Hamish, der sich ihr früher zärtlich und vorsichtig genähert hatte, war bei seinen seltenen Besuchen manchmal grob. Sie betastete ihren Bauch. Er war gerundet, und sie war sich sicher, vor zwei Nächten von einem leichten Flattern aufgewacht zu sein. War es denn möglich? Aber sie war in der letzten Zeit häufig niedergeschlagen gewesen, und mit ihrer Gesundheit stand es nicht zum Besten.
Claires Periode war immer so zuverlässig gewesen wie der Vollmond, und obwohl sie nur ein kostbares Kind bekommen hatte, hielt sie es für möglich, dass sie erneut schwanger war. Nur warum jetzt erst? Sowohl was das Alter als auch, was den Enthusiasmus anging, war sie über das Kinderkriegen hinaus. Sie wünschte, sie könnte sich erinnern, wann ihr letzter fruchtbarer Monat gewesen war. Wenn sie tatsächlich schwanger war, dann war das natürlich eine willkommene Entschuldigung für ihre kindischen Launen. Claire betastete den Schildpattkamm. Sie fragte sich oft, wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, wenn Luke älter wäre. Sie war sich der Anziehungskraft seit einigen Jahren bewusst gewesen, aber Lukes jüngste Anspielungen hatten ihre Wahrnehmung verändert. Sie war über das mittlere Alter hinausâ dies war nicht die Zeit für romantische Schwärmereienâ, und doch dachte sie an Lukes Bewunderung und an den gut aussehenden Verwalter. Und was eine mögliche Schwangerschaft angingâ energisch bürstete Claire sich ihre Haare⦠Wie lächerlich.
Sie fasste ihre Haare zu einem lockeren französischen Knoten zusammen und betrachtete sich im Spiegel. Ihr Kinn wurde weich, die einst vollen Wangen wurden hohl, und in ihre dunklen Haare mischten sich graue Strähnen. Sie war kein Mädchen mehr, besaà nicht mehr die Taufrische der Jugend. Sie kniff sich in die Wangen, damit sie sich röteten. SchweiÃtropfen perlten an ihrem Hals, zwischen ihren Brüsten und ihren Schenkeln. Wieder betastete sie ihren Bauch. Seltsamerweise hatte sie nie viel geweint. Selbst jetzt, so
Weitere Kostenlose Bücher