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Im fernen Tal der Hoffnung

Im fernen Tal der Hoffnung

Titel: Im fernen Tal der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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einsam sie die letzten Monate gewesen war, kamen ihr keine Tränen des Selbstmitleids. Wo sie früher einmal Raum und Freiheit gesehen hatte, erlebte sie jetzt Isolation, und die großartige ungezähmte Wildnis Wangallons erschien ihr primitiv. Man konnte dankbar sein für das, was man im Leben erreicht hatte, man konnte es aber auch verabscheuen. Claire blickte auf den hübschen Kamm, der auf ihrer Kommode lag, und dachte daran, wie oft sie sich gewünscht hatte, tanzen oder aushäusig essen zu gehen, eine Freundin zu besuchen oder durch die Straßen zu bummeln. Sie war die Ehefrau eines der reichsten Viehzüchter des Landes, aber sie führte ein ärmliches Leben.
    Im Bett schwitzte sie noch mehr. Die Kerze auf dem Nachttisch flackerte. Gott sei Dank, murmelte sie, als eine leichte Brise über ihr Gesicht strich. Es war seltsam, wie man sich nach den einfachsten Dingen sehnen konnte: ein kühler Platz, an dem man sitzen konnte, Wasser, um den Durst zu stillen, und Luft, Luft in jeder Form. Wie sehr sehnte sie sich doch danach, dass der Wind durch ihre Kleider fuhr und die Hitze vertrieb. Es war, als griffe Wangallons durstige Erde nach ihr, als zöge sie sie mit unzähligen Händen hinunter. Claire dachte an den Friedhof am Bach. Sie wollte lieber neben ihrem geliebten Vater in Sydney begraben werden; nicht hier an diesem öden Ort, wo nur wenige Leute zu Besuch kamen und die Sonne den Boden aufbrach wie eine zerbrochene Tonscherbe. Claire drehte sich auf die Seite und griff nach ihrem Buch.
    Mrs Aeneas Gunns We of the Never Never hatte bei seiner Publikation in gesellschaftlichen Kreisen einiges Aufsehen erregt, und Claire hatte sich sofort ein Exemplar bestellt. Es machte jedoch keinen Spaß, vom Schmerz, der Isolation und dem harten Leben einer Frau zu lesen, wenn das eigene Leben weit vom gesellschaftlichen Leben der Frauen in der Stadt entfernt war. Nein, auf dieses Buch konnte sie ohne Weiteres verzichten. Allerdings ließ sie es weiterhin auf ihrem Nachttisch liegen, denn Hamish hatte einmal eine zustimmende Bemerkung darüber gemacht. Claires Lieblingsbuch, das sie mittlerweile zum vierten Mal las und das unter Mrs Gunns gewichtigem Band verborgen lag, war Kenneth Grahames Der Wind in den Weiden. Claire lächelte und schlug das Buch auf. Manchmal sehnte sie sich danach, im kühlen, grünen England geboren zu sein, statt hier im fernsten aller Länder. Sie beneidete Wetherly um sein Leben in England und fragte sich, warum er das Land wohl verlassen hatte. Schließlich gähnte sie und schloss die Augen. Ihre Finger sanken auf ihre Lippen, auf die Hamish sie geküsst hatte.

Hochsommer 1989
    Nord-Schottland
    Robert Macken trank den letzten Rest Kaffee aus und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. » Ein gutes Frühstück, Maggie. Wirklich gut.« Polternd schob er den Stuhl zurück. Die Stuhlbeine verfingen sich im Teppich, und er fluchte leise. » Hast du etwas von Jim gehört?«
    Maggie räumte Tasse und Teller ihres Mannes ab. Sie schüttelte den Kopf.
    Â» Ich habe den Jungen wie einen eigenen angenommen, das weißt du, Maggie. Ich habe kein Problem damit, dass er nicht von mir ist. Ich weiß gar nicht, warum ich dir das nach so vielen Jahren sage.«
    Maggie stellte die Teller ab, legte ihrem Mann die Hand auf die Brust und blickte ihm in die hellen Augen.
    Â» Ich will, dass der Junge das Geld bekommt, das ihm zusteht, und wieder nach Hause kommt«, erklärte Robert. Seine Lippen streiften ihre Haare. Dann nahm er seine Kappe vom Haken an der Wand.
    Maggie ließ ihren Kopf an seine Brust sinken. Seit Jim weg war, hatten sie nicht mehr über seine Erbschaft gestritten. Warum auch? Er war trotz ihrer Proteste nach Australien geflogen. Und jetzt lag sie nachts wach und machte sich Vorwürfe, weil sie ihn nicht aufgehalten hatte.
    Â» Wir könnten mit dem Geld einiges anfangen.« Robert rieb sich die Hände. » Ein neuer Schweinestall und ein John-Deere-Traktor. Nein, natürlich kein großer. Ich würde das Feld hinter dem Melkschuppen roden, und dafür müssten wir ja die Steine bewegen.« Er setzte die Kappe auf und zog seine Hose hoch. » Das sind noch ein paar Tage Arbeit.« Er rieb sich den Rücken, als er daran dachte. » Ich sähe nur zu gerne den Ausdruck auf Lord Andrews Gesicht, wenn ich sagen könnte, ich bräuchte seinen Vertrag nicht.«
    Maggie wischte

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