Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)
Energie aus, bis ich mir die Arme rieb, um das Prickeln daraus zu vertreiben. Hatte Marty das gemeint, als er sagte, Vampire könnten die Stärke eines anderen messen, indem sie ihre Aura abtasteten? Wenn ja, hieß das bei Vlad eindeutig: Ganz harter Hund: Finger weg.
»Ich glaube, ich soll das nicht wissen.« Sandra klang nachdenklich. »Aber einmal hat Shrapnel sie Cynthiana genannt.«
Vlads Züge verhärteten sich, bis sie wie versteinert wirkten. Der Name war ihm eindeutig geläufig. Mir kam er ebenfalls bekannt vor, aber ich wusste nicht mehr, in welchem Zusammenhang ich ihn gehört hatte. Shrapnel schloss die Augen und wirkte unglücklicher als in dem Augenblick, als Vlad ihm den Pfahl in die Eingeweide gerammt hatte. Shrapnel liebte diese Frau trotz allem, und eben war seine schlimmste Befürchtung wahr geworden, denn sie stand jetzt ganz oben auf Vlads Fahndungsliste.
Als es mir dämmerte, sah ich Vlad an. »Cynthiana. Hieß so nicht die Frau, mit der du vor mir zusammen warst?«
»Ja«, antwortete Vlad, der immer noch Shrapnel anstarrte.
Ich zermarterte mir das Hirn. Was hatte Maximus noch über sie erzählt? Sie war ungeheuer lange mit Vlad zusammen gewesen – das wusste ich noch –, und als er sie verlassen hatte, hatte sie etwas getan. Was war das noch gewesen? Ach ja, sie hatte eine Affäre mit einem seiner Freunde angefangen, um ihn eifersüchtig zu machen. Ältester Trick der Welt, aber er hatte nicht funktioniert …
Und dieser Freund war Shrapnel gewesen. Ich beäugte ihn.
»Hat Cynthiana geglaubt, sie könnte wieder bei Vlad landen, wenn ich tot bin? Und wenn ja, warum hast du sie dann unterstützt? Du liebst sie doch; das habe ich gespürt, als ich eine Verbindung zu dir hergestellt habe.«
Shrapnel sagte nichts. Sein Schweigen war ein weiterer Beweis für seine Gefühle, aber wenn Eifersucht nicht die Triebfeder war, warum sollte Cynthiana dann wiederholt ihr Leben aufs Spiel setzen, um meines zu beenden?
Welche Gründe sie auch haben mochte, sie hatte einen Haufen Unschuldiger ermordet, bevor sie schließlich mich ausgeschaltet hatte – zeitweise jedenfalls. Dawns Gesicht tauchte vor meinem inneren Auge auf. Sie hatte es nicht verdient zu sterben, bevor sie etwas vom Leben gehabt hatte. Mit den anderen Opfern des Bombenanschlags war es das Gleiche, und Vlads Wachen hatten es auch nicht verdient, in die Luft gejagt zu werden, nur weil Shrapnel verzweifelt seine Spuren hatte verwischen wollen. Und dann war da noch ich selbst , die ebenfalls nichts von dem ganzen Mist verdient hatte, den ich dank Cynthianas Mordplänen hatte durchstehen müssen.
»Du kannst gehen, Sandra«, sagte Vlad, dessen Augen jetzt wieder ihren normalen Kupferton annahmen. »Deine Mittäterschaft bei dieser Sache ist vergessen.«
Als Sandra nicht mehr unter seinem Bann stand, blinzelte sie und sagte dann sehr hektisch etwas auf Rumänisch.
»Natürlich kannst du hier wohnen bleiben«, antwortete Vlad ungeduldig. »Geh jetzt.«
Ein bärtiger Aufseher eskortierte Sandra nach draußen. Ich war froh, sie entlassen zu sehen. Sie hatte nichts getan, das eine Kerkerhaft rechtfertigte. Anders stand es mit dem Vampir an dem langen Holzpfahl.
Vlad starrte Shrapnel an. Für einen Augenblick brach ein Tornado aus Wut, Frustration und Kummer über mich herein. Dann war es, als würde ruckartig eine Wand heruntergelassen, die mich von allem außer meinem eigenen Zorn abschnitt. Selbst die wirbelnde Energie, die von Vlad ausgegangen war, verflüchtigte sich.
»Du weißt, was jetzt passiert«, sagte er und klang dabei völlig sachlich.
Ich wusste es auch. Na los!, zischte mein rachdurstiges Ich.
Dann fielen mir die grausigen Apparaturen in der Kammer nebenan ein. Vlad würde keine Gnade walten lassen, wenn es darum ging herauszufinden, wo Cynthiana war, aber wenn ich eine Verbindung zu der brünetten Vampirin hätte herstellen können, würde Shrapnel viel Leid erspart bleiben. Zweifellos verdiente er den Tod, aber er könnte schneller und schmerzloser sein, falls ich nach meiner Verwandlung immer noch über meine Fähigkeiten verfügte. Wenn ich es nicht wenigstens versuchte, war ich da nicht genauso herzlos wie die Irre, die bei dem Versuch, mich umzubringen, ohne mit der Wimper zu zucken noch so viele andere Leben ausgelöscht hatte?
»Lass uns zuerst noch etwas versuchen.«
Nur Vlads Augen bewegten sich, als er mich ansah. »Er steckt zu tief drinnen, als dass man ihn noch mit guten Worten dazu bringen könnte,
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