Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)
von allen Seiten auf mich zuwuselten.
Jetzt stand nur noch ein Ghul aufrecht. Als er nah genug an mir dran war, holte ich siegesgewiss zu einem letzten Schlag aus, aber als ich meinen Angreifer traf, verpuffte die Energie knisternd. Statt seinen Körper zu durchschneiden, schien die Energie einfach von ihm abgestoßen zu werden. Der Ghul sah an sich herunter, als wollte er sich vergewissern, dass er noch heil war, und riss dann so ungeheuer weit das Maul auf, dass es wirkte wie der aufgesperrte Schlund einer Schlange.
Oh Scheiße . Ich schüttelte die rechte Hand, als könnte ich damit mehr Energie in sie leiten, aber das dünne Fädchen, das sie produzierte, flackerte nur wie eine Taschenlampe mit schwacher Batterie. Ich fuhr herum und wollte mich aus dem Staub machen, aber am Ende des Ganges hörte ich es schon wieder fauchen, und da war auch wieder dieser modrige, erdige Geruch.
Mein Fluchtweg war versperrt.
Der Ghul, den ich nicht hatte umbringen können, setzte zum Angriff an. Von Panik gepackt und weil mir die Möglichkeiten ausgingen, begann ich, ihn mit Ratten zu bewerfen. Sie prallten an seinem ungeschlachten Körper ab und konnten ihn ebenso wenig aufhalten wie zuvor mich. Wie zum Beweis fing der Ghul einen der Nager auf, biss ihm den Kopf ab und spuckte ihn mir entgegen. Hinter ihm regten sich zwei seiner gefallenen Kameraden. Der eine begann auf seinem einen Bein auf mich zuzuhüpfen, der andere kroch über einen Teppich aus Rattenkadavern, weil ihm die gesamte untere Körperhälfte fehlte.
Gegen einen Ghul hätte ich noch eine Chance gehabt. Aber nicht gegen mehrere. Die Angst machte mich immun gegen den Schmerz, der einsetzte, als die überlebenden Ratten wieder anfingen, sich in mich zu verbeißen. Bald würden nicht mehr nur die Ratten an mir nagen. Ich war zwar jetzt mächtiger denn je, konnte aber trotzdem meinen eigenen Tod nicht verhindern.
Schließlich straffte ich die Schultern und kickte die Ratten von meinen Füßen weg. So leicht würde ich es ihnen nicht machen. Bevor sie mich auffressen konnten, mussten sie mich erst einmal zu fassen kriegen.
Gerade als ich losrennen wollte, sah ich ein orangefarbenes Leuchten, das zwar bedrohlich wirkte, mir aber höchst willkommen war.
Dann hörte ich donnernd Vlads Stimme: »Leila, duck dich!«
Ich ließ mich zu Boden fallen, was mich auf Augenhöhe mit den unzähligen noch lebenden und bereits toten Ratten brachte. Im nächsten Augenblick wurde alles, was höher als etwa ein Meter war, von einem Flammenmeer erfasst. Während der Feuersturm durch den Tunnel fegte, schützte ich meinen Kopf mit den Händen und drückte das Gesicht tiefer in die widerliche Masse aus Kadavern. Besser, ich kam ihnen zu nahe, und nicht dem Feuerstoß, der mit der Gewalt von hundert Geysiren durch den Tunnel brauste.
Augenblicke später spürte ich, wie zwei Hände sich auf meine Arme legten. Ich wollte schon zurückzucken, weil ich dachte, der krabbelnde Ghul hätte mich erreicht, da merkte ich, dass die Hände so heiß wie Kochplatten waren. Als sie mir die Arme vom Kopf wegzogen, leistete ich keinen Widerstand, und als dann noch ein gestiefelter Fuß die Rattenhorde um mich herum wegtrat, setzte ich mich ohne zu zögern auf, obwohl die Flammen noch immer tosten.
Vlad beugte sich über mich. Bis auf einen Umkreis von einem halben Meter um uns herum stand der Tunnel vom Boden bis zur Decke in Flammen. Schließlich hob Vlad mich auf und trug mich durch die glühend orangefarbene und rote Wand.
Sie teilte sich vor ihm wie von Geisterhand aufgezogene Vorhänge. Während Vlad mich fortbrachte, begann ich die Ratten, die noch an mir hingen, abzustreifen, sodass sie ins Feuer fielen. Als wir die geschlossene Tür am Ende des Ganges erreicht hatten, war ich sie schon fast alle los, bis auf ein paar, die ich nicht erreichen konnte.
Vlad öffnete die Tür und brachte mich in einen noch weit engeren Gang, vielleicht ein verlassener Wartungstunnel. Statt mit Feuer war er mit Vlads Leuten angefüllt. Na ja, eine Frau gehörte nicht zu ihnen.
Cynthiana wurde von vier Vampiren festgehalten, was vielleicht noch nicht ausreichend war, da ihre wirkliche Stärke in ihrer Zauberkraft lag. Aber ich sah auf den ersten Blick, warum Vlad nicht fürchtete, sie könnte seine Männer verhexen. Sie konnte nicht sprechen. In ihrem Mund steckte so viel Silber, dass ein paar scharfkantige Stücke sich bereits durch ihre Wangen gebohrt hatten.
»Wo hast du denn den Knebel her?«, fragte ich
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