Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Feuer der Nacht

Titel: Im Feuer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh , Nailini
Vom Netzwerk:
mit medizinischer Ausbildung. Der könnte einen Blick auf die Autopsieberichte werfen.“
    „Du hast recht.“ Talin half ihm, die Blätter zusammenzulegen. „Dann kann ich mich ganz darauf konzentrieren, Gemeinsamkeiten zwischen den Kindern herauszufinden.“ Es würde bestimmt eine Hilfe sein, sagte sie sich. Sie trödelten jedenfalls nicht herum, während Jon in Gefahr war. „Ich habe Angst, Clay.“
    „Brauchst du nicht. Wir finden ihn schon.“ Sie gingen hinaus zum Wagen, und Clay legte die Akten auf den Rücksitz. Er gab sich völlig geschäftsmäßig. Nichts erinnerte mehr an den Mann, der ihr den Zauber einer mondbeschienenen Lichtung gezeigt hatte, auf der eine Herde Hirsche schlief, dessen Stimme ein warmes, weiches Flüstern gewesen war.
    „Tamsyn ist die Heilerin des Rudels, hat aber auch ein abgeschlossenes Medizinstudium hinter sich.“
    Sie nickte zaghaft. Der Wald flog an ihnen vorbei, die letzte Nacht hatte sie beide aufgewühlt.
    Clay warf ihr einen forschenden Blick zu. „Talin, hör auf damit, dir auf die Zunge zu beißen. Es steht dir nicht.“
    Im Tageslicht war sie also wieder Talin? „Ich versuche nur, rücksichtsvoll zu sein.“
    „Und ich sage dir, es steht dir nicht.“ Er hatte einen anderen Weg als den vom Vortag gewählt. „Wie geht’s dir?“
    „Ich dachte, du redest nicht gern über Gefühle.“
    Er fletschte die Zähne.
    Sie lächelte, war froh, seinen Panzer durchbrochen zu haben. „Mir geht’s gut. Ich erhole mich immer ziemlich schnell nach diesen Absencen.“ Sonst hätte sie nicht weiterleben können. Und obwohl sie ihren Körper nicht so achtsam behandelt hatte, wie sie sollte, achtete sie doch das Leben, das Clay für sie erkämpft hatte. Wenn er Orrin nicht getötet hätte, hätte dieser sie auf brutalste Weise missbraucht und schließlich auf demselben Friedhof beerdigt wie seine anderen kleinen „Bräute“.
    „Talin?“
    Schaudernd kehrte sie aus ihren Erinnerungen zurück. „Tut mir leid, ich habe den Faden verloren. Danke für den Ausflug letzte Nacht. Er hat mir wirklich geholfen.“ Sie hatte nicht gewusst, dass die Nacht so voller Leben war und so schön.
    „Aber gerade hast du an etwas anderes gedacht. An den Hinterhof, stimmt’s?“
    Sie musste ihn nicht fragen, woher er das wusste. „Unser gemeinsamer Albtraum, nicht wahr?“ Kein anderer konnte das verstehen. „Nachdem sie die Leichen gefunden hatten, musste ich immer wieder daran denken, dass wir dort gespielt haben. Auf den Gräbern.“
    „So war es.“ Er klang ganz sachlich. „Aber durch dich ist auch so viel Gutes dort hingekommen. Vielleicht haben die Toten das gespürt. Und haben dadurch wenigstens ein bisschen Frieden gefunden.“
    Eine solche Äußerung hatte sie von ihm nicht erwartet. „So habe ich es nie gesehen. Glaubst du das wirklich?“
    „Warum nicht?“
    Ja, dachte sie, warum eigentlich nicht? „Konnten sie alle Leichen identifizieren?“ Pa Larkspur hatte ihr verboten, die Sache weiterzuverfolgen, nachdem die Beschäftigung damit fast zu einer Besessenheit geworden war. Er hatte recht gehabt– nur noch ein wenig länger, und sie hätte wieder den Boden unter den Füßen verloren.
    „Ja.“ Clays Hände schlossen sich fest um das Lenkrad. „Alle waren in der DNA -Datenbank.“
    „Ich bin froh, dass ich die Gräber von zweien besucht habe“, gab sie zu.
    „Hab ich auch gemacht.“ Seine Stimme klang hart. „Nachdem man mir gesagt hatte, du seiest tot.“
    Die Spannung zwischen ihnen wurde unerträglich. „Ich dachte, das hätten wir hinter uns.“ Bedeutete ihm die vergangene Nacht denn gar nichts? „Wie oft soll ich mich denn noch entschuldigen?“ Die Schuldgefühle erdrückten sie.
    „Ich will keine Entschuldigungen. Wollte ich nie.“ Er bog in einen relativ übersichtlichen Weg ein. Was nicht viel zu sagen hatte– zu beiden Seiten standen hohe Bäume, sie fuhren wie durch einen grünen Tunnel. „Ich will eine Erklärung.“
    „Die habe ich dir doch schon längst gegeben“, presste sie zwischen den Zähnen hervor. „Ich fühlte mich nicht wohl. Ich brauchte Raum für mich. Du bist so bestimmend, ich wäre nicht dagegen angekommen, und ich wollte selbstständig sein.“
    Er sah sie kurz an. „Stimmt vielleicht teilweise, aber das ist nicht alles. Warum, Tally? Warum hast du mir sagen lassen, du seiest tot?“
    „Clay–“
    „Warum?“
    „Ich wollte nicht–“
    „Warum?“
    „Weil du mich verlassen hast!“, schrie sie außer sich. „Du hast mich

Weitere Kostenlose Bücher