Im Feuer der Nacht
verlassen!“
Clay trat auf die Bremse, der Panzer kam stockend zum Stehen, in Clays Kopf war es völlig leer.
„Du hattest mir versprochen, immer für mich da zu sein“, flüsterte sie und schlang die Arme um ihren Oberkörper. „Und dann bist du gegangen.“ Sie schüttelte den Kopf und schluckte. „Ich weiß, dass du keine andere Wahl hattest. Man hatte dich verhaftet. Aber das war mir egal. Du warst der Einzige, dem ich jemals vertraut habe, wusstest du das, Clay? Der Einzige. Dann warst du fort, und ich war bei fremden Leuten. Ich war gekränkt und unglaublich wütend.“
Die ganze Zeit hatte er gedacht, sie verabscheue ihn, weil er Orrin auf diese Weise umgebracht hatte, verabscheue seine gewalttätige Natur. „Ich habe dich im Stich gelassen“, sagte er zustimmend.
„Lass das“, flüsterte sie. „Sei nicht so verdammt nett. Dann fühle ich mich nur noch schlechter.“
„Nett ist nicht gerade ein Wort, das zu mir passt.“ Er ließ den Leoparden in seiner Stimme mitklingen. „Du warst also sauwütend auf mich– warum hast du mir nicht gesagt, ich soll mich verpissen? Warum bist du so weit gegangen?“
„Frag nicht weiter.“ Sie sah aus dem Fenster.
Er streckte die Hand aus und legte sie auf ihren Nacken. „Sieh mich an.“
„Nein.“
„Tally, das ist nicht der richtige Zeitpunkt für solche Spielchen.“
„Du kannst dir deine Befehle in den–“
Er unterdrückte ein Knurren und rutschte auf der Sitzbank zu ihr rüber und stemmte seinen Arm hinter ihrem Kopf an die Fensterscheibe. „Würdest du das noch einmal wiederholen?“
Sie sah ihn mit großen Augen an. Niemand hatte solche Augen. Im Sonnenlicht verschwanden die bernsteinfarbenen Ringe beinahe, aber im Schatten des Waldes glühten sie auf.
„Ich habe dich verletzt“, sagte sie, ihre Augen, in denen Feuer und die Morgendämmerung leuchteten, erinnerten ihn an das Mädchen, das er einst gekannt hatte. „Und es ist mir gut gelungen, denn du hast die Kontrolle über dich verloren.“
Er konnte ihre Angst riechen, aber sie wich nicht vor ihm zurück. „Warum fürchtest du dich denn? Du weißt doch, dass ich dir nicht mal einen blauen Fleck zufügen könnte.“ Er zögerte und entschied sich dann, dem starken Willen in diesem kleinen Körper zu vertrauen. „Na ja, vielleicht doch in bestimmten Situationen.“
„Was?“ Sie blinzelte. „Du würdest mir nie etwas tun.“
„Das habe ich auch nicht gesagt. Ich sagte, möglicherweise trägst du blaue Flecken davon.“ Er beugte sich vor und zwickte mit seinen Zähnen kurz in ihre weichen, vollen Lippen, sie hielt erschrocken die Luft an, aber er hatte sich schon wieder zurückgezogen. „Beim Sex könnte ich zubeißen.“ Er roch keine Ablehnung. Sein Zwerchfell entspannte sich. Er war ein Risiko eingegangen, hatte sich auf das neue, noch zerbrechliche Vertrauen zwischen ihnen und das Bedürfnis seines Leoparden verlassen.
„Wir werden keinen Sex haben“, hauchte sie. „Oh nein. Niemals.“
„Warum nicht?“ Er hätte sie gern noch einmal gebissen. „Was stimmt mit mir nicht?“
„Ich mag keine dunklen Männer.“
Einen Augenblick schwankte er. Dann spürte er, dass sie log. „Lügen ist eine Sünde, Tally-Schätzchen.“ Der Leopard in ihm beruhigte sich, denn sie empfand etwas für ihn.
„Du bist eingebildet, fordernd und machst zu oft ein finsteres Gesicht.“
Er verstärkte den Druck auf ihren Nacken ein wenig. Dann beugte er sich zu ihr und fuhr mit der Zunge über ihre Unterlippe. Ein Schauer ging durch ihren Körper, und sie stemmte sich gegen seine Brust. „Kein Lecken. Ganz bestimmt nicht.“
„Warum nicht?“ Er war fast sicher, dass Feuer in den bernsteinfarbenen Ringen aufgeleuchtet war. „Ich bin eine Katze. Ich lecke gerne– an allen möglichen Stellen.“
Auf ihren Wangen flammten rote Flecken auf. „Du willst mich doch gar nicht auf diese Weise.“
„Auf welche Weise?“
„Sexuell.“ Es schien ihr große Mühe zu bereiten, dieses Wort auszusprechen. „Du verabscheust mich doch dafür, was ich mit anderen Männern getan habe. Hast du das vergessen?“
Sowohl Mann als auch Raubkatze kämpften noch immer gegen die Eifersucht, aber… „Wie sollte ich, nach dem, was du mir letzte Nacht erzählt hast? Ich lerne, damit umzugehen.“
Ihr fiel vor Erstaunen das Kinn herunter. Dann presste sie skeptisch die Lippen aufeinander. „Ach ja?“
„Hey.“ Er beugte sich so weit vor, dass er nur noch ihren Duft wahrnahm. „Ich versuche es.
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