Im Feuer der Nacht
die der erwachsenen Frau–, hatte sie die Fesseln gesprengt, die sie an die Vergangenheit banden. Aber noch während sie lachte, fragte sie sich, welche Wirkung ihre Worte wohl auf Clay hatten. Er versuchte, sie als ihr Beschützer zu beherrschen, und war so loyal, dass es beinahe schon ein Fehler war. Und seine Wut konnte Stunden, Tage und manchmal Wochen in ihm brodeln, bevor er zuschlug. Wenn er sie jetzt gegen sich selbst wandte… Nein!
Sie biss die Zähne zusammen. Sie würde das nicht zulassen. Auch wenn diese verfluchte Krankheit sie töten wollte. Sie würde dagegen ankämpfen und nicht eher ruhen, bis sie Clays Augen wieder zum Leuchten gebracht hatte.
17
Allein im Wagen mit Clay war es für Talin leicht gewesen, sich dieses Versprechen zu geben. In der Gegenwart seiner Rudelgefährten wunderte sie sich nur noch über ihre Arroganz. Er war offensichtlich ein beliebtes und respektiertes Mitglied des Rudels. Wie hatte sie nur glauben können, er brauche ihre Unterstützung?
Dann fing sie seinen Blick auf, als er mit Nathan sprach, und ihre Panik legte sich ein wenig. Auch wenn er noch so sehr zu den DarkRiver-Leoparden gehörte, zuallererst gehörte er ihr.
„Ich habe noch nie gesehen, dass er eine Frau so angesehen hat wie Sie.“
Überrascht wandte sie sich um und sah in das Gesicht einer großen Brünetten. Clay hatte sie ihr vorgestellt. Sie hieß Tamsyn und war die Heilerin des Rudels. Nathan war ihr Mann, ihr Gefährte. „Das müssen Sie nicht sagen“, sagte Talin und lehnte sich gegen den Küchenschrank.
„Keine Sorge.“ Die Frau schüttelte den Kopf. „Ich bin zwar Heilerin, aber keineswegs nur nett. Da können Sie Cory und Kit fragen.“ Sie wies mit dem Kopf aus dem Fenster– die beiden Jugendlichen schienen auf die Zwillinge aufzupassen. „Wenn sie Schokoladenkekse wollen, müssen sie babysitten.“ Tamsyn lächelte.
Talin lächelte zu ihrer eigenen Überraschung zurück. „Prima Geschäft.“
„Glaube ich auch.“ Tamsyns Blick war warm, ihre Augen waren nicht braun, sondern karamellfarben. „Ich habe das eben nicht gesagt, um nett zu sein. Wenn Sie für Clay gefährlich wären, hätte ich Sie höchstpersönlich aus dem Territorium der DarkRiver-Leoparden hinausgeworfen.“
„Das hätten Sie mal versuchen sollen.“ Niemand würde Clay und sie trennen.
„Bravo.“ Tamsyns Lächeln vertiefte sich. „Sascha hat schon erzählt, dass Sie Mumm in den Knochen haben. Sie mag Sie.“
Talin war weiter auf der Hut, obwohl das verlassene Kind in ihr bei diesem kleinen Anzeichen von Willkommensein in Clays neuer Familie dahinschmolz. „Und Sie? Denken Sie nicht auch, ich sei nicht gut genug für ihn?“
„Hm, vielleicht sind Sie das nicht.“
Das hatte Talin nicht hören wollen, aber sie wusste, es war die Wahrheit.
„Aber“, fuhr die Heilerin fort, „Sascha war am Anfang auch nicht besonders gut für Lucas. Es gab ziemlich hitzige Diskussionen darüber, dass er sich in eine Mediale verliebt hatte.“
Diese Leoparden brachten sie immer wieder aus dem Konzept. „Wirklich?“
Tamsyn nickte. „Im Grunde ist es egal, was die anderen denken. Die Männer treffen ihre eigenen Entscheidungen.“ Die Heilerin sah nachdenklich aus. „Aber das heißt nicht, dass ich mich raushalte. Sie sollten wissen, dass wir jeden aus dem Rudel geradezu fanatisch beschützen.“
Mit einem Knall schlug die Hintertür auf, und einer der Jugendlichen steckte den Kopf in die Küche. „Saft?“, fragte er mit wehleidiger Stimme.
Tamsyn drohte ihm mit dem Finger und ging zum Kühlschrank. „Deine Schulden wachsen ins Unermessliche, Cory.“
„Du hast uns doch schon mit den Keksen geschröpft– Julian und Roman sind wie kleine Teufel auf Speed. Geben sie denn nie Ruhe?“
Das Lächeln des Jungen, das seine Worte begleitete, überraschte Talin– unverhohlene Zuneigung sprach daraus. Die Jugendlichen, die sie kannte, lächelten nie so voller Vertrauen.
Tamsyn trat zu ihm und drückte ihm einen Krug mit einer fast durchsichtigen Flüssigkeit in die Hand, während sie ihm übers Haar fuhr. „Du warst ganz genauso.“
„Ach bitte, Tamsyn. Du kannst doch vor einem hübschen Mädchen keine Kindergeschichten von mir erzählen.“
Talin wollte sich schon nach dem Mädchen umschauen, als sie begriff, dass sie gemeint war. Sein charmanter Blick entlockte ihr ein Lächeln. Genau wie Jon. Ihr Lächeln verschwand wieder.
„Sie ist viel zu alt für dich“, sagte Clay lässig und stellte sich
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