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Im Feuer der Nacht

Titel: Im Feuer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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gelingen, diese Neugier auf die entscheidenden Dinge zu lenken.

15
    »He, Horace! Hast du das hier schon gesehen?«
    Grimsby schlurfte aus dem hinteren Teil seines Ladens nach vorn und blinzelte Booth mit eulenhaftem Blick an. Booth war ein Hansdampf in allen Gassen, ein Tausendsassa, der ihm hin und wieder allerlei Tand und Flitterkram zum Verkauf vorbeibrachte.»Was ?«
    Booth legte den gedruckten Steckbrief auf die Theke. »Das hier. Habe es gestern auf dem Markt entdeckt. Sind ziemlich viele verteilt worden. Hab gestern Abend in der Kneipe auch gehört, wie man sich darüber unterhalten hat.« Booth starrte Grimsby eindringlich an. »Dachte, dass es dich interessieren könnte.«
    Stirnrunzelnd betrachtete Grimsby den Steckbrief. Während er las, bemerkte er, wie ihm das Blut aus den Wangen wich; seine Hand zitterte, als er erfuhr, welche Belohnung versprochen wurde. Rasch legte er das Blatt wieder ab.
    Booth hatte ihn genau beobachtet. »Dachte, dass ich dir den Zettel zukommen lasse, Horace. Wir kennen uns schon eine Ewigkeit, und alte Freunde müssen doch ein Auge aufeinander haben, nicht wahr?«
    Grimsby zwang sich zu einem Nicken. »Aye, Booth, das müssen wir. Danke für den Zettel. Habe natürlich keine Ahnung, worum es geht.«
    Booth grinste. »Nicht mehr als ich auch, Horace.« Er nickte Grimsby zum Abschied zu. »Wir sehen uns. Bye.«
    Grimsby nickte ebenfalls, war mit den Gedanken aber schon ganz woanders und nahm den Steckbrief wieder zur Hand, als Booth aus dem Laden verschwand.
    »Wally!«, brüllte er dann.
    Das Gebrüll veranlasste Wally, die Treppe hinunterzustolpern. Mit einem Blick überflog er den Laden, bevor er Grimsby anschaute. »Was gibt’s, Boss?«
    »Das hier.« Mit seinem schmutzigen Fingernagel schob Grimsby den Zettel quer über die Theke und fuhr angewidert fort: »Wer hätte jemals gedacht, dass diese dreckigen, hochnäsigen Kerle von Scotland Yard sich für ein paar Gören aus dem East End interessieren würden!« Er überließ es Wally, den Steckbrief eingehend zu studieren, und stampfte um die Theke. »Da stimmt was nicht, lass dir das gesagt sein.«
    Und genau das war der Punkt, der ihn am meisten interessierte. Die Erfahrung verriet Grimsby, dass es niemals ein gutes Ende nahm, wenn die Dinge durch solch unnatürliche Vorfälle aus dem Ruder liefen.
    Wally straffte sich. »Ich ... äh, gestern Abend in der Kneipe hab ich ein paar Gerüchte aufgeschnappt. Wusste nicht, dass es um diese Sache geht. Habe aber gehört, dass die Leute in der Gegend sich nach den Jungen umgehört haben.«
    Der zaghafte Unterton in Wallys Worten entging Grimsby ebenso wenig wie die Tatsache, dass der Mann seinem Blick auswich. Schnaubend schnappte er nach Wallys Ohr und drehte es grausam ein. »Was hast du noch gehört?«
    Wally zuckte zusammen und hüpfte. »Autsch!«
    Grimsby drehte noch mehr und lehnte sich näher an den Mann. »Haben die Leute zufällig auch danach gefragt, wer hier in der Gegend eine Lehranstalt eingerichtet hat?«
    Wallys Schweigen war Antwort genug.
    Grimsby senkte die Stimme. »Hat irgendjemand geplaudert?«
    Wally versuchte, den Kopf zu schütteln, und zuckte schmerzverzerrt zusammen. »Nein! Niemand hat auch nur ein Sterbenswörtchen verraten! Man hat sich nur gewundert, dass die Leute überhaupt fragen. Und warum. Das ist alles.«
    Grimsby zog eine Grimasse und ließ Wally los. »Geh zurück zu den Jungen.«
    Mit einem aufmerksamen Blick auf ihn drehte Wally sich herum, rieb sich das misshandelte Ohr und stob davon.
    Grimsby wandte sich wieder der Theke zu und betrachtete den Steckbrief aufs Neue. Über die Namen und Beschreibungen machte er sich keinerlei Sorgen. Denn bisher hatten die Burschen das Haus noch nicht verlassen, und außer in der Nacht würde sich daran auch nichts ändern. Im Dunkeln sahen alle Gassenjungen gleich aus.
    Es war die Belohnung, die ihm Kopfzerbrechen bereitete. Bisher war noch niemandem ein Sterbenswörtchen über die Lippen gekommen - wie gesagt, bisher. Aber das würde sich ändern - irgendwann, irgendwer, irgendwo. Es wohnten Menschen in der Gegend, die selbst die Seele ihrer Mutter für ein paar Groschen verkaufen würden.
    Wieder las er die Ankündigung und tröstete sich ein wenig damit, dass die Belohnung eigens für Informationen über die Jungen gedacht war anstatt für Hinweise auf die Lehranstalt. Da die Jungen noch nicht gesichtet worden waren, noch nicht einmal in der unmittelbaren Nachbarschaft, schwebten sie seiner Meinung nach

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