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Im fünften Himmel

Im fünften Himmel

Titel: Im fünften Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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nicht vorstellen kann, wieso Marcus ausgerechnet darüber, über sie , Witze machen sollte. »Ach komm. Und das soll ich glauben? Lass dir was Besseres einfallen …«
    Â»Sie hat eben noch genau da gestanden, wo du jetzt stehst«, sagt Marcus und zeigt auf den Boden unter Nattys Flipflops, hebt dann den Finger und deutet zum anderen Ende der Abflughalle. »Da drüben ist sie, die in Schwarz.«
    Natty schaut zu Gate C-88. Dort steht ein weibliches Wesen, das von hinten und aus hundert Metern Entfernung ungefähr aussieht wie das Mädchen, das er genau einmal gesehen hat, vor ungefähr drei Jahren. »Bist du sicher?«
    Â»Ich habe mit ihr geredet, Natty«, antwortet Marcus. »Wir haben miteinander gesprochen .«
    Im selben Augenblick wirft das Mädchen einen kurzen Blick über die Schulter, und Natty muss zugeben: Ja, sie ist es, definitiv.
    Â»Ach du Scheiße«, stöhnt er.
    Â»Genau.«
    Â«Und«, fragt Natty, »was hatte sie so zu erzählen?«
    Ein vorsichtiges Lächeln lockert Marcus’ betretene Miene auf. Er nimmt die Nickelbrille ab, wischt die Gläser vorsichtig mit dem Hemdzipfel sauber und setzt sie wieder auf. Er stößt ein trauriges Lachen aus. Dann endlich antwortet er.
    Â»Nicht genug.«
ACHT
    Â»Ich hab’s geschafft!«, wiederholt Jessica triumphierend und streckt Sylvia ihre Bordkarte entgegen. »Das Flugzeug ist noch da!«
    Sylvia würdigt das Dokument kaum eines Blickes. »Ja, Ma’am«, sagt sie. »Aber das Flugzeug ist bereits abgefertigt und die Tür der Fluggastbrücke geschlossen.«
    Jessica weiß nicht, was sie schlimmer finden soll: dass die Tür geschlossen ist? Oder dass sie schon alt genug aussieht, mit »Ma’am« angesprochen zu werden? Sie muss mit Sylvia auf gutem Fuß bleiben, wenn sie noch ins Flugzeug kommen will und nicht in die Arrestzelle für problematische Passagiere.
    Â»Aber das Flugzeug steht doch noch da.« Verzweiflung kriecht in Jessicas Stimme, obwohl sie sich sehr zusammenzunehmen versucht.
    Sylvia versteht keinen Spaß. Wenn sie den Kopf schüttelt, bewegt sich ihre mit Haarspray gefestigte blonde Außenwelle wie eine Einheit; nicht eins der Hunderttausende Einzelhaare wagt auszubrechen. »Das Flugzeug ist bereits abgefertigt und die Tür der Fluggastbrücke geschlossen.« Sie klingt wie eine automatische Ansage, haargenau wie beim ersten Mal, als sie den Satz gesagt hat.
    Â»Aber ich bin doch nur eine Person –«
    In diesem Augenblick der Schwäche und des Zweifels dreht Jessica halb den Kopf, ein fast unbewusster Impuls, und es geht viel zu schnell, um irgendwen oder irgendwas hinter ihr zu bemerken.
    Â»Wenn die Gangway einmal geschlossen ist, bleibt sie geschlossen.« Sylvia klatscht in die Hände, um die Aussage zu unterstreichen. Ihre Nägel schillern im gleichen Ton wie ihre Lippen, ein kindisches Rosa, das nur insofern zu ihrer himmelblauen Clear-Sky-Uniform passt, als beide Farbtöne auf geschlechtsspezifische Lätzchen oder Wickeltaschen beschränkt bleiben sollten. »Jetzt noch einen Passagier an Bord zu lassen, würde gegen die Vorschriften der Verkehrssicherheitsbehörde verstoßen«, beharrt sie barsch, und mit jedem Wort wird ihr Lächeln schmaler. »Wir raten unseren Passagieren immer, ausreichend Zeit für das –«
    Â»Aber ich habe ausreichend Zeit eingeplant! Ich wurde am Sicherheitsschalter von einer komplett Wahnsinnigen aufgehalten, die Flüssigkeiten schmuggeln …«
    Sylvias Lächeln ist eingefroren und künstlich wie ein nach Plastik schmeckendes Wassereis; offensichtlich wappnet sie sich gegen die Beschwerdetirade einer Passagierin über die inkompetente Flugsicherheitsbehörde, den unübersichtlichen Flughafen von Newark, die ungastliche Fluglinie Clear Sky, die allgemeine Würdelosigkeit von Luftreisen, lauter Probleme, die sie selbst keinesfalls lösen kann. Doch Jessica bricht mitten im Satz ab, denn eine verschwommene Bewegung am Rande des Sichtfelds lenkt sie ab. Es ist natürlich das Flugzeug, das vom Gate weg zur Startbahn rollt. Das ist ihr Flug, Clear Sky 1884 nonstop nach St. Thomas, den sie nicht verpassen darf. Und er startet ohne sie.
    Ist Marcus gerade angekommen, oder fliegt er ab? , fragt sie sich wieder. Diesmal dreht sie sich bewusst um und schaut genau hin, um sicherzugehen – er ist weg  –, dass sie

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