Im fünften Himmel
die Gelegenheit zu einer Antwort verpasst hat.
Jessicas Handy erwacht in der Handtasche zum Leben, und sie zuckt zusammen â hüpft richtig zurück â, als hätte sie eine Klapperschlange darin entdeckt. Sie greift nach dem vibrierenden Gerät und fummelt ein paar überraschte Augenblicke an den Tasten herum, ehe sie erkennt, dass es kein Anruf aus Pineville ist, sondern ein kurzes Video von den Jungferninseln.
»Juu-huu!«, ruft Bridget, und ihr Haar fliegt durch die Luft wie patriotische gelbe Bänder, während sie vor einem unfassbar blauen Meer herumspringt. »Juu-huu! Morgen heiraten wir!«
Der winzige Bildschirm verschwimmt, als Percy das Objektiv auf sich selbst richtet. »Ich heirate eine Irre«, sagt er. »Eine wunderschöne Irre.« Sein Grinsen füllt das ganze Display.
Schwenk zurück auf Bridget, die inzwischen etwas unsaubere Räder im weiÃen Sand schlägt. »Das ist das Paradies hier! Warte nur, bis du es selbst siehst! Du wirst es nicht glauben!«
Percy dreht sich und erwischt Hope, die Bridget mit einer sehr groÃen und teuer aussehenden Kamera fotografiert. Hope merkt, dass sie gefilmt wird, fängt albern an zu schielen und ruft etwas, was von Wind und Wellen übertönt wird. Dann wird das Display ohne offizielle Verabschiedung schwarz.
Jessica verbirgt ihr Gesicht in den Händen, atmet langsam ein und aus. Sylvia, die bisher, wenn schon nicht geduldig, so doch geschäftsmäÃig gewartet hat, räuspert sich.
»Also«, sagt Jessica und zeigt eine, wie sie hofft, einigermaÃen gefasste Miene. »Was mache ich jetzt?«
NEUN
Marcus späht hinter einer runden, bis zur Decke reichenden Metallsäule hervor, die etwa fünfundsiebzig Meter von Gate C-88 entfernt steht.
Eine Hand zerrt an seinem Hemdzipfel. »Gehen wir.«
Marcus schiebt sie weg. »Ich will nur noch sehen, was mit ihr passiert.«
»Noch zehn Sekunden, und du hast die Grenze zwischen bittersüÃem Wiedersehen und einstweiliger Verfügung überschritten.«
Marcus sieht, wie Jessicas Maschine wegrollt.
»Und ich ducke mich hinter dir, weil �«, fragt Natty.
»Weil sie dich erkennen könnte.«
»Das bezweifle ich«, schnaubt Natty und richtet sich zu voller GröÃe auf, die zugegeben nicht sonderlich beeindruckend ist. »Sie hat mich doch erst einmal gesehen. WeiÃt du noch? Kurz bevor sie dich abgewiesen hat. WeiÃt du noch? Erinnerst du dich, als du mit dreiundzwanzig Jahren heiraten wolltest, ScheiÃe noch mal? Als du ihr einen Antrag gemacht und sie Nein gesagt hat? WeiÃt du noch, wie unser Zimmer wochenlang nach verschwitzten Eiern gerochen hat, weil du zu deprimiert warst, zur Seife zu greifen und dich unter die verdammte Dusche zu stellen â¦?«
»Ja, Natty«, sagt Marcus. »Ich erinnere mich.«
»Schöne Zeiten.«
Marcus sieht zu, wie Jessica sich mit den Handballen die Augen massiert und die Frau vom Bodenpersonal ignoriert, die mit den Fingern eine Flugkarte in die Luft malt. Als sie fertig ist, holt Jessica mit dem ganzen Körper so tief Luft, dass man es auch aus fünfundsiebzig Metern Entfernung sehen kann, und marschiert in ihre Richtung.
»Duck dich!«, flüstert Marcus laut.
Unwillkürlich kauert sich Natty hinter Marcus, obwohl er sich dabei wie ein dämlicher Schleimer vorkommt. Doch seinem Freund zuliebe wartet Natty, bis Jessica vorüber ist, ehe er mit der brüderlichen Entmannung beginnt. »Hast du keine Eier mehr?«
»Beruhige dich, du Pommes«, befiehlt Marcus mit gesenkter Stimme.
Doch Natty will sich nicht beruhigen. Die Wendung der Ereignisse macht ihn wütend. »Wie alt bist du? Elf oder zwölf? Willst du ihr einen Zettel schreiben, dass sie ein Kreuz bei Ja machen soll, wenn sie noch auf dich steht? Ich steck ihn ihr in der Pause zu!« Natty wird richtig warm. »Das ist absolut inakzeptabel. Definitiv. Und das von einem Typen, der seine Anthropologieprofessorin so hart rangenommen hat, dass sie ihren Lehrstuhl räumen musste.«
Vor allem diese letzte Bemerkung ignoriert Marcus und wartet, bis Jessica um die Ecke gebogen ist, ehe er sich an seinen Freund wendet. »Bevor du deinen Akzent verloren hast, hast du mir besser gefallen.« Nattys Eltern haben einem Sprachtrainer hundert Dollar die Stunde dafür gezahlt, die Aussprache ihres Sohnes zu »deregionalisieren«, damit man ihn
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