Im Geisterschiff
Justus den Knebel entfernte, holte der alte Mann erleichtert Luft. »Gott sei Dank, dass ihr da seid«,stöhnte er. »Ist der Verbrecher geschnappt worden?« Peter schüttelte den Kopf. »Nein, wir sind froh, dass der uns nicht geschnappt hat. Haben Sie die Person erkannt?«
»Nein, leider nicht. Ich saß am Schreibtisch, als mir plötzlich jemand von hinten einen Sack über den Kopf stülpte. Noch eh ich mich versah, hatte ich den Knebel im Mund und war gefesselt. Den Rest der Geschichte kennt ihr. Auf dem Tisch liegt eine Schere. Bitte befreit mich von diesem Klebeband und von den Stricken.«
Schiffstaufe
Es dauerte noch eine Weile, bis sich alle wieder beruhigt hatten. »Sie müssen zur Polizei gehen!«, begann Peter. »Ja, das werde ich natürlich machen. Leider kann ich denen nicht viel über den Täter berichten. Warum zum Teufel hat man mir das angetan? Was wollte der oder die in meinem Büro?« Justus betrachtete die vielen Bücher. »Ich werde das Gefühl nicht los, dass dies alles mit der Fortuna zusammenhängt. Das ist kein normales Wrack. Und der Schlüssel zu dem Geheimnis muss hier in Ihren Büchern liegen.«
»Nun ja, wie schon gesagt, über die Fortuna findet man fast nichts.« Justus holte tief Luft. »Wir suchen ab sofort auch nicht mehr nach der Fortuna , sondern nach einem Schiff mit dem Namen Ortuna .« Dann erzählte er dem staunenden Modellbauer die Geschichte mit der Glocke und dem zusätzlichen Buchstaben. »Erstaunlich, wirklich ganz erstaunlich. Das könnte natürlich Licht ins Dunkel bringen. Ich werde sofortim Register nach dem neuen Namen suchen. Aber Moment! Ich bin mir sicher, dass ich das dicke Buch hier auf den Stapel neben meinem Schreibtisch gelegt habe. Jemand muss es weggenommen haben.«
Peter hatte plötzlich eine Idee und rannte die Treppe hinunter. »Wartet, vielleicht haben wir Glück.« Er lag mit seiner Vermutung richtig. Der Unbekannte hatte es auf das Buch abgesehen und es auf einer der Vitrinen liegengelassen. Aufgeregt lief Peter wieder nach oben. »Hier, ich habe das Buch gefunden. Und unser Mister X hatte anscheinend die gleiche Idee: Die Seite war noch aufgeschlagen. Seht her: Ortuna !«
Justus ballte die Faust. »Verdammt! Dann ist Mister X uns eine Nasenlänge voraus. Er muss von der Glocke gewusst haben. Schnell, Mister Jenkins, was steht dort über den Namen Ortuna?« Der alte Mann setzte sich seine Brille auf.»Also, die Ortuna war ein Schiff gleicher Bauart wie die Fortuna . Es gehörte einem gewissen José Ortuna. Und nun wird’s interessant: Dem gehörte ebenso die National Mexican Bank. Oje, jetzt geht mir ein Licht auf.«
»Nun sagen Sie schon, Mister Jenkins!«
»Also, aufgepasst! Die Ortuna gehörte einer Bank. Banken hatten früher oft das Problem, dass ihre Geldlieferungen von Banditen abgefangen wurden. Einige transportierten darum Gold und Silber lieber auf dem Seeweg. Aber auch das war nicht sicher, denn hier gab es Piraten. Mit einem Schiff, das den Namen eines reichen Bankiers trug, konnte man natürlich nicht unbehelligt mit viel Geld über die Meere segeln. Also hat man wahrscheinlich das Schiff kurzerhand umgetauft. Aus der Ortuna wurde mit einigen Pinselstrichen die Fortuna . Nur bei der Schiffsglocke hatten sie sich anscheinend wenig Mühe gegeben. Die Fortuna ist also nichts anderes als ein schwimmender Geldtransporter.«
»Ist ja irre!«, staunte Bob.
»Du sagst es, mein Junge. Doch die Fortuna hattekein Glück, wie sie es dem Namen nach eigentlich hätte haben müssen. Wahrscheinlich ist sie mit Mann und Maus bei einem Unwetter vor der Küste gesunken. Die veränderte Meeresströmung gab ihr den Rest und sie wurde für immer unter dem Sand begraben.« Justus nahm das Buch in die Hand. »Für immer nicht. Denn durch den Bau der Mole und den Sturm neulich wurde sie wieder freigespült. Übrigens, hier steht sogar der Name des Kapitäns der Ortuna : Manuel Rodriguez. Klingt auch mexikanisch, und er soll nur ein Bein gehabt haben, steht hier.«
Der Modellbauer kniff die Augen zusammen und dachte nach. »Rodriguez … Rodriguez? Der Namen sagt mir irgendetwas. Ja! Genau! Etwas weiter hinten im Hafengelände gab es früher mal einen kleinen Friedhof für unbekannte Seeleute. Es ist eine Art Gedenkstätte, denn damals kamen viele Seemänner auf den rauen Meeren um. Ich meine den Namen dort gelesen zu haben.«
Draußen war es jetzt fast dunkel. »Vielleicht ist es eine weitere Spur«, überlegte Justus. »Kommt mit,wir sehen uns die
Weitere Kostenlose Bücher