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Im Gewand der Nacht

Im Gewand der Nacht

Titel: Im Gewand der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Nadel
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Orhan sie mit dem Auto hingefahren; er hatte ihr die Treppen zu ihrer Wohnung hinaufgeholfen, und es war ihm sogar gelungen, sie in ihr Schlafzimmer zu bringen, ohne Ali aufzuwecken. Doch auch jetzt wusste sie immer noch nicht, wie es ihr gelungen war, die Schmerzen zu ertragen.
    Dabei hatte alles so gut begonnen. Sobald sie in der Wohnung seines Bruders angekommen waren, hatte er sie voller Leidenschaft geküsst, ihr gesagt, wie sehr er sie liebe und sie dabei am ganzen Körper liebkost. Und als er ihr vorschlug, ein Spiel zu spielen, hatte dies ihre Erregung nur noch gesteigert.
    »Stell dir vor, wir sind im Gefängnis«, hatte er gesagt, »und du bist meine Gefangene.«
    Er befahl ihr, sich auszuziehen, und sah ihr lüstern dabei zu. Dann zog er seine Handschellen aus der Tasche. An diesem Punkt hätte sie ihn stoppen müssen, doch sie ließ ihn gewähren. Sie wehrte sich nicht, als er ihr die Handschellen anlegte – es erregte sie, zwischen seinen Beinen zu knien, mit Handschellen gefesselt, und ihm zu Willen zu sein. Und als er kam, beschimpfte er sie wüst; doch da sie nur ein Spiel spielten, fand sie es entschuldbar, ja sogar erregend.
    Aber ab einem gewissen Punkt änderte sich die Situation. Sie konnte sich nur noch verschwommen daran erinnern, was geschehen war: Erst hatte er ihr befohlen, ihm zu sagen, wie gut er sei, und sie hatte ihm gehorcht. Dann fand sie sich plötzlich ans Bett gekettet wieder. Sie dachte, er wolle sie von hinten nehmen, wie er es schon öfter getan hatte … doch sie hätte wissen müssen, dass es diesmal anders sein würde.
    »Ich will dorthin, wo Prinz Mehmet niemals gewesen ist«, hatte er gekeucht. Dann drang er in ihren Anus ein. Die Schmerzen waren unerträglich, und sie flehte ihn an aufzuhören, doch er ließ sich nicht bremsen, schlug sie dabei auf den Kopf und stöhnte ihr immer wieder ins Ohr: »Sag, dass ich besser bin als er! Sag, dass ich größer bin!«
    Und sie gehorchte. In ihrem Schmerz und ihrer Angst tat sie alles, was er von ihr verlangte.
    »Los, du miese Hure!«, befahl er, als er gekommen war.
    »Sag’s mir noch mal!«
    »Du bist großartig«, log sie, »der beste Liebhaber der Welt!«
    »Besser als Süleyman?«
    »Oh ja!«
    Danach hatte er eine Weile von ihr abgelassen. Ayşe blieb einfach auf dem Bett liegen; sie zitterte vor Angst und traute sich nicht, sich nach ihm umzudrehen. Doch ihr wahres Martyrium sollte noch kommen.
    »Ich wünschte, ich könnte dir glauben«, sagte er plötzlich, und dann traf sein Gürtel ihren Rücken mit voller Wucht. Sie schrie auf, als das Leder und die dicke Metallschnalle ihre Haut aufrissen. »Wie eine Hure vor diesem Müren-Abschaum herumzustolzieren!«
    »Nein! Orhan, nein!«
    Irgendwann verlor sie für ein paar Augenblicke das Bewusstsein. Als sie wieder zu sich kam, hatte er glücklicherweise von ihr abgelassen. Doch ihre Erleichterung währte nur kurz. Sie konnte seinen Atem hinter ihrem Rücken hören, stoßweise und angestrengt. Vorsichtig drehte sie den Kopf, um zu sehen, was er tat. Orhan Tepe kniete nackt über ihrem Hinterteil und masturbierte auf ihren blutigen Rücken, während seine Augen wie gebannt ihre Wunden fixierten. Als er sich Erleichterung verschafft hatte, ließ er sich vornüberfallen und küsste zärtlich ihren Nacken und ihr Haar.
    »Ich liebe dich wirklich – das weißt du doch«, sagte er später, als er ihr sanft in ihr Kleid half. »Ich liebe dich so sehr, dass ich unter deiner Haut sein will. Ich will jeden Teil deines Körpers besitzen.«
    Irgendetwas konnte mit Orhan nicht stimmen, dass er solche Dinge sagte und tat. Er hatte sie nicht zu einem harmlosen Spiel überredet, sondern seine sadistischen Gelüste an ihr ausgetobt. Zwar war er auch vorher schon ein sehr harter, maskuliner Liebhaber gewesen, der eine raue Gangart bevorzugte, aber sie hätte niemals erwartet, dass eine solche Bestie in ihm steckte. Doch als genau das hatte er sich heute erwiesen – als eine Bestie, die verzehrt wurde von der Eifersucht auf Mehmet Süleyman. Dabei hätten die beiden Männer kaum unterschiedlicher sein können. Mehmet war in jeder Hinsicht eine ganz andere Klasse von Mann – ein kultivierter, rücksichtsvoller und erfahrener Liebhaber, der wusste, dass man eine Frau nicht misshandelte, wenn man ihr Vergnügen bereiten wollte. Aus diesem Grund musste sie auch immer an ihn denken: Sie sehnte sich nach einem Lächeln von ihm, nach der flüchtigen Berührung seines Körpers, wenn sie sich auf dem

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