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Im Glanz der roten Sonne Roman

Titel: Im Glanz der roten Sonne Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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kanakas und drei Chinesen, darunter eine Frau, standen ein Stück entfernt. Ihren ausdruckslosen Mienen war nicht zu entnehmen, was sie dachten, während die anderen Bewerber – Griechen, Italiener und zwei Iren – sie neugierig anstarrten.
    »Ich stelle keine Billigkräfte ein«, sagte Jordan, worauf die Europäer den kanakas und Chinesen triumphierende Blicke zuwarfen, was Jordan nicht entging. »Bei mir bekommen alle den gleichen Lohn, egal woher die Leute kommen.« Er schaute die verwunderten kanakas und Chinesen an und wiederholte: »Ich werde euch gerecht und gleich behandeln, und ich verlange, dass ihr ebenso miteinander umgeht. Wer gegen diese Regel verstößt, wird entlassen. Wenn ihr meint, nicht gleichberechtigt miteinander arbeiten zu können, dann verschwendet meine Zeit nicht länger.« Jordan wartete einen Augenblick, doch keiner der Bewerber ging, obwohl sie einander misstrauische Blicke zuwarfen.
    »Nichts gegen Ihren Idealismus, Sir, aber sind Sie sicher, dass Sie uns bezahlen können?« Der Ire, der das Wort ergriffen hatte, warf einen skeptischen Blick auf das halb verfallene Haupthaus und die überwucherten Felder.
    »Würden zwei Tageslöhne im Voraus Ihre Zweifel ausräumen, Mister ...?«
    Der Ire bekam große Augen. »O’Connor, Ryan O’Connor. Und zwei Tageslöhne Vorschuss würden meine Zweifel tatsächlich ausräumen.«
    »Dann ist es abgemacht.« Jordan streckte dem Mann die Hand hin, und der stämmige Ire schlug ein. Irgendetwas inJordans Blick sagte dem Iren, dass es nicht ratsam gewesen wäre, sich mit dem jungen Mann anzulegen.
    »Ich werde die Arbeiterbaracke instand setzen lassen, sobald im Haus wieder einige Zimmer bewohnbar sind. Bis dahin könnt ihr hier unten am Fluss ein Lager aufschlagen, oder auch woanders, wenn ihr wollt. Ich möchte morgen mit der Arbeit anfangen. Ich habe eine Köchin eingestellt, sodass fürs Essen gesorgt ist. Ich behandle meine Arbeiter gut – dafür erwarte ich euren vollen Einsatz. Für alle gilt eine Probezeit von einem Monat. Hat jeder das verstanden?«
    Eifriges Nicken war die Antwort.
    »Dann sehen wir uns morgen bei Sonnenaufgang. Und als Zeichen meines guten Willens werde ich jedem von euch zwei Tageslöhne zahlen.«

    Nachdem die Arbeiter gegangen waren, fasste Jordan sich ein Herz und betrat das Haupthaus. Die Sonne verschwand gerade hinter den Hügeln, die sich in einiger Entfernung von der Plantage erhoben. Das Innere des Hauses wirkte schmutzig und düster. In den Räumen war es kühl. Die Teppiche waren ebenso verschwunden wie einige Dielenbretter und die Möbel. Jordan ging von Zimmer zu Zimmer und dachte wehmütig an glücklichere Zeiten. Als er den Esstisch sah, blieb er stehen. Der Tisch war beschädigt, stand aber noch an der alten Stelle. Patrick Hale hatte ihn damals selbst aus Eichenholz getischlert – im Esszimmer, denn der fertige Tisch hätte seiner Größe wegen nicht durch die Türen gepasst. Er wog eine Tonne, was ihn – anders als etwa die Stühle – vor Diebstahl bewahrt hatte.
    Jordan blieb vor dem Tisch stehen und blickte durchs Wohnzimmer. Der Lehnstuhl war verschwunden, doch im Geiste sah er seinen Vater wieder am Fenster sitzen, wie am Abend seines Todes. Als er an das Geschehen vor zehn Jahren dachte und der Zorn wieder von ihm Besitz ergriff, meinte erauf der Veranda Schritte zu hören. Er wollte es schon als Trugbild seiner überreizten Fantasie abtun, als draußen ein Ruf erklang: »Ist jemand da?«
    Jordans Körper spannte sich. Obwohl er diese Stimme seit langer, langer Zeit nicht gehört hatte, erkannte er sie auf Anhieb. Zehn Jahre hatte er auf dieses Zusammentreffen gewartet, doch der Zeitpunkt für Maximillian Courtlands Erscheinen hätte ungünstiger nicht sein können. Jordan schlug das Herz bis zum Hals, und seine Handflächen wurden feucht vor Schweiß. Er schluckte schwer, als er zur Tür ging.
    Maximillian Courtland hatte sich abgewandt und stieg die Verandatreppe hinunter. Als er Jordan hörte, drehte er sich um. Er hielt den Hut in der einen Hand, in der anderen eine teure Zigarre. Sein Pferd war ein paar Meter weiter angebunden. Auf seinen Zügen lag derselbe hochmütige Ausdruck wie früher. Um die Taille herum hatte er an Gewicht zugelegt. Seine Haare waren dünner und von mehr Grau durchzogen, aber sonst schien er unverändert.
    Max musterte Jordan ebenfalls von oben bis unten und stellte fest, dass dieser groß und breitschultrig geworden war. Zum ersten Mal erkannte er, wie sehr Jordan

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