Im Glanz der roten Sonne Roman
befürchtete, ihr Vater habe seine Meinung geändert, was das Wiedersehen mit ihrer Mutter betraf. Sein Bein war an ihres gedrückt, weil sie nebeneinander auf der schmalen Bank saßen, und sie fühlte, wie er zitterte. Mehr als zwei Jahrzehnte waren vergangen, und Eve konnte seine Ängste verstehen.
»Ich habe darüber nachgedacht, was du vorhin gesagt hast ... über Letitias Bemerkung, dass man die Uhr nicht zurückdrehen kann. Was ist, wenn sie nichts mehr für mich empfindet? Es ist schon sehr lange her.«
Eve schüttelte den Kopf. »Du brauchst dir darüber keine Sorgen zu machen. Als sie mir von dir erzählte, habe ich die Liebe in ihren Augen gesehen. Ich konnte sie sogar spüren, so intensiv war die Empfindung. Diese Art von Liebe stirbt nie.«
Luther wirkte erleichtert. »Ich habe mir diesen Augenblick seit zwanzig Jahren immer wieder vorgestellt. Natürlich wusste ich nicht, dass du bei mir sein würdest, aber ich habe mich gesehen, wie ich die Auffahrt hinaufgehe und wie deine Mutter auf die Veranda kommt. Ich erinnere mich noch ganz genau an sie. Sie war so voller Schönheit, innerlich und äußerlich ...« Vor Rührung versagte ihm die Stimme, und Eves Augen füllten sich mit Tränen.
Luther drückte ihre Hand. »Ich würde gern allein gehen. Es macht dir doch nichts aus?«
»Natürlich nicht.«
Er seufzte. »Ich habe so lange auf diesen Tag gewartet, Eve, und jetzt kann ich kaum glauben, dass er endlich da ist.« Plötzlich hatte er solche Angst, dass er sich nicht bewegen konnte.
Eve sah, wie er die Narben in seinem Gesicht berührte, und verstand, dass er auch deswegen unsicher war. Sie wusste, dass auch ihre Mutter Narben besaß, auch wenn man sie nicht sah.
Als Eve schließlich aufblickte, sah sie Letitia auf die Veranda kommen. Sie bot ein sehr einsames Bild.
Aber das, dachte Eve voller Freude, wird sich bald ändern.
»Da ist sie«, flüsterte sie. Luther hob den Blick. In seinen Augen stand ein verdächtiger Glanz. Er seufzte tief und legte eine Hand auf die Brust, in der sein Herz heftig pochte.
Er drückte Eve einen Kuss auf die Wange und stieg vom Wagen. Er versuchte zu lächeln, doch es wollte ihm nicht recht gelingen. So viele verlorene Jahre ... Er wandte sich um und machte sich auf den Weg die Auffahrt entlang.
Eve griff nach Jordans Hand. Er legte ihr einen Arm um die Schulter, fühlte, wie sie zitterte, und verstand, was dieser Augenblick für sie bedeutete.
Als Luther sich ihrer Mutter näherte, sah Eve, wie Letitia mit einer Hand nach dem Geländer griff und die andere vor den Mund legte. Dann eilte sie die Verandatreppe hinunter. Auch Luther schritt schneller aus. Und dann lagen sie einander in den Armen.
Jordan hielt Eve ganz fest, während sie sich an ihn schmiegte und vor Glück weinte.
»Lass uns nach Hause fahren, Jordan«, sagte sie dann und wischte sich die Tränen ab. »Nach Eden.«
Von Elizabeth Haran sind in der Verlagsgruppe Lübbe lieferbar:
14568 Im Land des Eukalyptusbaums
14727 Der Ruf des Abendvogels
14928 Im Glanz der roten Sonne
15159 Ein Hoffnungsstern am Himmel
15307 Am Fluss des Schicksals
03677 Die Insel der roten Erde (Hardcover)
3184 Die Insel der roten Erde (Audiobuch)
Über die Autorin:
Elizabeth Haran wurde in Simbabwe geboren. Schließlich zog ihre Familie nach England und wanderte von dort nach Australien aus. Heute
lebt sie mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen in einem Küstenvorort von Adelaide in Südaustralien. Ihre Leidenschaft für das Schreiben entdeckte sie mit
Anfang dreißig; zuvor arbeitete sie als Model, besaß eine Gärtnerei und betreute lernbehinderte Kinder. Ihre fesselnden Australienromane erfreuen einen
immer größer werdenden Kreis von Leserinnen und Lesern. Weitere Romane der Autorin in der Verlagsgruppe Lübbe sind in Vorbereitung.
www.elizabethharan.com
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