Im Glanz der roten Sonne Roman
schwierig das war. Schließlich hatte er in den letzten zehn Jahren an all die schrecklichen Dinge denken müssen, die Max über seine Mutter gesagt hatte.
Eve schaute ihn an. In seinen dunklen Augen las sie Liebe und Güte. Sie verstand, dass Max’ Worte ihn verfolgt und gepeinigt hatten, doch sie war auch sicher, dass es nicht stimmte, was Max über ihn gesagt hatte.
»Ich ... ich muss dich etwas fragen, Jordan«, meinte sie zögernd. »Aber ich weiß, dass du der Einzige bist, der es verstehen wird ... nach allem, was du mit Max schon erlebt hast. Er hat gesagt ...«
Sie verstummte.
»Was hat er gesagt?«
»Dass du alle Frauen der Courtlands verführen wolltest, als eine Art Rachefeldzug wegen seiner Gefühle für deine Mutter ...« Eve beobachtete Jordan genau und rechnete damit, dass er den Vorwurf weit von sich wies. Stattdessen zeigte er Verwunderung und wirkte alles andere als erschrocken. Eve stockte der Atem.
Jordan konnte kaum glauben, dass Max Eve tatsächlich von seiner Drohung erzählt hatte. Was hatte Max damit zu erreichen gehofft?
»Ja, das habe ich wirklich zu ihm gesagt«, meinte er ruhig. »Aber ich habe es nicht über mich gebracht. Eve, du musst verstehen ...«
Eve erhob sich. Ihre Knie zitterten. »Kein Wunder, dass Max völlig außer sich war. Das ist das Gemeinste, Abstoßendste, Widerlichste, das ich je gehört habe!« Plötzlich kam ihr der Kuss, den Jordan ihr gegeben hatte, abscheulich vor, und all die wundervollen Augenblicke, die sie miteinander geteilt hatten, erschienen ihr im Nachhinein beschmutzt.
Eve konnte nicht glauben, dass sie sich so in ihm getäuscht hatte, und es beschämte sie, dass sie tatsächlich so naiv war, wie Max behauptet hatte. Sie kam sich wie eine Närrin vor.
»Ich will dich nie wieder sehen!«, stieß sie hervor und ging ins Haus, um ihre Sachen zu packen. Sie hatte nicht die Absicht, jemals nach Eden zurückzukehren.
Jordan wollte ihr folgen, wollte sie anflehen, ihn zu verstehen, wollte ihr begreiflich machen, wie ihm zumute gewesen war, als er Max angedroht hatte, alle Frauen der Courtlands zu verführen – doch er konnte sich nicht rühren. Er hasste sich selbst fast ebenso sehr, wie Eve ihn jetzt verabscheute.
29
S ie brauchten zwei volle Tage, um im festgebackenen Schlamm unter einer erbarmungslos sengenden Sonne das Gelände Edens von den Trümmern zu räumen und die schlimmsten Verwüstungen zu beseitigen, die der Wirbelsturm hinterlassen hatte. Um nicht an Eve denken zu müssen, arbeitete Jordan bis zur völligen Erschöpfung.
Als sie mit der Umgebung des Hauses fertig waren, machten sie auf den Feldern weiter. Zum Glück hatte der Sturm an den noch relativ kleinen, aber starken Pflanzen nicht allzu viel Schaden angerichtet. Die Nachbarplantagen, deren Zuckerrohr schon höher gestanden hatte, hatten viel größere Schäden zu verzeichnen. Jordan musste nur die abgebrochenen Blätter von den Stielen entfernen und darauf achten, dass die Wurzeln von den Regenfällen nicht freigeschwemmt und nun der Sonne ausgesetzt waren.
Mit einem dampfenden Becher Tee in der Hand standen Jordan und Nebo an dem Ort, wo einst die Hütte gestanden hatte. Elias saß nicht weit von ihnen entfernt. Er war nach Eden zurückgekommen, als Milo Jefferson wieder in Willoughby erschienen war, doch Jordan hatte darauf bestanden, dass er sich weiterhin ausruhte und nicht körperlich arbeitete. Jordan wusste, dass Elias gern nach Willoughby zurückwollte, doch jetzt, nach Max’ Tod, war die Zukunft der Arbeiter dort mehr als unsicher. Es konnte durchaus sein, dass Letitia die Plantage verkaufte.
»Ich habe Frankie gesagt, dass er anfangen kann, eine neueHütte für seine Familie zu bauen«, meinte Jordan, an Nebo gewandt. »Dieses Mal will er Holz nehmen und die Hütte auf drei Meter hohen Pfosten errichten, dort hinten, ein Stück weiter vom Fluss entfernt.« Er deutete auf eine Stelle in der Nähe einiger großer, Schatten spendender Bäume. »Gaby wohnt zwar gern nah am Fluss, aber die Malloys dürfen nicht das Risiko eingehen, dass ihr Heim noch einmal von einem Hochwasser fortgeschwemmt wird.«
Nebo nickte und musterte Jordan nachdenklich.
Dieser ahnte, was der alte Mann dachte. »Ich habe die Malloys gerne hier. Ich mag Gaby und die Jungen, und sie sind hier glücklich und zufrieden. Frankie ist ein netter Kerl, und hier wird es für einen Mann mit seinen Fähigkeiten immer etwas zu tun geben.« Jordan blickte versonnen auf den Fluss. »Falls es mich jemals
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