Im Glanz der roten Sonne Roman
ist eine sehr direkte Frage«, gab sie zurück. »Besonders für einen Gentleman.«
Jordan ließ den Blick über die Zuckerrohrfelder schweifen, wobei er trotz seines breitkrempigen Hutes blinzeln musste. »Man hat mir in den letzten Jahren so manche Bezeichnung gegeben, aber einen Gentleman hat mich niemand genannt.« Er dachte an seine mitunter rücksichtslosenGeschäftsmethoden, die ihn zu einem reichen Mann gemacht hatten – und an seine ehemaligen Geliebten, die er verlassen hatte; es waren sehr schöne Frauen darunter gewesen.
»Sie sind ein bekennender Schuft?«, meinte sie mit einem spöttischen Blick, und ihre dunklen Augen funkelten. »Muss ich die Frauen in der Gegend vor Ihnen warnen? Nein, das werde ich nicht tun«, gab sie sich selbst die Antwort, als sie an ihre Schwestern dachte. »Es ist lustiger, wenn sie es selbst herausfinden.«
»Woher sind Sie eigentlich gekommen, als Sie aus dem Feld auf die Straße gejagt sind?«
»Aus der Stadt. Ich nehme immer die Abkürzung, wenn es so schwül ist.« Dass der drohende Regen ihre Hüfte schmerzen ließ, erwähnte sie nicht. »Ich war bei Jules Keane, dem Herausgeber der Lokalzeitung, und habe ihn gebeten, mich als Reporterin einzustellen.«
Jordan war freudig überrascht. Er bewunderte es stets, wenn jemand Ehrgeiz entwickelte. »Aber ohne Erfolg?«
»Vor einiger Zeit hat er ein paar von meinen Artikeln veröffentlicht. Doch sie haben in der Gegend so viel Staub aufgewirbelt, dass er jetzt keine mehr annehmen will. Aber ich glaube, ich kann ihn trotzdem überreden. Allerdings werde ich nichts für die Klatschspalte schreiben, wie er es heute verlangt hat.« Sie rümpfte verächtlich die Nase.
»Ist das nichts für Sie?«
»Genau. Klatschkolumnen zu schreiben ist für mich keine Herausforderung. Diese Dinge sind mir gleich. Ich interessiere mich für Themen, die Mut verlangen.«
»Mord und Totschlag? Raub und Diebstahl?«
»Das weniger. Mich interessiert die Politik und ihre Auswirkungen auf die Menschen, die dieses Land bebauen, besonders die auf die polynesischen Arbeiter im Zuckerrohrgebiet.«
Mit der zierlichen jungen Frau war eine Veränderung vorsich gegangen. Mit einem Mal war sie leidenschaftlich und engagiert und hatte ihre Verlegenheit abgelegt.
»Und was für Artikel haben Sie bis jetzt geschrieben? Weshalb waren sie so umstritten, dass der Herausgeber nichts mehr von Ihnen veröffentlichen will?«
»Ich habe über die Ausbeutung der kanakas geschrieben, und dass eine Gesetzesänderung erforderlich ist, die diese Sklavenarbeit verbietet. Nun befürchtet Jules Keane, ich könnte meine Stellung dazu nutzen, meine persönliche Meinung zu verbreiten, wenn er mich fest bei der Zeitung anstellt.«
»Und Sie würden das tun? Ich meine, Ihre persönliche Meinung verbreiten, auch wenn Sie sich damit unbeliebt machen?«, fragte Jordan.
Jetzt war ihr Lächeln wieder scheu. »Natürlich. Es ist für eine gerechte Sache.«
Jordan nickte. Sie war erfrischend ehrlich, und sie besaß Kampfgeist. Außerdem teilte er ihre Ansichten über die Ausbeutung der kanakas , denn die Arbeiter von den Südseeinseln waren auf den Plantagen schon viel zu lange wie Sklaven gehalten worden.
»Seit wann sind Sie schon Verwalterin in Eden?«
»Fast ein Jahr.«
»Und davor?«
»Ich habe fast mein ganzes Leben in Sydney verbracht.«
»Dann sind Sie keine Einheimische?«
Die junge Frau senkte den Kopf, doch Jordan hatte für einen winzigen Moment so etwas wie Trauer in ihren dunklen Augen schimmern sehen. »Nein.«
»Was hat Sie dann hierher verschlagen? In einer großen Stadt hätten Sie doch sicher bessere Möglichkeiten, Journalistin zu werden.«
Sie schaute ihn an. »Bei den großen Zeitungen im Süden hat man mir immer denselben Rat erteilt – bei einem kleinen Blatt Erfahrung zu sammeln und dann wiederzukommen.« Sieverschwieg, dass ihre Mitarbeit bei der Lokalzeitung auch ein persönliches Entgegenkommen des Herausgebers war, denn Jules Keane war mit ihrem Onkel verwandt. »Ich weiß, dass sie mich bei den großen Zeitungen nur loswerden wollten. Aber eines Tages werden sie mich ernst nehmen müssen – wenn ich meine eigene Zeitung gründe!«
Jordan nickte beipflichtend. »Man sollte seine Pläne niemals aufgeben und nie Angst haben, Risiken einzugehen.«
»Das hört sich so an, als sprächen Sie aus Erfahrung.«
»Stimmt. Und es hat mir immer sehr geholfen, mich an diese Regeln zu halten. Das sollten Sie auch tun.«
Sie konnte ihr Erstaunen kaum
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