Im Glanz Der Sonne Zaurak
über ihn hinweg. Die sprunggewaltigen Asseln landen genau zwischen ihm und dem Skarabäus. Und nun rücken die anderen Tiere mit trippelnden Schritten nach. Der Wachposten erreicht mit Mühe und Not das Fahrzeug. Noch im Laufen feuert er in die Gruppe der Asseln hinein, die Leander den Weg abschneidet, dann schlägt die Luke krachend hinter ihm zu.
Verzweifelt sucht Leander seinen Handwerfer. Ein grelles Kreischen jagt über seinen Kopf hinweg, und ein sich aufbl ä hender Feuerball reißt eine Lücke in die Kette der Angreifer, die von den nachdrängenden Asseln sogleich wieder geschlo s sen wird. Leander sieht Algert hinter dem schweren Werfer wild gestikulieren, hört aber kein Wort. Da schließt sich der Ring – er ist eingekreist!
„Schieß doch schon!“ brüllt er Algert zu, erkennt aber im selben Moment, daß das unmöglich ist. Die Tiere haben sich ihm so weit genähert, daß Algert auch ihn treffen könnte.
Die Umzingelung wird immer enger. Aber noch zögern die Tiere ihn anzufallen. Offenbar fürchten sie die Werfer der Menschen. Sie haben gelernt.
Bevor die anrückenden Asseln ihm endgültig die Sicht versperren, sieht er noch, wie Algert den zweiten Posten aus der Luke stößt und selbst – den Werfer in der Faust – hinte r herspringt.
Kalt glitzern die Funken in den handtellergroßen samtschwarzen Augen der Rieseninsekten. Deutlich erkennt er die winzigen Härchen auf den wie brünierter Stahl schimmer n den Panzern der Tiere, die mit weit auseinandergespreizten Kieferzangen drohend auf ihn zutrippeln. Leander ist auf einmal ganz ruhig. So ruhig, daß er den klebrigen Angs t schweiß spürt, der über seinen Rücken hinabrinnt, und sich angewidert schüttelt. Bedächtig ballt er die Fäuste. Die Asseln haben ihre Munition allem Anschein nach verschossen.
Jetzt stehen die Chancen für beide Seiten gleich. Mit einem Wutschrei stürzt er sich zwischen sie. Das erste Tier weicht unschlüssig zurück und öffnet ihm eine schmale Gasse. Leander bedankt sich mit einem Fausthieb, den er dem Wesen zwischen die Augen schmettert. Der Assel knicken die Beine ein. Sein Angriff stiftet Verwirrung. Ein zweiter Hieb schle u dert die nächste Assel zur Seite, als wäre sie ein Bündel Stroh.
Da spürt er einen grauenvollen Schmerz in der rechten Hüfte. Wie ein Dolchstich bohrt es sich in sein Fleisch, brennt und ätzt wie Salzsäure! Der Schmerz saugt ihm die Kraft aus dem Körper. Leander spürt seine Knie weich werden, die Fäuste fallen schlaff herab.
Im Fallen sieht er wie hinter rötlichen Nebelschwaden zwei schwarze starre Augen über den blauschwarz glänzenden Zangen, die sich durch den Skaphander gebohrt haben, und er sieht noch den dünnen Blitz aus Algerts Handwerfer und fühlt, wie der Biß der Kiefer sich lockert…
Ein dröhnender Schmerz pulsiert in seinen Schläfen. Bu m bum…, bumbum…, als säße ihm anstelle des Kopfes der Glockenstuhl von Notre-Dame zwischen den Schultern. Ganz leise, wie aus einer anderen Welt, hört er jemanden seinen Namen rufen. „…Leander…, mein Junge…“ Er will antworten, aber seine Lippen sind wie zugenäht. Vater ist bei mir, denkt er erleichtert und sinkt wieder zurück in das warme und dunkle Nichts, in dem man sich so herrlich geborgen fühlt.
„Leander, öffne die Augen, du mußt die Augen öffnen…“
Gut, Vater, ich will es tun, versucht er zu sagen, aber die aufeinandergepreßten Kiefer lassen sich nicht lockern. Wo sind meine Augen? fragt er sich unruhig, als er merkt, daß es immer noch stockdunkel um ihn ist. Wie macht man das, die Augen öffnen?
Langsam, ganz langsam kehrt das Gefühl in seinen Körper zurück. Seine geschwollene Zunge stößt gegen etwas Hartes, Metallisches!
„Er kommt langsam zu sich, die Narkose läßt nach. Sie können die Sauerstoffmaske abnehmen, Viktor…“, hört er eine bekannte Stimme sagen. Dann zieht ihm jemand etwas aus dem Mund, und er spürt einen warmen Lufthauch zwischen den Zähnen.
„Leander, mein Junge, wach auf!“
Wieder Vaters Stimme. Wo bin ich? Was ist geschehen? „Vater…“, stöhnt er angstvoll auf. Das Dunkel weicht einem immer stärker werdenden grellen Licht. Zwei unförmige Schatten beugen sich über sein Gesicht. „Vater…“ Mühsam gelingt es ihm, das Wort auszusprechen.
„Er träumt“, sagt der eine Schatten. „Nein, er ist doch bei Bewußtsein. Es dauert nicht mehr lange, dann können Sie mit ihm sprechen.“
„Ich bin es, Leander! Kapitän…, Kapitän
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